Sie sorgten für einen unvergesslichen Konzertabend: die "Singphoniker". Foto: Singphoniker Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: "Singphoniker" mixen in der Stadthalle Schubert mit Kreisler und begeistern damit das Publikum

Balingen. Fast füllten sie den Großen Saal der Stadthalle, die Freunde der "Balinger Konzerte" – und erlebten einen einmaligen Abend. Die "Singphoniker" hatten sich zwei Wiener "Liedermacher" ausgewählt, und sie mixten oder konfrontierten – je nachdem – Franz Schubert und Georg Kreisler so raffiniert, dass einem die Spucke wegblieb.

Seit fast 40 Jahren gibt es das Vokalsextett "Singphoniker", und ein Mann der ersten Stunde ist noch dabei: der Bass Christian Schmidt. Mit ihm singen Bariton Michael Mantaj, die Tenöre Daniel Schreiber und Henning Jensen und der Countertenor Johannes Euler. Bariton Berno Scharpf war diesmal nur am Klavier beschäftigt und traktierte es meisterlich.

Franz Schubert hat an die 50 Lieder für Männerchor geschrieben. Damit könnte man fünf Abende füllen (oder fünf CDs wie die Singphoniker) – und die Zuhörer letztlich langweilen. Daher die echte "Singphoniker"-Idee: man kombiniert ihn mit dem 150 Jahre jüngeren Georg Kreisler und schaut, wie die beiden sich gegenseitig erhellen oder konterkarieren. Ergänzt wurde dieser Streifzug durch die Lebens- und Gedankenwelten der beiden gebürtigen Wiener von den hintergründigen Informationen der Rundfunkjournalistin Katharina Eickhoff, die die Sänger abwechselnd einstreuten.

Gab es auch reinen, von Kreisler nicht angekratzten Schubert? Sicher. Die Lieder "Sehnsucht", "Wehmut" oder "Ruhe, schönstes Glück der Erde" gehörten dazu, von den "Singphonikern" mit wundervoll homogenem Ensembleklang und lupenreiner Intonation vorgetragen.

Und reinen Kreisler gab es auch, etwa "Please shoot your husband" oder "Sie ist ein herrliches Weib". Typisch: Schubert verzehrte sich nach Frauen, hatte aber nie eine, Kreisler hatte vier und zog gnadenlos über sie her. Düstere Gedanken, Gedanken an den Tod hatten beide, das spürte man in Schuberts "Geistertanz" und bei Kreisler allenthalben. Was bei Schubert Flucht nach innen war, manifestierte sich bei Kreisler real: 1938 floh er vor den Nazis in die USA.

Die Kreisler-Songs waren von den "Singphonikern" alle hervorragend mehrstimmig eingerichtet. Da konnte es dann auch vorkommen, dass zum Beispiel das Lied für den Kärntner Männerchor mit seiner Jodel-Seligkeit sich eng an Schubert anlehnte. Kein Wunder: Voraus ging Franz Schuberts "Das Dörfchen", mit dem er seinen größten Publikumserfolg überhaupt erzielt hatte.

Fazit: Die "Singphoniker" haben die seltene Gabe, Leichtem Gewicht zu verleihen und Schweres mit Leichtigkeit zu präsentieren. Dass dies und ihre Anlehnung an die Comedian Harmonists den Kreislerschen Kreationen ein wenig von ihrem rabenschwarzen Humor, dem beißenden Spott und der entwaffnenden Direktheit nahm, störte niemand. Die Zuhörer waren entzückt, sogar von der abschließenden Aufforderung "Gehn wer Tauben vergiften im Park!"