Mehrere Dutzend Meter lange Graffities zieren die Schwelhalle in Frommern. In dem früheren Industriebau ist nun die Ausstellung "Revolte" zu sehen. Foto: Maier Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: Die Ausstellung "Revolte!" in der Frommerner Schwelhalle ist eröffnet / WON ABC ist geflasht

Balingen-Frommern. Und plötzlich hört man Sirenen, leise, dann immer lauter. Man meint, ein Polizeiauto fahre durch die riesige Schwelhalle des früheren Elektra-Werks in Frommern, dabei kommen die Töne aus dem Lautsprecher. Sprayer wüssten, was im Ernstfall zu tun wäre: schnell weg. Doch hier in der Halle ist alles anders: Hier werden sie gefeiert – mit der Ausstellung "Revolte! Creative Urban Art", die am Freitag eröffnet worden ist.

Einer der Protagonisten der Szene, Markus Müller alias WON ABC, dessen Werke zu sehen sind und der im Laufe der nächsten Woche die Außenwand der Schwelhalle besprayen wird, ist beeindruckt, geflasht: Es sei "europaweit einmalig", Graffiti-Kunst in der Halle zu zeigen. "Revolte!" sei nicht nur eine Ausstellung: "Es wird ein Lebensgefühl gezeigt."

Für ihn ist Graffiti die "größte Kulturbewegung der Menschheitsgeschichte", bei der das Prinzip, dass Menschen in Galerien und Museum gehen, umgekehrt werde. Graffiti-Kunst finde im öffentlichen Raum statt, sie komme auf Zügen zu den Menschen gefahren, die sich mit ihr auseinandersetzen sollen – "ob sie wollen oder nicht", so Müller. Er lud dazu ein, "amüsiert" durch die Welt der Graffiti zu gehen, denn "man darf auch darüber lachen", bei aller Revolte und Revolution.

"Wir erobern uns unsere Stadt wieder zurück", hielt Kurator Roman Passarge fest, der Graffiti eine "politische Kraft" zuspricht. Botschaften würden vermittelt, die eine Antwort wollten, auch auf die Frage: "Was wollen wir in der Welt?"

Als "kleine Sensation" bezeichnete er die Tatsache, dass im Glaskubus, der in der Mitte der Halle steht, Kunstwerke zu sehen seien, "die noch nirgends gezeigt wurden" – zum Beispiel Landschafen, die Cowboy 69 im Gefängnis geschaffen hat. Berühmt ist er eigentlich für seine Schriften.

Grenzen überschreiten, Widerstände überwinden, ob legal oder illegal, das ist für Passarge Graffiti. Mut hätten aber nicht nur die Künstler gezeigt, sondern auch die Initiatoren um Frank Türke. "Vielleicht wird mit weiteren Ausstellungen in dieser Halle eine Tradition begründet", blickte der Kurator voraus.

Balingen soll Kunststadt bleiben, Balingen soll schön bleiben – dies waren für Initiator Frank Türke die Gründe, "mal was Anderes, mal was Besonderes" zu organisieren und keine "ganz normale Ausstellung". Vor allem soll Kreativität herüberüberkommen, jeder soll sie selber entdecken und umsetzen. "Es ist hier drin viel zu lernen", gab er den Besuchern mit und lud sie zum Rundgang ein.

Kreativität zeige sich nicht nur in den Bildern, sondern auch, wie sie präsentiert würden; nicht an einer weißen Wand, sondern zum Beispiel an Holzpaletten, hielt Oberbürgermeister Helmut Reitemann fest. Für ihn trete das Wilde, die Revolte zum Vorschein. Mit "Das Kommen lohnt sich" wünschte er der Ausstellung viel Erfolg.

 Die Ausstellung "Revolte! Creative Urban Art" ist bis zum 8. September von Montag bis Sonntag von 10 bis 22 Uhr geöffnet.