Wer ist schneller? Die kleinen Musikschüler schnappen sich die Klanghölzer. Foto: Schwarzwälder-Bote

Musikpädagogin Angelika Zanger führt die Kleinsten seit 20 Jahren in die Geheimnisse der Klangwelt ein

Von Maja Dick

Balingen. Still liegt der Musikgarten. Keine Stühle im Raum, der Fußboden ist die Bühne. Klanghölzer sind noch versteckt im Schrank, Rasseln, Triangeln, Trommeln, CDs, Lautsprecher. Die Ruhe vor dem Sturm.

Ein paar Minuten später ist es ein Ort in Kinderhand: Lachen, Gequieke, entzückende Satzkreationen der Kindersprache, Zwei- und Dreijährige räkeln sich auf Decken auf dem Boden.

Angelika Zanger, die in diesem Jahr den 20. Geburtstag ihres Musikgartens feiert, betritt fast unbemerkt den Raum, im Arm hat sie Lisa, eine riesige, handgestrickte Puppe mit langen Zöpfen. Leya (3), Jolina (2), Matilda (2), Luke (2) und Lara (2) haben es sich auf dem Schoß ihrer Mütter gemütlich gemacht, es geht los.

Jetzt sitzen alle im Kreis, jedes Kind wird mit einem Lied begrüßt und darf sich ein Geräusch wünschen, das alle gemeinsam machen. Klatschen und "Stampfen wie ein Elefant" stehen hoch im Kurs. Später wird gesungen, gerasselt, getrommelt und geschaukelt, was das Zeug hält.

Angelika Zanger singt "Kuckuck, Kuckuck, ruft aus dem Wald", die Mütter stimmen ein. Ein Tanz zu flotten Akkordeon-Klängen sorgt für Bewegung – die Mütter haben ihre Kinder auf dem Arm, Angelika Zanger ihre Lisa. Käfer-Fingerspiele, Geräusche-Raten, Abschlusslied – es ist eine Menge und doch nicht zu viel, was Angelika Zanger in die 30 Minuten lange Einheit packt.

Die Gründe, weshalb Mütter diese Form der musikalischen Früherziehung für ihre Kinder wählen, sind ganz verschieden. Jolinas Mama Nicole Mann sagt: "Für den Musikgarten schwänzen wir gern den Kindergarten, er macht Jolina so viel Spaß."

Daniela Blind, Mutter von Matilda, findet, der Kurs ist "eine schöne Abwechslung zum Alltag", und Filiz Köhler kriegt ihre Leya "nur mit der Aussicht auf den Musikgarten aus dem Bett. Sie schläft halt gerne", erzählt sie lachend.

Gemeinsam Musik machen, das Zusammensein mit Gleichaltrigen – das tut Kindern gut, da sind sich die Mütter einig. Einen kleinen Mozart will hier niemand partout aus seinem Kind machen.

Und doch ist immer wieder mal ein Dreikäsehoch dabei, der später eine musikalische Laufbahn einschlägt. In 20 Jahren Musikgarten ist Angelika Zanger ein Junge besonders in Erinnerung geblieben: Der studiere jetzt Musik auf Lehramt und sei sogar gelegentlich Nachwuchsdirigent: Zanger dirigiert das Balinger Akkordeon-Orchester seit 20 Jahren, ihr ehemaliger Schüler springt hin und wieder für sie ein. So eine musikalische Entwicklung über die Jahre zu beobachten, das sei toll, schwärmt Zanger.

Aber hat man denn noch Spaß an der Arbeit, wenn man zwei Jahrzehnte immer wieder Kurse gibt, deren Inhalte sich nach einiger Zeit wiederholen? "Aber ja", versichtert die 49-Jährige, die bei Musikgarten-Entwicklerin Lorna Lutz-Heyge gelernt und selbst zwei fast erwachsene Kinder hat. "Arbeit mit Kindern hält jung. Jedes Kind ist anders, deshalb ist auch jeder Kurs anders, jede Gruppe."

Das Konzept Musikgarten wurde von der US-Amerikanerin Lorna Lutz- Heyge, einer Musikpädagogin und Autorin, entwickelt. Der Musikgarten richtet sich an Kinder zwischen null und fünf Jahren. Zunächst gab es die Kurse nur in den USA, 1994 kam das Konzept nach Deutschland. Regelmäßige Fortbildungen der Lehrer zeichnen die Kurse aus.

Die Abläufe in einer Einheit sind flexibel: "Kleine Kinder sind noch so spontan", weiß Zanger. Wie viele Kinder durch ihre Schule gegangen sind – sie gibt auch Einzelunterricht auf dem Akkordeon und der Melodica –, sei schwer zu schätzen, aber "es müssen Hunderte gewesen sein".

Weitere Informationen: www.ifem.info