Aussicht vom Sustenpass aus auf die Schweizer Alpen. Foto: Sell

Alexander Sell legt mit Renault Zoe tausende Kilometer zurück. Rom nächstes Ziel.

Balingen/Mailand – An die 1000 Kilometer von Balingen bis Mailand und zurück - mit dem Elektro-Auto wohlgemerkt. Ein wagemutiger Plan? Was soll's, sagte sich Alexander Sell aus Balingen und nahm die Strecke über die Alpen mit seinem Renault Zoe Q90 Intens im September 2018 in Angriff. "Da muss man natürlich schon im Voraus planen, wo man den Akku laden will", erklärt Sell, dass eine solche Strecke nicht nach dem Motto "einfach mal losfahren" angegangen werden kann. Die Akkuladung reicht bei seinem Modell "locker für 300 Kilometer". Bei einem Test kam er gar auf 396, rollte aber kurz vor der 400er-Marke aus - in Sichtweite auf die rettende Ladesäule. Der Abschlepper kam und half bei den letzten Metern nach.

Das sollte bei der Tour auf die andere Seite der Alpen natürlich nicht passieren, weshalb Sell Ladestopps in Singen, Frauenfeld, Stans (beide Schweiz) und kurz vor der italienischen Grenze einplante. Seit Mai vergangenen Jahres hat der Balinger das französische E-Modell und riss bis heute mehr als 40.000 Kilometer damit ab. Auch weite Strecken bewältigt er mit seinem Renault problemlos, es verschlug ihn sogar schon nach Köln. Doch die Fahrt nach Mailand war bisher die Weiteste. Der Grund für den Wochenendausflug nach Italien ist aber eher ungewöhnlich: die erste Europa-Filiale der philippinischen Fastfood-Kette "Jollibee". Sells Frau Sasha stammt nämlich von den Philippinen. Daher ergriffen die beiden E-Auto-Fans die Gelegenheit und machten sich auf den weiten Weg. Vier Mal mussten sie nachladen, waren rund zehn Stunden unterwegs - Ladezeiten und Fotostopps eingerechnet.

Dass man mit E-Antrieb länger braucht, macht den beiden nichts aus: "In den Pausen kann man sich die Stadt anschauen oder einen Kaffee trinken. Überhaupt bist du viel leiser und gemütlicher unterwegs." Doch ganz so entspannt, wie es klingt, ist es dann doch nicht. Als es in den Schweizer Alpen steil den Sustenpass hinauf ging und der Ladestand rapide sank, kam beim Balinger schon die "Reichweitenangst" auf, wie er gesteht. "Als wir aber unten waren, hat sich die Batterie wieder deutlich aufgeladen", berichtet der 46-Jährige.

Und genau das fasziniert ihn auch am Elektro-Auto: Während beim Verbrenner der Tank immer leerer wird, füllt sich die Batterie des E-Wagens beim Bergabfahren und Bremsen. Das alleine reicht aber freilich nicht, um bis nach Mailand zu kommen. Auch Ladesäulen müssen her. Der Elektro-Fahrer sieht bei diesem Punkt den Ausbau der Infrastruktur nicht so kritisch, wie es immer wieder heißt. Auch wenn die Schnellladestationen mit 43 Kilowatt noch nicht überall Standard sind: "In Relation zu der Anzahl der E-Autos haben wir eigentlich viele Ladesäulen in Deutschland, finde ich." Auch im Ausland genüge der Ausbau völlig: "Das entwickelt sich eben erst, wenn es mehr E-Fahrzeuge gibt. Früher hat man auch nicht erst hunderte Tankstellen gebaut, bevor Autos mit herkömmlichen Motoren gebaut wurden."

Alexander Sell selbst ist indes begeistert von seinem neuen Gefährt und rührt jetzt die Werbetrommel für die E-Mobilität. Dafür hat er seit dem Kauf des Renault Zoe einen YouTube-Kanal eingerichtet, auf dem er über seine Fahrten berichtet und auch generell über Elektro-Fahrzeuge informiert. Zwar hat der Kanal bisher lediglich um die 200 Abonnenten, doch erst kürzlich wurde Sell in der Stuttgarter Innenstadt erkannt und angesprochen. Den großen Vorteil eines E-Autos sieht er schlicht in den geringen Kosten: "Für die 40.000 Kilometer habe ich jetzt höchstens 50 Euro für Strom ausgegeben, weil eben viele Stationen kostenlos sind." Und deshalb planen Sell und seine Frau schon weitere Touren. Rom stehe auf dem Programm, verrät Sell. Seine Frau Sasha hat da noch eine andere Idee: "Nizza wäre auch schön", sagt sie und schnappt sich schon mal den Schlüssel des Autos.