Stolz und in Tracht haben sich die jungen Sänger und Musiker aufgestellt. Gemeinsam haben sie die CD "Musikanta spielet no oins auf" eingespielt. Foto: Privat Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: Junge Leute singen und spielen alte schwäbische Stücke / Albverein produziert "Musikanta"-CD

Balingen. Schon am Cover fällt auf: Junge Leute sind es, die sich sitzend und stehend zur Gruppe formiert haben. Sie präsentieren sich lachend in verschiedenen Trachten. Unterschiedliche Kopfbedeckungen fallen ins Auge – die jungen Männer tragen schwarze Hüte, die jungen Frauen mal zierliche, mal ausladende Hauben. Sogar ein gekröntes Haupt der Schäferkönigin und ein Bollenhut aus dem Gutachtal sind zu sehen.

"Zum ersten Mal macht Baden gemeinsame Sache mit dem Albverein und das Ensemble repräsentiert damit Baden-Württemberg", erklärt Manfred Stingel, Vorsitzender des Kulturrats des Schwäbischen Albvereins, Leiter des Jugendtanzleiter-Ensembles und Chef der Frommerner Volkstanzgruppe.

Die jungen Leute sind Mitglieder des Jugendtanzleiter-Ensembles und kommen aus ganz Baden-Württemberg: aus Dürrwangen, Balingen, Onstmettingen, aus dem Ermstal und dem Hohenlohischen, aus Sontheim, aus Bittelschieß, Betzingen und von der Alb. Alle sind bei Lehrgängen im Haus der Volkskunst in Dürrwangen ausgebildet worden.

"Sie lernen bei uns tanzen und müssen auch eine Prüfung ablegen", führt Stingel aus. Da Kulturaustausch und gelebte Weltoffenheit ganz oben stehen, sind sie auch schon nach Kuba gereist, haben dort mit jungen Leuten zusammen musiziert und getanzt – und die schwäbische Kultur in die Welt hinausgetragen.

Die jungen Tanzleiter und Musikanten, die im Albverein Jugendarbeit machen, spielten nun die CD mit dem Titel "Musikanta spielet no oins auf" ein. Viele von ihnen sprechen Dialekt. "Dass wir uns auf der CD nicht auf einen Dialekt einigen konnten, hört man. Aber einige mussten erst Schwäbisch lernen", sagt Stingel.

Heutzutage sei es schon recht mutig, sich als junger Mensch in Schwaben zu seinen kulturellen Ursprüngen zu bekennen. "Wer Schwäbisch singt, tanzt, spricht oder musiziert oder gar Tracht und kein bayrisches Dirndl trägt, wird oft von Gleichaltrigen verlacht." Die originelle CD als Beitrag zum Kulturerbejahr 2018 solle, so Stingel, vor allem den jungen Leuten Mut machen, wieder mehr den Dialekt zu pflegen.

"Wenn deine Brust an meiner ruht, mein Mund den deinen küsst’, dann schwindet alles um mich her, ich weiß von keiner Welt nichts mehr"

Tobias spielt das Beltuna-Akkordeon, Basti die Geige und Fritz die Bassklarinette –"wie dr Deifel", führt Stingel begeistert aus. Er selbst bläst das schwäbische Albhorn, Christine Kalbantner, seit 20 Jahren Referentin für Sackpfeife bei Seminaren, die Balinger Sackpfeife. Das Zusammenspiel dieser beiden traditionellen Hirteninstrumente ist selten zu hören.

Der Beruf des Schäfers spielte eine wichtige Rolle auf der Schwäbischen Alb. Die Paare der Gruppe singen folgerichtig gemeinsam das Lied "Schäferle sag wo willst du weiden?" Die Schäferkönigin Lisa Link, ein Mitglied der Jugendgruppe Frommern, hat die Schäferläufe 2017 in Markgröningen und in Wildberg gewonnen.

Sieben der insgesamt 16 Lieder stammen aus dem "Suppinger Liederbuch" von Jonas Köpf. Der Lehrer hatte 1937 begonnen, alte schwäbische Lieder aufzuzeichnen. 1953 hat der Albverein seine Arbeiten veröffentlicht. "Es sind freche Liedle und ein bissle romantische – schwäbische Schnülzle", bringt es Manfred Stingel auf den Punkt.

Mit Liebe geht es beim ersten Titel "Mir isch halt nie so wohl zu Mut" gleich los. Es ist instrumental eingespielt, im schön gestalteten CD-Booklet sind neben ausführlichen Tanzbeschreibungen auch die Liedtexte abgedruckt: Wie ließen sich Herzensregungen liebevoller ausdrücken als "wenn deine Brust an meiner ruht, mein Mund den deinen küsst’, dann schwindet alles um mich her, ich weiß von keiner Welt nichts mehr"?

Bei "Musikanta spielet no oins auf" wird es etwas derber: "Des Mädle mo se liaba loht, ond a dr Wand rom schiaba loht, dees kommt ganz gwieß en Hemmel nei, dees ka it anders sei."

Wie schwäbische Schwermut klingt, erläutert "Mei Muadder mog mi et". In "Mo send denn d’Spielleut" singen die jungen Frauen und Männer von ihrem Selbstverständnis: "Ond wenn d’Spielleut net wäret – koi Freud auf dr Welt."

Diese Freude, die direkt vom Herzen kommt, ist ihrer Musik und ihrem Gesang anzumerken – und geht gleichwohl dem Zuhörer zu Herzen. "Kulturerbe – das ist doch Dialekt, das sind Lieder und historische Instrumente und das haben wir hier im Haus der Volkskunst satt", betont Manfred Stingel. Im neunten Titel "Vor Alb been I" singt er über das, was ihm seit mehr als 50 Jahren am Herzen liegt: "Musik und Lieder send verschwonda, d’Kultur hot’s schwer em Schwobaland, mr därfets’s Erbe it verderba, em Staufer- on em Zollerland."