Sie gestalteten den Konzertabend in Heilig Geist (von links): Hans-Martin Braunwarth, Kerstin Wagner und Naoko Yamauchi-Fendrich. Foto: Lüken Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: Hans-Martin Braunwarth, Kerstin Wagner und Naoko Yamauchi-Fendrich spielen im Gotteshaus

Balingen. Drei musikalische Epochen sind am Sonntagabend in der Balinger Heilig-Geist-Kirche lebendig geworden: Hochbarock, Spätbarock und Romantik. Das Benefizkonzert mit Hans-Martin Braunwarth an der Orgel, der Alt-Sängerin Kerstin Wagner sowie der Organistin Naoko Yamauchi-Fendrich ließ die Fülle des Leipziger Musiklebens auf hohem Nivea hörbar werden.

Johannes Kuhnau aus dem Hochbarock war der Vorgänger Johann Sebastian Bachs als Thomaskantor in Leipzig. Er war einer der ersten, der Programmmusik komponierte, also Musik, die nicht mehr ausschließlich musikalischen Gesetzen gehorchte, sondern außermusikalische Vorgänge darstellte.

In der Heilig-Geist-Kirche wählte Hans-Martin Braunwarth an der Orgel eine Geschichte aus dem Alten Testament: "Der todkranke und wieder gesunde Hiskias" war das Thema. Mit Hilfe der barocken musikalischen Rhetorik wurden drei Episoden aus dem Krankheitsverlauf des Königs dargestellt: sein "betrübtes Herz", sein Vertrauen auf Gott, der ihm helfen wird, sowie die "Freude über seine Genesung". Bei den ersten beiden Episoden überrascht der Komponist den Hörer, indem er den Choral "Oh Haupt voll Blut und Wunden" zitiert. Der Organist unterstützte die Aussagen des Komponisten durch eine intensive Darstellung, die keine technischen oder musikalischen Grenzen kannte.

Den größten musikalischen Anteil an diesem Abend hatte der spätbarocke, über die Zeiten hin höchst lebendig gebliebene Johann Sebastian Bach. Der sehr angenehme, bisweilen leuchtende Alt von Kerstin Wagner stellte zunächst Ausschnitte aus dessen Kantaten dar. Sie beschäftigen sich mit dem Trost in einer sündenverfallenen Welt und angesichts des Todes, der eine geradezu mystische Verklärung erfuhr.

Den Hauptteil des Konzertes bildeten fünf Choralbearbeitungen aus den "18 Leipziger Chorälen". Das ist eine einzigartige Sammlung, in der Bach die Orgel technisch und musikalisch bis an ihre Grenzen führt. Die meisten der Stücke sind für zwei Manuale und Pedal. Zunächst erklingt ein ausladendes Vorspiel, dann werden die Choralzeilen in das so entstandene Gewebe eingepasst.

Ein kluger Einfall war, dass vor den Bearbeitungen der schlicht gesetzte Choral von Kerstin Wagner gesungen wurde, nach einer kurzen improvisierten Einleitung durch Hans-Martin Braunwarth. Die dadurch verständlich gemachten Orgelchoräle fanden eine ausgezeichnete Darstellung durch die Heilbronner Organistin Naoko Yamauchi-Fendrich. Sie erfasste treffsicher den Charakter der Choralbearbeitungen und stellte sie mit großem Einfühlungsvermögen dar.

Der dritte Leipziger Komponist, dessen Werke in Heilig Geist zu hören waren, war Felix Mendelssohn-Bartholdy. Das ist nun eine andere Welt, die Welt der Romantik. Hier geht es um die Darstellung von Emotionen in einem musikalisch stimmigen Satz. Mendelssohn-Bartholdy hat hier für geistliche Texte Bahnbrechendes geleistet. Bei aller Emotionalität bleiben seine Vokalwerke leicht verständlich. "Doch der Herr, er leitet die Irrenden recht" machte den Anfang, gefolgt von "Sei stille dem Herrn" aus dem Oratorium "Elias". Auch hier fanden die Ausführenden zu einer stilvollen und berührenden Gestaltung.