Balinger Frauenliste verwirklicht ihr Projekt in der Bahnhofshalle / "Gewisse Eigendynamik"

Von Lorenz Hertle

Balingen. Lange Wartezeiten auf den Zug oder Bus verkürzt jetzt Lektüre im "Roten Regal" in der Balinger Bahnhofshalle. Die Balinger Frauenliste hat dort ein Bücherregal aufgestellt, aus dem jeder Bücher mitnehmen kann – oder welche hineinstellen.

"Das Regal hat eine gewisse Eigendynamik entwickelt", so Peter Seifert, der als neuer Eigentümer des Bahnhofsgebäudes der Frauenliste die Halle zur Verfügung stellte: "Am Samstag, als das Regal aufgestellt wurde, waren nur fünf Bücher da, am Sonntag war es voll." Neben zahlreichen Romanen finden sich dort auch Bildbände.

Auf die Idee zum Bücherregal mit Lesestoff zum Mitnehmen ganz ohne Ausleihen waren Stadträtin Margrit Weinmann-Mayer und ihr Mann gekommen: In anderen Städten gibt es so etwas schon. Seit eineinhalb Jahren hatten sich Weinmann-Mayer, Ute Mössner-Klein und die Fraktionsvorsitzende der Frauenliste im Balinger Gemeinderat, Sabine Klaiber, um die Verwirklichung des Projekts bemüht. Zunächst war an eine Art öffentlichen Bücherschrank im Freien in der Nähe des Zollernschlosses gedacht, doch ein Problem bei der Sache war laut Klaiber, dass eine gewisse soziale Kontrolle vorhanden sein sollte: "Jemand hätte täglich auf- und abschließen müssen."

Da kam der Frauenliste das Angebot von Peter Seifert zupass, das öffentliche Bücherregal in der Bahnhofshalle, die nachts abgeschlossen wird, zu platzieren. Auch fand sich ein Sponsor für das rote Stahlregal.

"Jeder kann Bücher mitnehmen und behalten oder zurücklegen; jeder kann auch Bücher ins Regal stellen", so schilderte Sabine Klaiber die Spielregeln, bevor Autorin Darijana Hahn aus ihren Texten las und sich erinnerte, dass sie nach ihrem Gefühl "die halbe Kindheit" im Bahnhofs-Wartesaal verbracht habe: "Die Uhr an der Wand hat jede Minute ›Klack‹ gemacht."