Björn Gruner kuschelt mit Clarence, einem Bengalkater.Fotos: Thiercy Foto: Schwarzwälder Bote

Tierschutz: Björn Gruner betreibt eine Auffangstation für Exoten und hilft ehrenamtlich Wildtieren

Es sind besonders die tragischen Fälle, die bei Björn Gruner landen. Einfühlsam kümmert er sich in seiner Auffangstation um unterschiedliche Tiere. Er plädiert für ein gutes Zusammenleben von Mensch und Tier.

B alingen-Zillhausen. "Na, Kollege?" Behutsam öffnet Björn Gruner die gläserne Schiebetür. Der Siebenschläfer kriecht müde aus seinem Nest. Schaut skeptisch. Und lässt sich von dem baumlangen Mann dann doch auf die Hand nehmen.

Kein Wunder. Hat der ausgebildete Stadtjäger doch jüngst einem Wurf Babys mit zerrupftem Fell und kranken Augen die Chance auf ein neues Leben in freier Wildbahn geschenkt.

Es sind die kuriosen und tragischen Tier-Fälle, die bei Björn Gruner landen. Wie die vier Siebenschläfer-Babys. Deren Mutter hatte beschlossen, sie in einem Neubau groß zu ziehen. Pech für die Winzlinge: sie wurden in einer Trockenmauer eingesperrt, die Mutter verendete.

Im Zillhausener Dorfkern haben sie ein Zuhause auf Zeit gefunden. Sobald es ihnen besser geht, werden sie zur Wildtierhilfe Kreis Calw e.V. gebracht, wo sie artgerecht in einer Gruppe überwintern werden und im Frühjahr wieder in die Natur dürfen. Neun weitere Siebenschläfer wurden dieses Jahr bereits wieder in die Natur entlassen.

Gruner könnte viel erzählen über die Schildkröten, Schlangen oder Vogelspinnen, die durch seine Hände gegangen sind. Allesamt Fundtiere oder aus schlechter Haltung.

Einer hat aber etwas dagegen: Clarence, der schielende Bengalkater, poltert während des Interviews mehrfach vehement gegen die Scheibe. Björn Gruner versteht, verteilt Kuscheleinheiten und wünscht sich wie für jeden seiner Schützlinge ein gutes neues Zuhause oder Freiheit in der Natur. Seit er ein kleiner Junge war, ist Gruner infiziert von der Tierliebe. Mit acht Jahren bekam er sein erstes Aquarium, wenig später kam das erste Terrarium dazu.

Sein Nachbar damals war Förster, und ein guter Freund der Familie war Tierarzt – sie brachten dem Bub alles bei. Als Kind züchtete er Seepferdchen und heimste in der Schule im Abitur eine glatte Eins für eine Biosphäre ein. "Der Lehrer sagte, er verstehe selbst gar nicht, was ich da mache und könne mir nur eine Eins geben."

Der berufliche Weg war allerdings zunächst ein anderer für den Familienvater. Er ist von Haus aus Diplom-Designer, hat für mittlere und große Unternehmen gearbeitet und war auch bereits selbstständig. Die Tierrettung war anfangs nur ein Hobby. "Aber für alles in Deutschland braucht man einen Sachkundenachweis." Die erste Prüfung legte er Anfang der 1990er Jahre ab, machte seinen Jagdschein, die Ausbildung zum Wildtierschützer und die Qualifikation zum Stadtjäger. Genauso wie verschiedene Ausbildungen und Sachkundenachweise gemäß §11 Tierschutzgesetz im Bereich der Exoten.

30 000 Euro aus privater Tasche hat er in Terrarien und Außengehege investiert

Mit Clarence, dem schielenden Kater aus mieser Haltung auf dem Arm, erzählt Björn Gruner, worum es ihm geht. Um das gute Zusammenleben von Mensch und Tier – und darum, seine Auffangstation nicht als "Bettelbetrieb" zu betreiben. Er bietet Firmen, Schulen und Institutionen viele Dienstleistungen im Zusammenhang mit Tieren an.

Sind Wildschweine eine Gefahr für die Mitarbeiter? Könnte ein Fuchs Kindern eine Krankheit übertragen? Für Gruner ein ernstes Problem: In vielen Schulgärten sind räudige Füchse unterwegs. Neben der größten Balinger Firma zieht seit Jahren eine Wildsau ihre Frischlinge groß. Björn Gruner ist kreativ – und muss das sein. Corona hat ihn massiv ausgebremst. 30 000 Euro aus privater Tasche hat er in Terrarien und Außengehege investiert. Diese Investition hat sich bereits gelohnt, es ist eine Exotenauffangstation mit Genehmigung nach §11 Tierschutzgesetz für Exoten entstanden.

Zwar in bescheidenem Rahmen, aber eine große Hilfe für alle Tierschutzvereine und Veterinärämter in Baden-Württemberg. Für den Traum, eine ordentliche Station, in der auch giftige Tiere langfristig untergebracht werden könnten, sowie eine Auffangstation für Wildtiere mit entsprechender Genehmigung durch das Veterinäramt zu schaffen, wären nach seiner Schätzung 500 000 Euro fällig.

Der Bedarf ist da, von Rehkitzen über verschiedene Greifvögel, Rabenvögel, Iltisse, Marder, Siebenschläfer und Eichhörnchen war schon fast jedes Wildtier für eine gewisse Zeit bei Björn Gruner, dank der guten Partnerschaft mit eingetragenen Wildtierstationen und Falknern in Baden-Württemberg konnte das alles rechtlich korrekt abgewickelt werden – die Tiere konnten gerettet und wieder in die Natur entlassen werden.

Und die Notwendigkeit besteht: Kaum jemand wisse, dass jedes Jahr zum Beispiel deutschlandweit dutzende lästig gewordene Vogelspinnen einfach so im Wald ausgesetzt würden. Glück für die Menschen hier: die ersten Fröste machen Spinnen und Schlangen den Garaus.

Björn Gruners Arbeit und Fachwissen sind bundesweit anerkannt. So arbeitet er mit einem Kollegen aus Bad Mergentheim zusammen, der Rehkitze aufnimmt, die Wildtierhilfe Calw nimmt Gruners Siebenschläfer auf, sobald diese fit genug sind. Seit über 15 Jahren ist er als ehrenamtlicher Tierretter für Exoten bei der Polizei registriert, ein Haigerlocher Falkner ist enger Partner. Der Tierschutzverein Zollernalbkreis e.V. bietet das Dach der Exotenauffangstation, die ebenfalls vom Bundesverband für Natur- und Artenschutz in Hambrücken und von der Reptilienauffangstation München unterstützt wird.

Tierschutz ist ein 24-Stunden-Job, da macht kein Arbeitgeber mit. Und Tierschutz ist teuer – um Geld betteln aber will Björn Gruner nicht. Er gibt Seminare für Polizei und Feuerwehr zum Thema Wildtiere und Exoten, Kurse an Schulen, arbeitet gemeinsam mit seiner Frau Nicole Lorenzani in Therapiestunden für Angstpatienten, bietet Privatleuten die Hilfe bei der Gartengestaltung zur Koexistenz mit Wildtieren an. Gruner will das Geld für seine Schützlinge selbst verdienen.

Das ist mutig, kreativ – und in Deutschland einzigartig. Eigentlich hätte der Tierfreund sich auf all den Lorbeeren ausruhen können. Die im vergangenen Jahr in Lautlingen ausgebüxte Boa aber zeigte ihm, wie dringlich auch der Exotenschutz auf der Alb ist. Die Unterbringung übernahm die Reptilienauffangstation München unter Leitung von Markus Baur.

Bei aktuellen Fällen oder auch Gefahrenlagen sieht das etwas anders aus: "Bis die Bayern hier sind, sind die Tiere entweder weg oder tot." Daher entstand letztes Jahr die Idee der Auffangstation im Herzen Baden-Württembergs.

Björn Gruner setzt an, um über tote Tiere auf der Fahrbahn zu sprechen, die meist von ungeschulten Mitarbeitern des Bauhofs "entsorgt" werden. Oft ohne Handschuhe und mit der Gefahr, sich eine Krankheit einzufangen. Aber weit kommt er nicht, denn Clarence, der schielende und ein Zuhause suchende Kater und die hungrigen Wasserschildkröten verlangen nach ihm. Und dann ist da noch das Schlangen-Terrarium, das dringend hergerichtet werden muss.

 Wer Clarence, einer Schildkröte oder einem anderen Tier ein neues Zuhause bieten mag, der kann sich jederzeit gerne bei Björn Gruner melden. Informationen für Auftraggeber gibt es unter www.wildlife-services.de. Informationen zur Exotenauffangstation findet man auf www.exotenauffangstation.de.