Das Haus steht unter Wasser, ein verzweifelter Mann geht durch die Fluten, um ein Rettungsboot zu erreichen. Der südindische Bundesstaat Kerala ist vom verheerendsten Monsun der vergangenen 100 Jahre getroffen worden. Foto: Rahi Foto: Schwarzwälder Bote

Hilfsaktion: Ehemaliger Balinger Seelsorger bittet um Unterstützung / Heilig-Geist-Gemeinde will helfen

Hunderte Tote und Tausende, die aus ihren Häusern fliehen mussten: Die Bilanz des Hochwassers im indischen Bundesstaat Kerala ist erschreckend.

Balingen/Kerala. Pfarrer Jennis Thomas Vechuvettikal, der zwischen 2011 und 2015 die Balinger Heilig-Geist-Gemeinde betreut hat und mit vielen Gemeindegliedern aus Balingen freundschaftlich verbunden ist, erzählt von dem 100-jährlichen Hochwasser, das der Monsun in seine Heimat gebracht hat: abgebrochene Straßen, die ins Nichts führen, Häuser, von denen man nur noch die Dächer sieht, und Menschen, die mit Booten gerettet werden müssen. Auch der Herkunftsort des Priesters, Perrikaloor, ist verwüstet.

"Seit fast fünf Wochen dauert der Monsun an. Vergangene Woche hat es 24 Stunden am Stück geregnet." Das habe ihm sein Bruder erzählt, sagt der Priester. Seine Familie sei nicht betroffen, da ihr Haus in dem höher gelegenen Teil des Dorfs liege. Dennoch engagiere sie sich für die Menschen, die unter der Flut leiden.

Er selbst werde in zwei Monaten seine Heimat besuchen, bis dahin helfe er von Deutschland aus. "Mein Bruder ist im Verein der christlichen Jugend YMCA tätig und hat mich um Spenden gebeten, damit sie den Menschen, die ihre Wohnung verloren haben, Lebensmittel geben können", erzählt der 42-Jährige. "Für mich war es das Wichtigste, Leben zu retten", sagt er. Mit seiner Geldspende seien mehr als 150 Familien ernährt worden.

Mit seinem Verein kümmere sich sein Bruder um die Menschen, die notdürftig in Schulen und Kirchen schlafen müssen. Auch seine Schwester koche und helfe fleißig mit.

Den Glauben an Gott schwäche diese Naturkatastrophe allerdings nicht. Im Gegenteil: "Ich freue mich und danke Gott, dass niemand von der Familie betroffen ist", sagt der Pater. Andere würden in der Katastrophe sogar ein Zeichen sehen. So auch ein Bananen-Bauer aus dem Nachbardorf von Perrikaloor: "Er hat sehr viele Bananenbäume gepflanzt, und bei einem hat er gesagt: ›Wenn diese Pflanze Früchte trägt, werde ich sie der Kirche schenken.‹ All seine Pflanzen wurden bei der Flut zerstört, nur diese eine nicht. Er sagt: Das ist ein Zeichen, dass Gott lebt und ihn beschützt", erzählt der Pfarrer.

Auffällig sei der extreme Zusammenhalt der Menschen vor Ort. "Alle sind bereit, zu helfen. Die Nächstenliebe ist sehr stark spürbar", erzählt der Priester. Der Verein seines Bruders gehe jetzt, nachdem die Fluten zurückgegangen seien, von Haus zu Haus und helfe den Menschen, ihre Häuser vom Schlamm zu befreien. Auch die Fischer seien mit ihren Booten eine große Hilfe. Viele Menschen, die nicht von den Fluten betroffen seien, würden ihre Räumlichkeiten zur Verfügung stellen. "Das sind Menschen mit einer Zwei- oder Drei-Zimmer-Wohnung, die lassen zehn, 20 Leute bei sich wohnen", schildert Pater Jennis. Anstatt sich selbst zu bemitleiden, würden die betroffenen Menschen stets positiv denken: "Ehemals Reiche haben zu mir gesagt ›Ich habe gelernt, was Armut ist‹. Sie haben gesehen, dass es auch möglich ist, ohne Handy oder Bett zu leben."

Noch sei unklar, wie viele Opfer der Monsun gefordert habe: "Erst wenn alle Menschen wieder in ihren Häusern sind, kann gesagt werden, wer vermisst wird und wer gestorben ist."

Auch die Balinger Heilig-Geist-Gemeinde möchte helfen. Auf Initiative von Christel Prinzen-Benz werden nun Spenden gesammelt für die Menschen in Kerala, wo die Familie von Pfarrer Jennis wohnt. Dafür wurde ein Spendenkonto eingerichtet. Die Kontodaten sind im Mitteilungsblatt der Kirchengemeinde veröffentlicht.