Aufschlag: Die "Damen 70" spielen sich auf der Anlage der BTG an den Eyach-Auen die Bälle hin und her. Die dortigen Plätze sowie das Vereinsheim werden von Oktober an abgerissen, die Balinger Tenniscracks spielen künftig in Ostdorf. Foto: Maier Foto: Schwarzwälder Bote

Tennis: Tage der BTG-Anlage an den Eyach-Auen sind gezählt / Erweiterung in Ostdorf steht an

Balingen. Das Wetter ist prächtig an diesem Mittwochnachmittag, die Laune der Frauen auch. Bärbel Irion und Gisela Schlotterbeck auf der einen Seite des Netzes, Ulrike Jessen und Anne Paul auf der anderen spielen sich die Bälle zu und hin und her. Aufschlag, Return, die "Damen 70" haben’s drauf. Ebenso die gleichaltrigen Herren auf dem Platz daneben. Zweimal in der Woche spielen sie auf der Anlage der Balinger Tennisgemeinschaft BTG, wenn das Wetter es zulässt, und solange es noch geht.

Bald geht an den Eyach-Auen in Sachen Tennis aber gar nichts mehr: Nicht nur die Saison neigt sich dem Ende zu, auch die Tage der Anlage sind gezählt. Von Oktober an werden die Plätze und das Tennisheim abgerissen. "Baufeldfreimachung" lautet das Fachwort der Stadtplaner: Es wird Platz geschafften für die Aufweitung der Eyach, die große Liegewiese am Wasser sowie den Aktiv-Park, der in Nachbarschaft zum neuen Jugendhaus entsteht. Der Technische Ausschuss des Gemeinderats entscheidet kommende Woche über die Auftragsvergabe. "Im Zuge der Arbeiten sollen alle dort vorhandenen Gebäude und baulichen Anlagen der Tennisplätze abgebrochen und das Gebiet vollständig entsiegelt werden", heißt es in der Vorlage. Alles weg, damit alles neu werden kann.

Vor allem für die älteren BTGler ist das eine herbe Zäsur. Die Vereinsmitglieder haben sich Anfang 2019 zwar mehrheitlich dafür ausgesprochen, die Plätze für die Gartenschau freizugeben und sich mit den Cracks des Ostdorfer Tennisclubs zusammenzutun, die ihrerseits ebenso der Fusion zustimmten. Aber an den Eyach-Auen hängt bei vielen eben doch das Herz. Ebenso wie an ihrem Verein, der nun in einem anderen aufgeht.

Erste Cracks spielten auf dem Heuberg

Die ersten Balinger Tennisspieler waren Ende des 19. Jahrhunderts ihrem Sport auf dem Heuberg nachgegangen, an der Stelle des heutigen Spielplatzes war ein Feld angelegt. Die Cracks waren in einem losen Freundschaftsclub zusammengeschlossen. Das erste bekannte Foto von dieser Gruppe stammt wohl aus dem Jahr 1898.

Aus diesem Verbund heraus gründete sich 1932 die Balinger Tennisgemeinschaft. Gründungsvorsitzender war Erich Hofmann. Damit verbunden war der Umzug vom Heuberg an die Eyach: Die ersten beiden Plätze wurden auf dem sogenannten Kesselmühlengelände legte der junge Verein 1933 an. Der Spielbetrieb lief bis 1940, der Krieg und die Einziehung der Männer zum Militär brachten die Aktivitäten zum erliegen. Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Neugründung der BTG zunächst nicht möglich, die Tennisspieler wurden deshalb Teil der Balinger TSG. Zwei weitere Plätze in an den Eyach-Auen folgten in den 1950er-Jahren. Sommers wurde dort Tennis gespielt, winters wurden die Plätze geflutet und so zur Eiswiese – zur Freude von Schlittschuhläufern. Kaltes Wasser gab’s auch für die Tenniscracks, das Vereinsheim war noch recht spartanisch. Wer warm duschen wollte, musste 50 Pfennig bezahlen.

Der Tennissport boomte in der Folge stark – in der Festschrift von 1982 zum 50-jährigen Bestehen ist vom "Aufbruch in neue Dimensionen" die Rede. Auch die Flutkatastrophe im August 1966, als starker Regen die Tennisplätze einen halben Meter unter Wasser setzte, tat dem keinen Abbruch. 1973 machte sich die bisherige TSG-Abteilung dann selbstständig – wieder unter dem Namen BTG. Von 1975 an wurde unter dem Vorsitzenden Helmut Wagner das neue, heute noch bestehende Clubheim gebaut, samt Bewirtung, mit komfortableren Duschen und mehr Platz für die Sportler, von denen sich infolge des Tennisbooms immer mehr an der Hindenburgstraße tummelten. Die Pläne dafür erstellte Mitglied Hans Loos, zugleich Balinger Stadtbaumeister. Die BTG erreichte in dieser Zeit den Höchststand an Mitgliedern, rund 650. Neun Plätze wurden zu den besten Zeiten unterhalten und bespielt, aber diese Zeiten sind vorbei.

Auch in Balingen hat Tennis an Attraktivität verloren, immer weniger Menschen greifen zum Schläger. Nur noch vier Plätze werden an den Eyach-Auen heute noch bespielt, die anderen liegen brach; einer wurde vor wenigen Jahren zu einem Beachvolleyballfeld umgewandelt. Rund 200 Mitglieder zählte die BTG zu Beginn des Vorjahres. Einige hatten dem Club schon davor den Rücken gekehrt, als klar war, dass die Fusion mit den Ostdorfern kommen würde. Der BTG-Vorsitzende Gerd Riethmülller hatte damals eindringlich für den Zusammenschluss geworben: Die Entwicklung im Tennissport mache Fusionen notwendig, vor allem aufgrund des Mitgliederrückgangs und der Überalterung der Vereine.

Arbeiten für neue Plätze Beginnen dieses Jahr

Ohnehin bestehen zwischen den Balingern und den Ostdorfern bereits Spielgemeinschaften. Das Zusammenleben der beiden Vereine hat sich im Lauf dieses Jahres, soweit Corona das zuließ, weiter intensiviert. Der Ostdorfer Vorsitzende Armin Jetter sagt, dass alle zusammen "an einem Strang ziehen", dass man gemeinsam nun sicher gut aufgestellt für die nächsten Jahre sei.

Derweil laufen die letzten Vorbereitungen für die wegen der Aufnahme der Balinger notwendigen Erweiterung und Modernisierung der Ostdorfer Anlage Egelsee. Finanziert werden soll das über die sogenannte Restwertentschädigung: Die BTG bekommt, vereinfacht gesagt, Geld dafür, dass sie die Balinger Anlage früher räumt, als es der Pachtvertrag (bis 2023) vorsieht. Sowie als Abfindung für das Vereinsheim, das noch ganz gut in Schuss ist. Die Verhandlungen dazu zwischen den Vereinen und der Stadtverwaltung laufen. Eine erste Teilvereinbarung über die bereits beauftragten Planungsleistungen sei getroffen, sagt Bürgermeister Reinhold Schäfer; für die Gesamtvereinbarung bedürfe es noch einiger Abstimmungen.

Das Ostdorfer Clubheim wird zum Teil umgebaut, das betrifft vor allem die Umkleidekabinen und die Duschen. Der Geräteschuppen muss vergrößert werden, weil künftig mehr Gerät untergebracht sein will: Denn auch die Zahl der Plätze in Ostdorf steigt – drei neue sollen zusätzlich zu den bestehenden vier gebaut werden. Armin Jetter sagt, Ziel sei es, dass die Arbeiten dafür noch in diesem Jahr beginnen. Über den Winter könnten die Grundschichten soweit angelegt werden, dass im Frühjahr nur noch der rote Sand aufgebracht werden müsste. Die neuen Plätze wären dann Anfang Mai, zu Beginn der neuen Saison, bespielbereit.

Von der Balinger Anlage wird dann schon nichts mehr übrig sein.