Glänzend, am Abgrund, aber er hält sich: Der "Goldene Fels" ist eines der Wahrzeichen Myanmars – und eines von vielen Motiven, die der Balinger Fotograf Nino Strauch aus dem südostasiatischen Land mitgebracht hat. Fotos: Strauch Foto: Schwarzwälder-Bote

Ausstellung: Balinger Fotograf Nino Strauch zeigt in der Galerie Kunstblick Eindrücke aus Myanmar

Balingen. Der Fels glänzt. Immer. 611 Tonnen ist er schwer, mit Blattgold überzogen, obendrauf eine Pagode, in dem angeblich ein Haar Buddhas verwahrt wird. Der Koloss ist Naturwunder und heiliger Ort, er hängt über einem Felsvorsprung, er ist ein Wahrzeichen Myanmars, man kann ihn als Symbol für die Lage des Landes sehen: am Abgrund, taumelnd, aber er hält sich, ist im Gleichgewicht, irgendwie.

Die Fotografie des "Goldenen Felsen" in der Mon-Region ist eines der eindrücklichsten, die der Balinger Fotograf Nino Strauch aus dem südostasiatischen Myanmar mitgebracht hat. 15 Motive sind nun als Großformate in der Balinger Galerie Kunstblick zu sehen, die Bilder nehmen den Betrachter mit in ein Land voller Gegensätze, zwischen Glaube und Fanatismus, zwischen Tradition und Moderne, mittendrin in einem gewaltigen gesellschaftlichen und politischen Wandel.

Vor allem aber zeigt Nino Strauch Menschen. Den Mann, der vor einer riesigen Buddhastatue kniet. Mönche, die sich in den Armen liegen. Fischer, die auf einem Bein stehen, mit dem anderen Bein rudern und ihr Boot steuern und dabei anmutig und fast schon elegant ein Netz auswerfen. Eine Frau mit einem Bündel Reis auf dem Kopf, eine andere inmitten einer Müllkippe. Den jungen Mann, der in seiner Punkerwohnung haust. Die Chin-Frau, traditionell mit Gesichtstattoos und langstieliger Pfeife im Mund. Oder die inmitten einer Warteschlange knieende junge Frau, Angehörige der muslimischen Minderheit der Rohingya, laut den Vereinten Nationen die derzeit am stärksten verfolgte Minderheit der Welt.

Nino Strauch nähert sich den Menschen in Myanmar, sehr sogar. Er nähert sich in deren Umfeld, zeigt ein vielschichtiges Land und lässt den Betrachter mit den Bildern in den Gesichtern lesen. Dabei, so sagt es Galeristin Heidrun Bucher Schlichtenberger, "bewahrt er stets deren Würde". Strauchs Fotografien, so Bucher-Schlichtenberger mit einem Zitat der US-amerikanischen Fotografin Berenice Abott, singen trotz der mitunter mitschwingingen Beschwerlichkeit "ein Loblied auf das Leben".

Für den 32-Jährigen Balinger ist es die zweite Ausstellung in der Galerie Kunstblick. Vor ziemlich genau zwei Jahren waren dort Bilder aus der Millionenstadt Tokio zu sehen, Strauch dokumentierte eine geordnet-verrückte Stadt. Es war, sagte er damals, ein Projekt für seine "Fotografen-Seele". Strauch, der sich mit seinen Werbeaufnahmen für Unternehmen und Institutionen einen Namen gemacht hat, wollte neue Wege, ein besonderes Projekt angehen. Das Myanmar-Projekt ist eine Fortsetzung davon, es ist, so kann man das sagen, ein Projekt für seine Menschen-Seele.

Zwei Mal war Strauch im Jahr 2015 auf ausgedehnten Reisen in Myanmar unterwegs, einem Land doppelt so groß wie Deutschland. Er fuhr mit Schiffen, flog hin und her, bestieg Busse und rumpelte als Beifahrer auf einem Roller viele Kilometer über unbefestigte Bergstraßen. Es war anstrengend und aufwändig; um im Flüchtlingscamp der Rohingya fotografieren zu können, musste er sich eine Sondergenehmigung von der Regierung besorgen.

Er sei, sagt Strauch, dabei nicht als Aktivist oder Reporter, sondern als Mensch unterwegs gewesen. Wahrgenommen habe er ein Gefühl, das er so bisher aus keinem Land der Welt derart eindringlich kannte: eines der Verwirrung, in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gleichzeitig zu sein. Den Menschen habe er mit Respekt begegnen wollen. Er empfinde tiefe Dankbarkeit, "dass sie sich öffneten und mich durch ihre Augen an ihrer Wahrheit teilhaben ließen".

  Die Ausstellung "Myanmar-Projekt" ist in der Balinger Galerie Kunstblick, Neue Straße 44, bis 28. Januar zu sehen. Am Sonntag, 13. November, ist die Galerie von 15 bis 18 Uhr geöffnet; dabei wird auch der dazugehörende Bildband vorgestellt. Geöffnet ist die Galerie regulär dienstags bis freitags von 14 bis 18 Uhr sowie samstags von 9 bis 13 Uhr.