Der Mühlengeist löst sich in Rauch und Asche auf. Wer der Feuerteufel war, ist immer noch nicht erwiesen. Foto: SB-Archiv

Zellengenosse des "Mühlengeist"-Wirts erzählt vor Gericht eine monströse Geschichte.

Hechingen/Balingen - Mit den Aussagen des Hauptbelastungszeugen und der psychiatrischen Gutachterin zog sich am Donnerstag die Schlinge um den Hals des ehemaligen "Mühlengeist"-Wirts weiter zu.

Wie berichtet, behauptet der 63-jährige Zeuge, der Angeklagte habe ihm in der Gefängniszelle, in der sie im vergangenen Juni gemeinsam saßen, ausführlichst erzählt, wie er nicht nur am 2. August 2010 seine Gaststätte abfackelte, sondern auch weitere kriminelle Taten begangen hat.

Die Geschichte ist monströs, die Einzelheiten muten regelrecht fantastisch an. Wenn es stimmt, bestand tatsächlich ein Masterplan, dem der Angeklagte folgte. Dann hätte er wirklich, wie von der Staatsanwaltschaft behauptet, schon im Vorfeld des "Mühlengeist"-Infernos auch die benachbarte Fischerhütte angesteckt, um die Polizei auf eine falsche Fährte zu locken.

Zudem hätte er nach seiner Verhaftung aus dem Gefängnis heraus per Handy, das er in der Waschkammer versteckt hielt, weitere Ablenkungs-Brandstiftungen dirigiert, die andere für ihn ausführten. Demnach wäre es auch Teil der Strategie gewesen, zahlreiche frühere Delikte wie Versicherungsbetrügereien, Fleischdiebstähle und Steuerhinterziehungen zu gestehen, um sich gegenüber den Richtern als jemand darzustellen, der mit offenen Karten spielt, und gleichzeitig den "Mühlengeist"-Brand umso erfolgreicher abstreiten zu können.

Doch was wäre das Motiv gewesen? Der Zeuge wusste gleich mehrere zu nennen. Erstens hegt er den Verdacht, der Angeklagte sei ein vom Feuer Besessener. Zweitens hätte der Gastronom durch die Auszahlung der Versicherungssumme eine enorme Summe einstreichen können. Hinzu kommt, dass der vormalige Erfolgsgastronom angeblich mit seinem Vermieter nicht mehr klar kam. Möglicherweise wollte er ein eigenes Restaurant eröffnen?

"Wichtige Konkurrenz vom Hals geschafft"

Fest steht, er hatte in Pfeffingen bereits das "Waldeck" gekauft. Mit der Auslöschung des "Mühlengeists" hätte er nicht nur seinem Vermieter eins ausgewischt, sondern sich auch eine wichtige Konkurrenz vom Hals geschafft.

Die Frage lautete nun, wie glaubwürdig die Aussagen, wie einleuchtend die Motive sind. Die Gutachterin wollte sich am Ende des Tages nicht eindeutig festlegen. Der Zeuge sei eine Person, die gerne im Rampenlicht stehe und die Aufmerksamkeit genieße.

Auch sonst gibt es manches, was man ihm zur Last legen könnte: Der 63-Jährige ist aktenkundig ein geübter Betrüger, der es versteht, "Leute einzuseifen", wie Richter Herbert Anderer sagte. Der Verdacht, ein Denunziant und Heuchler zu sein, steht überdies im Raum.

Was jedoch starken Eindruck auf die Gutachterin und wohl auch auf die Richter machte, ist der Umstand, dass der Mann seine enorm facettenreiche, von Details überbordende Geschichte über einen langen Zeitraum immer wieder in derselben Form erzählt. Den Hauptangeklagten dürfte dieser Auftritt nochmals schwer belasten. Wie er sich für seinen mit angeklagten Bruder auswirkt, bleibt abzuwarten. In gewissen Positionen nahm ihn der Zeuge ein Stück weit aus der Schusslinie. Was Wahrheit und was Lüge ist, muss am Ende der Richter klären. Der Prozess wird am 2. Februar fortgesetzt.