Mathea, Pauline, Lea und Hanna beobachten ganz genau, was ihnen hinter den Musical-Kulissen gezeigt wird. Foto: sb

Zwölf Gewinnerinnen tauchen bei "Wünsch dir was" in den Musical-Dschungel ab.

Zum Takt der Buschtrommeln krabbelt, stampft, rollt und hüpft eine Horde Kinder durch den großen Raum. Und das mit mächtig viel Gebrüll. Es geht zu wie bei den Affen. Eine Stimmung wie im tiefsten Dschungel Afrikas, und das bei Schneetreiben und eisiger Kälte an einem Dezember-Tag in Deutschland? Wir sind doch, nicht bei "Wünsch dir was". Doch, heute schon!

Mission: "Herzenswünsche erfüllen" heißt es Jahr für Jahr zur Adventszeit in den Redaktionen des Schwarzwälder Boten. Mit freundlicher Unterstützung der Sparkasse Zollernalb versuchen die Redakteure dabei Jahr für Jahr, Kindern Träume zu erfüllen, die mit Geld nicht zu bezahlen sind.

Für zwölf Mädchen aus dem Verbreitungsgebiet wurde dieser Traum wahr. Emma Haag aus Dunningen, Lea-Sophie Wegenast aus Vöhringen, Maria Rebmann aus Horb und Clara Bulling aus Rohrdorf, Lina-Marie Vosseler aus Bad Dürrheim-Sunthausen und Alina Fluck aus Blumberg-Hondingen, die Geschwister Lea und Hanna Notzon aus Balingen sowie die Zwillingsschwestern Mathea und Pauline Leibold aus Burladingen, Linda Kay Rittmann aus Calw sowie Victoria Müller aus Ebhausen-Ebershardt heißen die Glücklichen, die mit Mama oder Papa nach Stuttgart ins SI-Centrum eingeladen sind.

"Zwölf Mädchen und kein einziger Junge?". Fabio bekommt große Augen. Der 13-Jährige ist heute ins Apollo-Theater gekommen, um mit den Gewinnerinnen eine Choreografie einzustudieren. Denn Fabio ist einer der 16 Darsteller, die den kleinen Tarzan auf der Stuttgarter Musicalbühne spielen. Gemeinsam mit Thomas und Wencke, beides Kindercoaches, sollen die Mädchen in Sachen Evolution einen Schritt zurückgehen und vom Mensch zum Affen werden.

"Lass uns einfach mal so richtig abhängen", singt Fabio alias Tarzan abends auf der Bühne, fliegt dabei an der Liane scheinbar schwerelos übers Publikum, legt aus dem freien Stand einen Salto hin und singt so glasklar, als würde ihn das alles keinerlei Anstrengung kosten. Neun Monate hat er intensiv geprobt, bis die Vorstellung bühnenreif war. Denn was bei den Profis ganz locker aussieht, erfordert vollste Konzentration und jede Menge Körperbeherrschung.

Das bekommen auch die Mädchen schnell am eigenen Leib zu spüren. Affen stützen sich nicht auf den glatten Handflächen, sondern auf ihren Fingerknöcheln ab, sie gehen mit stolz geschwellter Brust, aber nach vorne gerollten Schultern, die Beine sind nie durchgestreckt, denn Affen beugen die Knie. Ach, und das Hohlkreuz nicht vergessen, damit der Po so richtig zur Geltung kommt. "Hää?", die vierjährige Hanna schaut Kindercoach Thomas mit riesigen Augen an. Damit spricht sie wohl allen zwölf Nachwuchsäffchen aus der Seele.

Thomas lächelt und erklärt alles Schritt für Schritt. "Das sieht affig aus", denken sich wohl einige der Mädchen. "Ich kann das einfach nicht", murmelt Victoria aus Ebershardt leise vor sich hin. Da bekommt man jahrelang von Mama eingetrichtert "Stell’ dich aufrecht hin, Schultern nach hinten, Kopf gerade" – und auf der Bühne soll das alles nicht mehr gelten?

"Macht euch nichts draus, einige Darsteller können vor lauter Affe spielen wahrscheinlich schon gar nicht mehr wie Menschen laufen", witzelt eine der Mamas. Nachdem die einzelnen Bewegungen dann doch sitzen, geht es an die Choreografie. Ein Stück aus dem echten Musical wird einstudiert und später auf der Original-Bühne im Rampenlicht aufgeführt. Acht Mamas und zwei Papas sitzen aneinander gereiht im Proberaum, wippen mit, klatschen, grölen und sind mächtig stolz auf ihre Sprösslinge.

Viele Trockenübungen später wird endlich zur Musik geprobt. Trotz der Anspannung strahlen die Mädchen vor Begeisterung. "Klappt schon super", lobt Wencke nach einigen Proben. Bevor es auf die große Bühne geht, bekommen die Gäste eine exklusive Backstage-Führung. Tarzan ist eines der spektakulärsten Musicals, das wird beim Blick hinter die Kulissen deutlich. Während allabendlich rund 30 Affen, Tarzan, Jane & Co. über die Bühne fliegen, arbeitet hinter, neben und unter der Bühne ein rund 100 Personen starkes Team am reibungslosen Ablauf der Show. Das alles bei acht Vorstellungen an sechs Tagen in der Woche. Die meisten Darsteller sind vom ehemaligen Spielort Hamburg vor einem Jahr mit nach Stuttgart gekommen.

Alle Requisiten liegen beschriftet bereit; auch Baby-Tarzan, der vom Team liebevoll "Boris" genannt wird – eine Ähnlichkeit mit Herrn Becker lässt sich tatsächlich nicht abstreiten. "Das Baby ist ja aus Gummi", stellt Hanna Notzon frech fest. "Stimmt! So muss es die Mama auf der Bühne nur kurz anstupsen, und schon bewegt es sich und sieht ganz echt aus", verrät Wencke.

Auch im großen Perücken-Raum ist es wieder die Vierjährige, die ein Geheimnis lüftet: "Boah, die Haare sind ja auch nicht echt", staunt sie. "An jeder Perücke sitzt eine Maskenbildnerin zehn Tage bis alle Haare aufgeknüpft sind. Und nach jeder Show wird jede Perücke neu frisiert", verdeutlicht der Kindercoach den enormen Aufwand.

Auch die Kostüme sind atemberaubend. Damit die Tänzerinnen bei der Vorstellung ein Meer aus riesengroßen Blumen und Pflanzen bilden, arbeiten viele flinke Hände in der hauseigenen Schneiderei durchgängig an neuen Kostümen. Jedes Stück ist ein Unikat, in Handarbeit gefertigt. Den nötigen Dschungel-Dreck gibt’s im sogenannten Schmodder-Raum verpasst. Nach einem genauen Zeitplan bekommt jeder Darsteller kurz vor der Show Körperpuder und durchsichtigen Puder zur Fixierung auf die Haut. So kann in den schweren Kostümen und bei schweißtreibender Bühnenakrobatik nichts schief gehen.

"Das erzähl ich morgen alles in meiner Klasse", strahlt Pauline aus Burladingen stolz. "Die sind alle sooo neidisch auf mich!" Die Gewinnerinnen spüren, dass es etwas Besonderes ist, so nah am Musical-Geschehen dran sein zu dürfen.

Jetzt aber los auf die große Bühne. Die Techniker warten bereits darauf, die Musik einzuspielen und die kleinen Tänzerinnen mit Lichteffekten in Szene zu setzen. Zeit für die Eltern, die Kameras und Camcorder zu zücken. Zweimal wird im Rampenlicht geprobt, dann wird es ernst. Licht aus, Spot an für Tarzan und seine zwölf Äffchen. Die Mädchen geben noch einmal alles und genießen beim Schlussbild in waschechter Affen-Pose den tosenden Applaus der Mama-Papa-Fangemeinde. "Das hat erstaunlich gut geklappt", lobt Coach Thomas zum Abschied. "Je mehr ihr übt, desto besser werdet ihr", macht er den Mädchen Mut.