Auf dem Podium (von links): Reinhold Schäfer (Freie Wähler) ,Alexander Maute (SPD), Erwin Feucht (Bündnis 90/Die Grünen), Moderator Nikos Andreadis, Roland Tralmer (CDU) und Elmar Wischnewski (FDP). Fotos: Breisinger Foto: Schwarzwälder Bote

Aktionsbündnis: Verfassungsrichter und früherer Ministerpräsident des Saarlands spricht in Balingen über Grundgesetz & Co.

Prominenter Gast beim Aktionsbündnis Zollernalb "Demokratie ist mehrWert": DerVerfassungsrichter und ehemalige Ministerpräsident des Saarlands Peter Müller hat im Klerinen Saal der Balinger Stadthalle über "Lebendige Demokratie im Rechtsstaat" gesprochen.

Balingen. Das Aktionsbündnis, das von den Kreisverbänden Zollernalb von CDU, SPD, Grünen und FDP sowie von den Freien Wählern ins Leben gerufen worden war, hatte für die zentrale Veranstaltung einen prominenten Gast gewonnen, der genau wusste, wovon er sprach.

Zu Beginn blickte Müller auf die Geschichte der Demokratie in Deutschland zurück, die mit der Weimarer Republik (1918-1933) ihren Anfang genommen hatte. "Es gab damals zu wenig Demokraten, denn eine Demokratie braucht Demokraten. Viele Deutsche trauerten der Monarchie hinterher", erörterte Müller die Gründe für das Scheitern der Weimarer Republik. Die Weimarer Republik hatte nur eine Lebenszeit von 14 Jahren. Seit nunmehr 70 Jahren gibt es hingegen das deutsche Grundgesetz. "Das Grundgesetz ist bescheiden und hat eine klare Prioritätensetzung." In Paragraf 1 stehe das Allerwichtigste: "Die Würde des Menschen ist unantastbar." Unabdingbar sei auch Paragraf 20: "Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus." Zudem habe sich die nicht im Grundgesetz verankerte Leitlinie "Der Staat ist für den Menschen da und nicht umgekehrt" als essenziell wichtig gezeigt.

In Deutschland sind laut Müller Demokratie und Rechtsstaat in der Substanz in Ordnung. Es gebe aber bereits Risse, da sich viele Menschen schwer tun würden, mitzumachen. Außerdem gebe es Anlass zur Besorgnis, dass sich manche Menschen und Institutionen über die Rechtsprechung hinwegsetzen. Denn wenn Recht nicht mehr gelte, sei die Demokratie am Ende.

Viel größere Sorgen bereitet Müller jedoch die Entwicklung auf der Welt: "Im 13. Jahr in Folge kam es zu einem Abbau der Demokratierechte in der Welt. Nur noch 45 Prozent der Länder verfügen über demokratische Strukturen. Autokratien gewinnen immer mehr an Einfluss. Oftmals stirbt die Demokratie an der Urne", sagte er.

Auch auf die Arbeit des Bundesverfassungsgerichts ging Müller näher ein. "Das Bundesverfassungsgericht, dessen starke Stellung nicht vergleichbar mit ähnlichen Institutionen in anderen Ländern ist, kümmert sich um die Menschenwürde und ist Hüter der Verfassung. Es hält sich aber aus der Politik heraus. Gleichzeitig nimmt auch die Politik keinen Einfluss auf die Arbeit des Gerichts", erklärte er.

Im Anschluss stellten der stellvertretende Kreisvorsitzende der CDU Roland Tralmer, der Kreisvorsitzende der SPD und Initiator des Aktionsbündnisses Alexander Maute, der stellvertretende Kreisvorsitzende der FDP Elmar Wischnewski und der Kreisvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen Erwin Feucht sowie der Balinger Bürgermeister und stellvertretende Freie-Wähler-Fraktionsvorsitzende im Kreistag, Reinhold Schäfer, das Aktionsbündnis näher vor. Das Bündnis habe sich zur freiheitlich demokratischen Grundordnung, zur Meinungs- und Pressefreiheit, zur Rechtsstaatlichkeit und der Unabhängigkeit der Justiz bekannt und setze sich für ein offenes, freies und solidarisches Miteinander, eine starke Zivilgesellschaft und Zusammenhalt, Toleranz und Respekt ein, sagte Schäfer.

"Die Demokratie in Deutschland ist in Gefahr. Uns trennen mitunter politische Ansichten, aber die gemeinsamen Interessen stehen im Fokus. Wir möchten für einen Aufbruch der Demokratie im Zollernalbkreis stehen, und uns ist es wichtig, dass die Zivilgesellschaft einsteigt", erörtert Alexander Maute die Ziele dieses Aktionsbündnisses.