Die Geschäftsführung von Möbel Rogg gibt sich kämpferisch (von links): Ekkehard Gulde, Julian Rogg und Alexander Ast. Foto: Engelhardt

Bei Möbel Rogg geht der Verkauf über Internet und Telefon weiter. Autohaus Dehner zieht um.

Balingen - Wo vergangene Woche noch tausende Menschen durch die Ausstellung geschlendert sind, herrscht seit Mittwoch bedrückende Stille. Die von der Bundesregierung verordneten Ladenschließungen treffen aber nicht nur Firmen wie Möbel Rogg.

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So schnell kann es gehen: Am Montag wurden beim Balinger Möbelunternehmen die Kinderhorte geschlossen, am Dienstag machten die firmeneigene Restaurants zu und seit Mittwoch geht gar nichts mehr – zumindest in den Verkaufsräumen. "Wir hatten lediglich eineinhalb Stunden Zeit gehabt, um auf die neuen Verordnungen aus Berlin zu reagieren", sagt Julian Rogg. "Aber ich denke, dass wir das sehr gut hinbekommen haben."

Sie hätten die Entwicklungen in der Corona-Krise mit Argusaugen verfolgt – und sich in den vergangenen Wochen schon auf den Fall der Fälle vorbereitet, sagen die Geschäftsführer Julian Rogg, Ekkehard Gulde und Alexander Ast unisono. "Wir haben die Vorgaben und Vorsichtsmaßnahmen zum Thema Coronavirus kontinuierlich angepasst, schließlich haben wir eine Verantwortung gegenüber der Gesellschaft sowie unseren Mitarbeitern und Kunden", betont Gulde.

Balinger Unternehmen richtet Experten-Hotline ein

Auf das Einkaufserlebnis in ihren Häusern müssten die Kunden jetzt zwar vorerst verzichten, nicht aber auf ihre Kompetenz und Service, so die Geschäftsführer – und auch Einkaufen könne man weiterhin: "Bei uns läuft der Betrieb weitestgehend normal, wenn man das in einer solchen Situation sagen kann. Nur den kompletten Verkauf in unseren Ausstellungsräumen mussten wir einstellen", erläutert Rogg, der weiß: "Der persönliche Kontakt zu unseren Fachleuten ist unseren Kunden sehr wichtig."

Das Balinger Unternehmen hat daher eine Hotline eingerichtet, dank der die Kunden die Expertise in den verschiedenen Bereichen auch weiterhin bekommen können. An die 30 Berater, die in verschiedenen Büros untergebracht sind, stehen den Kunden zur Verfügung. Alle laufenden Aufträge würden weiter bearbeitet und bei Bedarf ausgeliefert, die Ware könne aber auch selbst abgeholt werden. Und der Kundenservice verrichte wie gewohnt seine Arbeit. "Wenn es die Kunden wünschen, dann besuchen wir sie auch zu Hause."

Noch würden die meisten Möbellieferanten weitestgehend normal produzieren, die termingerechte Lieferung sei daher in den meisten Fällen möglich. "Das ist Stand heute, wir wissen natürlich nicht, wie sich die Situation in Deutschland weiterentwickelt", betont Gulde. Den E-Shop hat Möbel Rogg erst im Januar neu aufgesetzt, viele 1000 Artikel sind dort zu finden – und noch einmal deutlich mehr im firmeneigenen Lager.

Von den 800 Angestellten arbeiten 650 normal weiter, für die restlichen 150 habe man einvernehmliche Lösungen gefunden, so Gulde. "Wir sind ein solides und starkes Familienunternehmen, das langfristig plant", sagt Julian Rogg und ergänzt: "Wir kämpfen uns durch."

Autohaus Dehner: Umzug in vollem Gange

Kämpferisch geben sich auch Roman und Mario Dehner vom Autohaus Dehner. Der Umzug der Seat-Werkstatt von der Wilhelm-Kraut-Straße ins Gewerbegebiet Gehrn ist derzeit in vollem Gang. Dort befindet sich bereits seit einigen Jahren der Verkauf des Autohauses, mit der Errichtung einer großen Werkstatthalle bündelt der Familienbetrieb seine Kräfte.

"Wir hatten Glück, dass wir bereits soweit sind", sagt Mario Dehner, der seit November im elterlichen Betrieb ist und seit Januar Geschäftsführer. Lieferengpässe, beispielsweise bei Fliesen aus Italien, hätten sie nicht hinnehmen müssen. "Ich hätte mir natürlich einen schöneren Einstand gewünscht", gibt er freimütig zu. Und sein Vater Roman betont: "Nur gemeinsam haben wir dieses Bauvorhaben stemmen können."

Der Verkaufsraum musste aufgrund der Anordnung aus Berlin geschlossen werden. "Die Informationspolitik ist leider nicht optimal", sagt Roman Dehner, der sich auch bei der Kreishandwerkerschaft rückversicherte, was jetzt zu tun sei. "Wir wollten Sicherheit und uns nicht irgendwo in einer Grauzone bewegen", so der 60-Jährige.

Das spanische Seat-Werk ist mittlerweile geschlossen, doch bestellte Fahrzeuge werden immer noch ausgeliefert. So füllt sich Tag für Tag der Parkplatz vor dem Autohaus weiter mit Neufahrzeugen. "Wir haben mittlerweile an die 200 neue und gebrauchte Autos auf dem Hof", sagt Mario Dehner.

Diese gingen nicht mehr so schnell weg wie gewohnt. Denn erstens kaufe in einer solchen Krisensituation keiner mehr schnell ein Auto, zweitens sei die Zulassungsstelle nur noch mit einer Notbesetzung da. "Selbst die bereits verkauften Fahrzeuge bekommen wir hier nicht mehr vom Platz, da wir keine mehr zulassen können", so Roman Dehner, der auf baldige Besserung hofft. Denn "sobald die Fahrzeuge bei uns sind, flattern auch die Rechnungen dafür ein." So breche der Umsatz zwangsläufig deutlich ein.

Zulassungsstellen im Notbetrieb

Wie schnell sich das wieder ändern wird, ist derzeit ungewiss. Aktuell erledige die Zulassungsstelle nur dringende oder zwingend notwendige Zulassungsvorgänge, welche in den Briefkasten beim Balisana-Gebäude eingeworfen werden können, erklärt eine Pressesprecherin des Landratsamts auf Anfrage.

Um den Kundenverkehr in der Dienststelle so gering wie möglich zu halten, erfolge die Aushändigung zudem termingebunden. "Wir bereiten die Dienststelle gerade mit Schutzvorrichtungen für Kundschaft und Personal vor, um die Aushändigung so risikoarm wie möglich vollziehen zu können und werden am Freitag startklar sein."

Um die Mitarbeitenden zu schützen und ständig eine Reserve an gesunden Mitarbeitern verfügbar zu haben, wurden die Zulassungsstellen in Ebingen und Hechingen geschlossen. Es wurden Teams gebildet, die in der Zulassungsstelle Balingen gebündelt sind und einander im rollierenden System ablösen. "Weitere Kräfte der Zulassungsstellen unterstützen das Gesundheitsamt beim Bürgertelefon und Dienststellen im Haus, bei denen bereits ein personeller Engpass besteht", so die Pressesprecherin.

Trotz aller Hindernisse steht Kurzarbeit beim Autohaus Dehner aber nicht zur Diskussion: Die 23 Mitarbeiter bieten "alle Dienstleistungen vollumfänglich an." Nur die Verkaufsberater müssten sich derzeit anderweitig betätigen. "Da wir kurz vor der Fertigstellung unseres großen Anbaus sind, ist das kein Problem." Ab 30. März soll die gesamte Seat-Familie unter einem Dach sein. "Das wollten wir groß mit unseren Kunden feiern, daraus wird jetzt leider nichts", bedauern Mario und Roman Dehner, die befürchten, dass einige Zeit ins Land gehen wird, bis wieder Normalität in den Alltag einkehren wird.