Viele Interessierte verfolgen den Vortrag von Hans-Ulrich Probst zum Thema "Black Lives Matter - Kirche und die Gotteslästerung des Rassismus". Foto: Stotz Foto: Schwarzwälder Bote

Religion: Experte spricht über "Black Lives Matter"-Bewegung und Darstellungen aus der Kolonialzeit

Nicht erst seit vor wenigen Tagen die evangelische Münstergemeinde Ulm beschloss, in diesem Jahr die Figur des Melchior, eines der Heiligen Drei Könige, im Keller zu lassen, ist ein Bewusstsein für das Thema Rassismus auch in der evangelischen Kirche deutlich geworden.

Balingen. Anhand der klischeehaften Darstellung mitsamt Feder-Kopfschmuck und dem für Sklaven typischen Ring am barfüßigen König aus dem Morgenland führte Hans-Ulrich Probst, Referent für Extremismusfragen der Arbeitsstelle für Weltanschauungsfragen in der evangelischen Landeskirche Württemberg, in seinem Vortrag in die Thematik ein.

Unter dem Titel "Black Lives Matter – die Kirche und die Gotteslästerung des Rassismus" hatten die evangelische Stadtkirchengemeinde Balingen und das evangelische Bildungswerk Balingen-Sulz eingeladen. Das Balinger Gemeindehaus war gut besucht und die Gäste honorierten die Musik der Band DurMollCool mit Beifall.

Die seit dem Tod von George Floyd verstärkt in Erscheinung getretene Bewegung "Black Lives Matter" bestimme gegenwärtig nicht nur den amerikanischen Wahlkampf, sondern habe auch hierzulande zu einer gesellschaftlichen Debatte über Rassismus und so genanntes "Racial Profiling" geführt. Probst erläuterte in einem etwa einstündigen, fundierten Vortrag, woher rassistisches Denken rührt.

Er warf dabei Fragen auf wie: Wo kommt Rassismus in Deutschland vor? Und: was ist Rassismus überhaupt? In seinem Vortrag streifte er auch den Zusammenhang zwischen Mission und Kolonialismus im 19. Jahrhunderts, der eine Symbiose mit dem Imperialismus einging.

Weiter ging der Referent der Überlegung nach: Ist Gott tatsächlich so, wie er in vielen kirchlichen Darstellungen zu sehen ist? Also ein weißer, alter Mann? Oder könnte Jesus nicht dunkelhäutig gewesen sein?

Die Bibel kenne keine Rassen, das machte er anhand mehrer Zitate deutlich. Vielmehr sei darin eine Vielfalt der Menschheit gefordert. Die christlichen Kirchen hätten sich daher in vielen öffentlichen Stellungnahmen deutlich gegen Rassismus positioniert. Der EKD-Vorsitzende bezeichne Rassismus beispielsweise als "Gotteslästerung. Denn Gott schuf den Menschen nach seinem Ebenbild."

Längst habe die Diskussion alle Felder des gesellschaftlichen Zusammenlebens erreicht. So formulierte auch Bundespräsident Steinmeier: "Es reicht nicht aus, kein Rassist zu sein, wir müssen Anti-Rassisten sein."

Im dritten und letzten Teil seines Vortrags ging Probst auf die Frage ein, was künftig noch zu tun sei. Jeder müsse sich der Gleichheit aller Menschen bewusst sein, müsse die Aspekte der Erniedrigung von Menschen mit anderer Hautfarbe begreifen, die Kategorien im Kopf müssten aufgelöst werden.

Im Anschluss an den Vortrag entwickelte sich eine zum Teil heftige Diskussion, innerhalb derer sowohl der Referent selbst als auch die Vorsitzende des Evangelischen Bildungswerkes, Christine Thumm, die Redebeiträge in angemessene Bahnen lenkten. Hinzuschauen und zu fragen: "Wo gibt es Gutes?" "Wo kann man es fördern?", das sei die Aufgabe, erklärte sie abschließend.

Weitere Veranstaltungen sind geplant. Unter anderem wird es beispielsweise einen Vortrag zum Thema "Mein persönlicher Umgang mit rechtspopulistischen und rechtsextremen Parolen" von Asylpfarrerin Ines Fischer am 17. November wiederum im Gemeindehaus Hermann- Berg-Straße geben. Darüber hinaus bietet die interkulturelle Woche weiterhin die Gelegenheit, sich mit dem Thema "vielfältiges Deutschland" auseinanderzusetzen.