Für eine lebenswerte Stadt wollen sich Iris Staiger, Gerd Ulrich, Werner Jessen und Margit von Haaren einsetzen. Die Freien Wähler sehen in den nächsten Jahren insbesondere den demografischen Wandel als zentrale Herausforderung der Stadtpolitik. Foto: Maier

Freie Wähler sehen demografischen und technologischen Wandel als zentrale Herausforderung der nächsten Jahre.

Balingen - Als gute Alternative zu den Parteien sehen sich die Freien Wähler. Mit Blick auf die Kommunalwahlen sagen Margit von Haaren, Werner Jessen, Iris Staiger und Gerd Ulrich im Gespräch mit unserer Zeitung: "Wir sind parteipolitisch unabhängige Bürger dieser Stadt, und wir wollen uns allesamt um deren Wohl kümmern".

Oberstes Ziel der Freien Wähler ist und bleibe es, Balingen weiter als "lebenswerte Stadt" zu erhalten. Als größte Herausforderung und zugleich enorme Chance der nächsten Jahre und auch der Arbeit des nächsten Gemeinderats, der sich nach den Kommunalwahlen am 25. Mai neu zusammensetzen wird, sehen die Freien Wähler dabei den demografischen und den technologischen Wandel.

Dieser betreffe grundsätzlich alle Lebens- und Arbeitsbereiche der Stadt. So wollen sich die Freien Wähler laut Werner Jessen weiterhin für den Ausbau schneller Datenleitungen stark machen. Diese seien in der heutigen Zeit unabdingbar und ein wichtiger Standortfaktor – sowohl für Privathaushalte wie auch besonders für Unternehmen in Balingen. Die "weißen Flecke", die Gebiete, die noch nicht mit schnellem Internet versorgt sind, müssten schnellstmöglichst angebunden werden.

Im Zusammenhang mit dem demografischen Wandel – dem Umstand, dass in Balingen wie in ganz Deutschland der Anteil der älteren Einwohner stetig zunimmt – und dem Ziel der "lebenswerten Stadt" schreiben die Freien Wähler besonders der Kleinen Landesgartenschau, die für das Jahr 2023 geplant ist, enormes Potenzial zu. Die Gartenschau sei der "nächste große Schritt in der Innenstadtentwicklung", so Jessen. Durch das Grünprojekt könnten bisher vernachlässigte Bereiche entlang der Eyach enorm aufgewertet und so tolle Plätze "für alle Generationen" in der Stadt geschaffen werden. Zugleich werde der Hochwasserschutz angegangen. Die Planung der Gartenschau sehen Jessen und seine Mitstreiter als zentrale Aufgabe des nächsten Gemeinderats.

In die Überlegung einbezogen werden müsse auch das Strasser-Areal – so gesehen sei es vielleicht "gar nicht schlecht", dass die dort geplanten Eyach-Arkaden geplatzt seien, so Jessen. Das Gelände könnte zu einem "Filetstück der Gartenschau" und im Anschluss möglicherweise – Beispiel Villingen-Schwenningen – für eine attraktive, innenstadtnahe Wohnbebauung genutzt werden.

Ebenfalls im Zusammenhang mit dem demografischen Wandel müssen laut Margit von Haaren, als Rektorin der Realschule Balingen eine Expertin auf diesem Gebiet, die Entwicklung der Schullandschaft sowie vor allem der Betreuungsangebote betrachtet werden. Es gebe die ganz klare Tendenz, dass die Ganztagesangebote weiter ausgebaut werden müssten. Die Öffnungszeiten müssten sich den Wünschen der Familien und der immer stärker vertretenen Alleinerziehenden sowie deren Wünschen nach Mobilität angepasst werden, so von Haaren. Auch solche Angebote seien heute eine Standortfrage und für Firmen und damit den Wirtschaftsstandort Balingen von enormer Bedeutung – ebenso wie weitere Erschließung von Gewerbegebieten.

Ebenso müsse die Lokalpolitik die Einrichtung von generationenübergreifenden und -unterstützenden Angeboten unterstützen, sagen Gerd Ulrich und Iris Staiger. Das fange bei der Nahversorgung für ältere Mitbürger an und höre bei neuen Mobilitätskonzepten, mit denen die Stadtteile besser an die Kernstadt angebunden werden, noch lange nicht auf.

Zur Frage der Zukunft der Balinger Kunstausstellungen nehmen die Freien Wähler eine differenzierte Haltung ein. Jessen betont einerseits, dass die Stadt ihren Ruf als kulturelles Zentrum des Zollernalbkreises nicht aufs Spiel setzen sollte. Andererseits müsse man genau überlegen, wie die Ausstellungen, für die Balingen im ganzen Land bekannt geworden sei, weitergeführt werden könnten. "Wieviel ist uns die Kunst wert? Diese Frage müssen wir genau prüfen", so Jessen. Margit von Haaren ergänzt, dass Kultur keine Sache der Quote, sonder der Qualität sei. Sie rate davon ab, nach den wenig erfolgreichen Ausstellungen der vergangenen Jahre allein auf Masse zu setzen.

Ebenso wichtig wie diese Themen ist für Werner Jessen, den Fraktionssprecher der Freien Wähler, die Frage der Wahlbeteiligung: Er wünsche sich, so Jessen, dass die Balinger angesichts der Zukunftsfragen zahlreich ihre Stimmen abgeben. Für jeden müsse klar sein, dass die für die Stadt wichtigen Themen nicht in Berlin oder Stuttgart, sondern im Gemeinderat und den Ortschaftsraten entschieden werden.

Derweil steht bei den Freien Wählern in Balingen mit den Kommunalwahlen im Mai ein deutlicher personeller Wechsel bevor. Vier der aktuell sieben Personen starken Fraktion – Martin Kath, Axel Metzger, Arne Stumpp und Rolf Ulrich – werden sich nicht mehr um ein Mandat im Gemeinderat bemühen. Und auch Fraktionssprecher Werner Jessen deutet an, dass es, wenn die Balinger ihn erneut ins Gremium wählen, für ihn die wohl letzte Wahlperiode werden wird. Er sei mittlerweile 70 Jahre alt, da sei es Zeit, langsam ans Aufhören zu denken.