Die Musiker des Schlurf-Quintetts spielen sich in die Herzen der Zuhörer. Foto: Baumann Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: Formation begeistert beim Konzert des Jazzclubs im Zollernschloss / Sängerin glänzt mit "Fever"

Balingen. "Standards" sind Musikstücke im Bereich des Jazz, die über viele Jahrzehnte hinweg kontinuierlich gespielt werden und selbst unterschiedliche Stilentwicklungen überdauern. Somit klingen Standards vertraut und andererseits immer wieder überraschend anders. So werden sie nie langweilig. Und genau darin liegt ihr großer Charme und Reiz. Den besten Beweis dafür lieferte das Schlurf-Quintett aus Villingen-Schwenningen nun mit dem Auftritt im Balinger Zollernschloss.

Etliche Jazz-Kompositionen, aber auch zahlreiche Melodien aus Broadway-Shows, Musicals, Opern und Hollywood-Filmen haben sich zu Klassikern entwickelt, die als Grundlage und Ausgangspunkt für Improvisationen dienen. Dass Jazzer immer wieder Stil, Melodie, Harmonie und Rhythmus eines Standards verändern und erweitern, das macht diese Musik so lebendig und interessant.

"Old-School-Standards" hieß das Programm, mit dem die Musiker die zahlreichen Besucher des Jazz-Clubs entzückte. Dabei präsentierten sich Sabine Kienzler (Gesang), Wolfgang Hepting (Posaune und Gesang), Thomas Förster (Piano), Thomas Baur (Bass) und Willy Renner (Schlagzeug) als eine beeindruckend kompakte und kraftvolle Formation. Ihr musikalischer Vortrag war herzerfrischend geradeaus und unverstellt, oder anders ausgedrückt: "Straight ahead".

So begeisterten Sängerin und Instrumentalisten mit ihren vitalen Interpretationen von "Lullaby Of Birdland", "Fly Me To The Moon", "Besame Mucho" oder "Autumn Leaves". Dem steinalten New-Orleans-Klassiker "Struttin’ With Some Barbecue" verpassten sie einen farbenprächtigen lateinamerikanischen Rhythmus. Heptings Posaunenspiel war dabei immer zupackend, souverän und selbstbewusst, expressionistisch. Spannend zu erleben, dass seine Singstimme die andere Seite ausdrückte: weich und anschmiegsam in der Modulation. Für ganz besondere solistische Höhepunkte sorgte Thomas Förster. Kaum zu glauben, dass er für den etatmäßigen Pianisten der Band eingesprungen war. In "I Wish You Love", "East Of The Sun" und "They Say It’s Wonderful" schuf er Improvisationen von lyrischer Schönheit. Ein weiterer Höhepunkt: Sabine Kienzler gelang mit Thomas Baur im Duett ein absolut mitreißendes "Fever" – dabei Peggy Lees Originalfassung absolut ebenbürtig.

Als besondere Perlen unter den Standards erwiesen sich an diesem Abend "Blues In The Closet" (Oscar Pettiford), mit einem von Thomas Baur am Bass meisterhaft gespielten In- und Outtro, und Neal Heftis "Cute". Unter Willy Renners vorzüglichen Besenarbeit erstrahlte diese rhythmischen Kleinode. Sein Vorbild Joe Morello (Dave Brubeck Quartet) wäre stolz auf ihn gewesen. Klar, dass nach so einem Auftritt die Band nicht ohne Zugabe vom Publikum entlassen wird. Es gab deren zwei: "All Of Me" und "Hit That Jive Jack".