Michael Wiescholek (von links), Sebastian Nerz, Holger Hafer, Steffen Jung und Volker Oertel stellen beim Stammtisch der Piraten-Partei in Balingen das Programm für die Bundestagswahl vor. Foto: Stoll Foto: Schwarzwälder-Bote

Die Piraten treffen sich im Zollernalbkreis bei Stammtischen in Balingen und Albstadt / "Programm ist vorhanden"

Von Renate Deregowski Balingen. "Ja, wir haben ein Parteiprogramm", macht Steffen Jung deutlich. Im Bezirksverband Tübingen ist er für die Mitgliederverwaltung zuständig und hat im Zollernalbkreis bisher recht wenig zu tun, denn die Piraten wollen hier erst noch Fuß fassen."Wir stellen das mal infrage", prangt in Versalien auf dem Wahlprogramm einer der umstrittensten Parteien Deutschlands. Das mehr als 160 Seiten umfassende Büchlein liegt neben dem Grundsatzprogramm, Flyern und anderem Infomaterial auf einem der Tische in der Au-Stube in Balingen. Daneben sitzen fünf Männer und unterhalten sich in lockerer Atmosphäre.

Alle zwei Wochen treffen sich die Piraten in Balingen freitagabends zum politischen Stammtisch, in Albstadt immer mittwochs.

Beide Sektionen bestehen noch nicht lange. Der Albstädter Stammtisch hat seinen Ursprung 2009, als sich drei Computerfreaks anlässlich der "Zensursula"-Kampagne trafen, erklärt Michael Wiescholek. Was als "Geek-Stammtisch" begann, ist mit der Zeit politisch geworden.

Mehr und mehr Jugendliche kamen dazu, doch das Ganze löste sich allmählich wieder auf, als die Jugendlichen die Schule beendeten und zum Studieren wegzogen. In Balingen ist das Piratentum noch jünger. Denn erst seit einem Jahr trifft man sich in der Eyachstadt regelmäßig. Die Mitgliederzahl ist entsprechend gering, wohl aber auch, weil man bei den Piraten nicht zwingend Mitglied sein muss, um sich zu beteiligen. "Wir sind offen für alle. Mitmachen wird bei uns groß geschrieben", sagt Volker Oertel. Außerdem sei die Partei eine der jüngsten, bei 33 liege das Durchschnittsalter, fügt Jung hinzu.

Beide Aspekte finden sich bei den Werkzeugen der Piraten wieder: das Internet mit seinen Möglichkeiten wird von der Partei stark genutzt. Treffen finden nicht nur bei Stammtischen statt, sondern auch virtuell in Chaträumen, die von jedem Interessierten besucht werden können. "Bei welcher Partei kann schon jeder bei einer Vorstandssitzung teilnehmen", fragt Jung eher rhetorisch.

Konkrete Vorhaben oder Pläne im Zollernalbkreis gibt es noch nicht. Dafür fehlen Mitglieder und Engagierte. Zwar bieten die Stammtische eine Plattform, um miteinander ins Gespräch zu kommen, sagt Jung, jedoch sei der Personenkreis recht klein. "Es mangelt an frischen Ideen", fügt Oertel an.

Ganz ohne Ziele sind die Piraten nicht. Angepeilt wird etwa – wie im Kreis Tübingen – eine Vertretung in Gemeinderäten sowie im Kreistag. Für die Bundestagswahl gibt es im Zollernalbkreis keinen Direktkandidaten, für den Wahlkreis Tübingen hingegen schon: den Reutlinger Sebastian Nerz tritt dort an. Der 30-Jährige ist stellvertretender Bundesvorsitzender und steht auf Platz eins der Landesliste. Jung erklärt: "Er ist der Ansprechpartner, wenn es um Belange im Zollernalbkreis geht." Um vermehrt ins Gespräch zu kommen, bekannter zu werden, gibt es auch schon einen ersten Termin: Am Freitag, 6. September, findet ab 19 Uhr in der "Au-Stube" eine Cryptoparty statt. Martin Konold wird über Datensicherheit im Internet referieren. Bis dahin kümmern sich die Piraten um die Plakatierung.