Erklären die Veränderungen, die es ab 1. Januar 2020 beim Polizeipräsidium Reutlingen geben wird: Ralf Keppler, Reinhard Nething, Alexander Pick, Andreas Stolz und Regierungsdirektorin Elisabeth Braun-Jäger (von links). Foto: Ungureanu Foto: Schwarzwälder Bote

Polizeireform: Wer im Zollernalbkreis ab 1. Januar 2020 die 110 wählt, landet in der Leitstelle des dortigen Polizeipräsidiums

Größer, schneller, besser: So könnte man zusammenfassen, was der Neuschnitt des Polizeipräsidiums Reutlingen für den Zollernalbkreis bringen soll. Nach der Auflösung des Polizeipräsidiums Tuttlingen gehört der Landkreis ab 1. Januar 2020 in die Zuständigkeit des Polizeipräsidiums Reutlingen.

Zollernalbkreis/Reutlingen. Polizeipräsident Alexander Pick, Kripo-Chef Reinhard Nething und der Leiter der Schutzpolizei, Andreas Stolz, haben im Reutlinger Polizeipräsidium am Mittwoch erklärt, was sich in Runde zwei der Polizeireform ändert, warum es sich ändert, und was für den Zollernalbkreis und das Präsidium besser sein soll als bisher.

110 Kilometer Luftlinie sind es von Schömberg im Zollernalbkreis bis nach Lichtenwald im Kreis Esslingen, vom südlichsten bis zum nördlichsten Ort im Zuständigkeitsbereich des neuen Polizeipräsidiums. Das Gebiet habe einen "großen Reiz", sagte der Polizeipräsident. Zum einen habe es die urbane Struktur im Norden mit dem Stuttgarter Flughafen mit "relativ hohem Kriminalitätsaufkommen", zum anderen die ländlichen Gebiete im Süden, "wo die Schafherde den Verkehr blockiert", den "florierenden Rauschgifthandel in den Ballungsgebieten und den Einbruch ins Bauernhaus auf der Alb. Das wird spannend." Wenn der Zollernalbkreis hinzukommt, wird das Polizeipräsidium Reutlingen das drittgrößte im Land, und was die Einwohnerzahl von 1,23 Millionen Menschen betrifft, das größte: "Wir haben dann mehr Einwohner und mehr Fläche als das Saarland." 2059 Beamte im Vollzugsdienst und weitere 300 im Nichtvollzugsdienst werden sich dann um 110 Kommunen und 13 Große Kreisstädte kümmern. Die Zahl der Reviere wächst von elf auf 14 an, die Zahl der Polizeiposten von 29 auf 39. Und: Die hervorragende Aufklärungsquote im Zollernalbkreis werde die Aufklärungsquote auf Präsidiumsebene etwas "aufhübschen".

Die bisherigen Reviere und Polizeiposten bleiben. Und in Balingen wird aufgestockt: Unter anderem wird eine Abteilung eingerichtet, die auf komplexe Verkehrsunfälle spezialisiert ist – die dritte im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums neben Esslingen und Tübingen. Damit sollen dann an den drei Standorten 117 Spezialisten arbeiten. Sie werden bei einer Unfallaufnahme im Zollernalbkreis zweifellos schneller vor Ort sein als bisher. Denn bisher mussten die Spezialisten aus Zimmern ob Rottweil angefordert werden.

Es habe sich gezeigt, dass das, was bisher als "schwere" Unfälle eingestuft wurde, oft ganz einfache Ursachen hatte. Daher, erklärte Andreas Stolz, Leiter der neuen Schutzpolizeidirektion, in deren Zuständigkeit auch Verkehrsüberwachung und Unfallaufnahme fallen, spreche man jetzt von "komplexen" Unfällen, bei denen ein Generalist überfordert sei. Die Schwere des Unfalls sei nicht mehr entscheidend: "Auch ein tödlicher Unfall kann von einem Generalisten aufgenommen werden, wenn der Hergang klar ist."

In die Zuständigkeit der Schutzpolizei fallen zudem Gewerberecht und Umweltdelikte, der Arznei- und Lebensmittelbereich sowie Tierschutz. Dafür seien bisher drei Beamte zuständig gewesen, künftig werden es vier sein. Aufgestockt wird auch im Kriminalkommissariat, wo bisher 15 Beamte tätig waren. Unter anderem wird, wie Polizeivizepräsident und Kripo-Chef Reinhard Nething erklärte, eine siebenköpfige Rauschgiftermittlungsgruppe eingerichtet: "Wir wollen unser Erfolgsmodell in der Rauschgiftermittlung aus Reutlingen und Tübingen auch nach Balingen bringen", sagte Nething: "Wir werden so viel Kriminalpolizei im Süden haben wie noch nie zuvor."

Woher die zusätzlichen Beamten kommen? Aus dem Bestand, sagt Polizeichef Pick. Dabei sei eine sozialverträgliche Umsetzung angestrebt worden: "In Sachen Personal hatten wir einiges zu regeln, und es hat geklappt." Mittlerweile habe jeder Kollege, der von den Veränderungen betroffen sei, "einen Platz gefunden, der seinen sozialen und privaten Interessen entspricht". Nicht zu vergessen die Beamten, die im Zuge der ersten Polizeireform 2014 von Balingen nach Rottweil oder Tuttlingen verlegt worden seien: "Die holen wir selbstverständlich wieder zurück."

Fazit: Wer nach dem 1. Januar 2020 die 110 wählt, hat genau wie bisher die Polizei am Apparat. "Der Bürger spürt nichts. Vielleicht merkt es aber der ein oder andere Junkie in Balingen", meinte Polizeipräsident Alexander Pick. Alles in allem sei man im Präsidium bereit für den "Stapellauf" am 1. Januar.