Eine 27-Jährige steht vor Gericht, weil sie im Internet mehrfach Waren bestellt und nicht bezahlt

Zu einem Jahr Gefängnis auf Bewährung wegen Betrugs hat das Balinger Amtsgericht eine 27-jährige Frau verurteilt, die im Internet Waren für insgesamt 540 Euro bestellt und nicht bezahlt hat. Es war bereits das fünfte Mal, dass die Frau wegen Betrugs verurteilt wurde.

Balingen. Kleidung und Parfüm, Kosmetika und Spielsachen: In neun Fällen hat die junge Frau im November und Dezember 2016 Artikel im Internet bestellt. Sieben Mal wurde ihr die Ware auch zugestellt. Ans Bezahlen hat sie dabei nie gedacht. Woher auch, denn die Frau hat bei insgesamt 40 Gläubigern zusammen zwischen 20 000 und 40 000 Euro Schulden, war arbeitslos und spielsüchtig. Wegen Beihilfe mitangeklagt war ihr Freund, weil sie die Einkäufe über seinen Laptop abgewickelt hat.

Die Staatsanwaltschaft unterstellte der 27-Jährigen, auch aufgrund der hohen Zahl von Bestellungen, dass sie mit dem Verkauf der Waren ihren Lebensunterhalt bestreiten wollte und plädierte auf gewerbsmäßigen Handel. Das hätte pro Fall eine jeweils sechsmonatige Freiheitsstrafe bedeutet.

Dieser Meinung konnte sich die Richterin nicht anschließen. Zu gering seien die Einzelsummen gewesen, Parfüm für 40 Euro, Spielzeug für 17 Euro – davon könne man nicht leben. "Das ist mit Kanonen auf Spatzen geschossen", sagte sie in Richtung Staatsanwaltschaft.

Gleichwohl beurteilte sie die Taten als "dreist". Denn die Angeklagte hatte die erste Tat gerade einmal vier Tage, nachdem sie das letzte Mal wegen Betrugs rechtsmäßig zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden war, begangen.

Warum sie im Internet eingekauft habe, obwohl sie wusste, dass sie sie sich nicht leisten konnte – dafür hatte die Angeklagte keine Antwort. Mit den Worten "Ich kann es mir nicht erklären, vielleicht war es damals einfach eine Sucht", versuchte sie zu beschreiben, was damals in ihr vorging. Sie sei einkaufs- und auch spielsüchtig gewesen. Das sah auch die Richterin so: "So viel Parfüm können Sie gar nicht auf sich drauf schmieren, wie sie bestellt haben."

Seitdem hat sich die junge Frau nichts mehr zuschulden kommen lassen. "Man wird älter und merkt: Das macht nicht glücklich", sagte sie. Ihren Freund entlastete sie: "Er wusste von nichts."

Zurückbezahlt hat sie bislang nichts. Sie ist jedoch mittlerweile bei einer Schuldnerberatung, arbeitet zudem drei Stunden pro Tag in einem Baumarkt als Reinigungskraft. Die junge Frau möchte zudem eine Ausbildung zur Altenpflegerin absolvieren.

Sowohl die Staatsanwältin – "Sie kriegen ihr Leben gerade in den Griff, ich weiß nicht, ob wir Ihnen das kaputt machen sollten" – als auch der Verteidiger plädierten aufgrund der günstigen Sozialprognose auf Bewährungsstrafen. Dem schloss sich die Vorsitzende Richterin mit ihrem Urteil auf ein Jahr Gefängnis, ausgesetzt auf eine dreijährige Bewährungsstrafe, an. Dabei warf sie dem Internethandel, der Waren ausliefere ohne zu prüfen, ob der Empfänger sie auch zahlen kann, ein "gravierendes Mitverschulden" vor.

Die Verurteilte muss zudem 120 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten. Ihr Freund, der ihr den nicht mit einem Passwort geschützten Rechner überlassen hatte, kam mit einer Geldstrafe von 300 Euro davon. Dieser Betrag kommt dem "Spendenweg" des Fördervereins Martinskirche Ebingen zugute.