Schulleiter Thomas Jerg steht auf der Treppe vor dem Haupteingang des Balinger Gymnasiums. Sein Abschied ist ihm am Schluss nicht leicht gefallen.Foto: Frey Foto: Schwarzwälder Bote

Abschied: Zwölf Jahre lang hat Thomas Jerg das Balinger Gymnasium geleitet – nun geht er in den Ruhestand

Neben Eugen Straubinger verabschiedet sich auch Thomas Jerg, Schulleiter vom Balinger Gymnasium Ende Juli in den Ruhestand. Seinem Abschied blickt er "mit einem weinenden und einem lachenden Auge" entgegen.

Balingen. Als Thomas Jerg 2008 Schulleiter am Balinger Gymnasium wurde, löste er ein wahres Urgestein ab. 32 Jahre war Werner Jessen vor ihm dessen Leiter . "Ich habe gar nicht damit gerechnet, dass diese Stelle mal frei wird, er war eine richtige Institution", sagt Jerg. Der damalige Wechsel vom Regierungspräsidium zurück an die Schule sei für ihn richtig und wichtig gewesen: "Ich bin gern wieder zurück, weil ich mich einfach als Lehrer sehe und gerne mit dem Kollegium zusammen arbeite." Die Arbeit als Leiter einer so großen Schule war eine Herausforderung, erzählt Jerg: "Sie sind ein ständig Getriebener. Es gibt unglaublich viele Aufgaben von morgens bis abends."

Das habe aber gut gepasst, da er sich selbst als "Generalist" bezeichnet: "Ich habe nicht das eine herausragende Talent, aber viele einzelne Eigenschaften, die man braucht. Das Universelle macht mir wirklich Spaß." Dazu kommt, dass man morgen meisten noch nicht wisse was auf einen zukomme: "Eine richtige Wundertüte – und das jeden Morgen." Vieles sei nicht planbar, und man müsse gut improvisieren können – ein Talent, dass er laut eigener Aussage beim Saxofonspielen gelernt hat.

Als größte Herausforderung bei seinem Beruf sieht er die schiere Menge der Aufgaben: "Als ich angefangen habe, waren wir 1300 Schüler, und über 100 Lehrer. Diesen ganzen Apparat zu managen ist eine Herausforderungen." Es gibt Tage, da kommt er um 7 Uhr morgens und geht erst um 22 Uhr wieder.

Zusätzlich zu seinen Aufgaben als Schulleiter unterricht er auch vier Stunden täglich die Fächer Deutsch und Politikwissenschaft: "Ich fand es immer sehr wichtig, noch einen Fuß in der Schülerschaft zu haben, damit man den Blickwinkel nicht verliert. Ich finde es nicht richtig, wenn Schulleiter installiert werden, die mit dem eigentlich Unterricht nichts mehr zu tun haben." Die letzten Jahre seiner Laufbahn fand Jerg übrigens am angenehmsten: "Ich konnte viel delegieren und hatte deutlich mehr Zeit für die Kollegen. Das fand ich immer sehr wichtig." Nur Corona hätte er am Ende seiner Laufbahn nicht unbedingt gebraucht, schmunzelt er.

Er freut sich darauf, im Ruhestand "endlich runterzukommen" und mehr Zeit für die Familie und Hobbys zu haben

Die Umstellung von G9 auf G8 war laut Jerg an seiner Schule "kein großes Thema gewesen". Man habe offen über das Thema im Kollegium diskutiert, aber die Abstimmung am Ende zeigte ein eindeutiges Ergebnis für G8. Er persönlich sei in dieser Sache "Pragmatiker": "Jammern macht da keinen Sinn, es wurde entschieden und wir setzten es um." Wichtig sei, dass man das beste aus der Situation mache und zielorientiert nach Lösungen suche – gewissermaßen sein Lebensmotto. Außerdem findet er es gut, dass die Schüler ein Jahr mehr Zeit haben, um nach dem Abitur im Ausland interkulturelle Erfahrungen zu sammeln.

Wenn er auf seine mehr als 40 Jahre Erfahrung als Lehrer zurückblickt, sagt er, dass sich vor allem das Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler verändert habe. Es sei "viel partnerschaftlicher geworden". Vieles werde heutzutage demokratisch ausgehandelt, früher mussten die Schüler sich dem Lehrer und den Unterrichtsmethoden vollständig unterordnen und es fand kein Austausch statt.

Dass in diesem Zuge der Respekt gegenüber Lehrern nachgelassen habe, halte er allerdings für ein Klischee. Er hat eher das Gefühl, dass sich die Schüler heutzutage häufig viel erwachsener verhalten würden.

Dass er jetzt geht, fällt ihm nicht leicht: "Ich habe es sehr gerne gemacht. Das sieht man auch daran, dass ich drei Jahre verlängert habe." Er geht mit "einem weinenden und einem lachenden Auge". Er freue sich aber darauf, im Ruhestand "endlich runterzukommen" und mehr Zeit für die Familie und Hobbys zu haben. Sein Wunsch sei nun, mehr zu entspannen, da sein Job schon sehr anstrengend war und teilweise auch Dauerstress bedeutet hat. Seine Nachfolgerin wird Michaela Mühlebach-Westfal, eine Französisch- und Mathelehrerin – eine erfahrene Kollegin am Balinger Gymnasium.

Thomas Jerg ist 1952 in Wendlingen am Neckar geboren. Nachdem er sein Abitur an einer Plochinger Schule gemacht hat, hat an der Uni Tübingen die Fächer Deutsch und Politikwissenschaft auf Lehramt studiert. Sein Referendariat fand in Mössingen und Albstadt-Ebingen statt. 1980 wurde er von einer Ebinger Schule übernommen. Ganze 27 Jahre ist er dort geblieben und bis zum Abteilungsleiter aufgestiegen. 2007 kam dann der Anruf vom Regierungspräsidium in Tübingen, ob er nicht als Fachreferent für Deutsch arbeiten möchte. Das machte er anderthalb Jahre und bewarb sich anschließend auf die Schulleiterstelle in Balingen, die der 67-jährige nun während der vergangenen zwölf Jahre innehatte.