Übergabe des Zertifikats beim Fest zum 30-Jährigen: Die Balinger Waldorfschule ist ab sofort eine Fairtrade-Schule. Fotos: Fiedler Foto: Schwarzwälder-Bote

Waldorfschule: 30 Jahre Erziehung zur Freiheit / Reitemann: "Der Erfolg gibt dem Konzept Recht"

Von Julius Fiedler

 

Seit 30 Jahren gibt es die Freie Waldorfschule in Balingen. Das Jubiläum ist drei Tage lang gefeiert worden. Beim Festakt am Samstag wurde die Schule offiziell zur "Fair-Trade-School" ernannt.

Balingen-Frommern. 30 Jahre Freie Waldorfschule Balingen seien auf jedem Fall ein Grund zu feiern, meinte Ingrid Wischnewski als Mitglied der Schulleitung. Seit den Anfangsjahren habe sich natürlich einiges geändert. Das Leitbild der Waldorfschulen, Denken, Fühlen und Wollen gleichgewichtig zu behandeln und eine "Erziehung zur Freiheit" vorzunehmen, sei auch zum Bewältigen der künftigen Herausforderungen essenziell.

Gotthold Salzer, Gründungmitglied der Schule, geht sogar noch weiter: So wie heutzutage viele Menschen aus dem Bauchgefühl heraus etwas Gutes zu tun, etwa Bio-Produkte kaufen, werde sich auch ein kollektives Bauchgefühl für gute Erziehung im Sinne der Waldorfpädagogik entwickeln, sagte er. Bevor die Waldorfschule in Balingen 1986 gegründet werden konnte, war sehr viel Arbeit zu leisten. Rund sieben Jahre lang hätten die Vorbereitungen gedauert, bis es aus der Idee und dem Zusammenschluss Interessierter heraus zur Gründung kam. Größtes Problem sei gewesen, einen Gründungslehrer zu finden. Karl Sievers übernahm die Aufgabe, und es kamen weitere Lehrer hinzu – unter anderem Salzer –, sodass am Ende die Gründung mit 121 Schülern in vier Klassen gelang. Heute hat die Schule rund 400 Schüler. "Da ist ein Impuls gesetzt worden, der zu einem Erfolgsmodell geworden ist und Zukunft hat", sagte Salzer.

Für die Stadt Balingen sei die Ansiedlung ein Glücksfall gewesen, sagte Oberbürgermeister Helmut Reitemann. Sie habe das kulturelle Leben in der Stadt bereichert und sei nicht mehr wegzudenken. Es bestünden zwar noch gewisse Vorurteile gegenüber dieser Art von Pädagogik, doch gebe der Erfolg dem Konzept der Schule Recht.

Auch Vertreter der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Waldorfschulen und der Bund der Freien Waldorfschulen gratulierten und dankten der Balinger Einrichtung und vor allem den Eltern, die tat- und ideenkräftig unterstützen. Besondere Anerkennung erhielt die Schule für ihre Auszeichnung als 40. Fair-Trade-Schule in Baden-Württemberg. Um diese Auszeichnung zu bekommen, müssen fünf Kriterien erfüllt sein: Zunächst muss ein Fair-Trade-Schulteam bestehen, das in Frommern zahlreiche Eltern, Lehrer und Schüler um Maria Radetzki und Margit Vogel bilden. Darüber hinaus besteht eine enge Kooperation mit dem Weltladen.

Zweitens muss eine Absichtserklärung, ein "Fair-Trade-Kompass", formuliert und signiert werden. Und drittens müssen fair gehandelte Produkte an der Schule verkauft und verzehrt werden. In der Mensa gibt es beispielsweise Fair-Trade-Kaffee, im Schulweltladen verkaufen Schüler in den Mittagspausen faire Produkte. Sogar eine faire "Waldi-Schoki" mit von Schülern gestalteten Verpackungen gibt es. Zudem sind die Behandlung von Fair-Trade-Themen im Unterricht sowie Schulaktionen zur Fair-Trade-Thematik vorgeschrieben. An der Waldorfschule wurde sogar schon ein Theaterstück zum Thema aufgeführt.

Hans-Martin Hauch, der an der Schule Lehrer für Religionslehre war, sowie Bernhard Schädle-Horn und Cornelia Horn von der Fair-Trade-Steuerungsgruppe der Stadt freuten sich, in der Fair-Trade-Stadt Balingen jetzt auch eine Fair-Trade-Schule zu haben.

Nach dem Festakt herrschte auf dem Schulgelände, das zur "Stätte der Begegnung" wurde, ein buntes Treiben. Im Eurythmie-Saal war eine Fotoausstellung zu 30 Jahren Freie Waldorfschule Balingen zu sehen, und am späteren Nachmittag spielten noch diverse Bands von aktuellen und ehemaligen Schülern.