Schnell durch? Für Autos und Lastwagen gilt das in Endingen allemal, die B 27 macht's möglich. Alles andere als schnell durch ist hingegen die Ortsumfahrung, die sich viele Endinger wünschen.   Foto: Maier

Die gemeinsamen Nöte der B 27-Gemeinden – und der genaue Blick des Landes aufs Geld.

Balingen-Endingen - Wie lange müssen die B27-Anlieger in Endingen und Erzingen noch auf Ortsumfahrung warten? Optimisten sagen: frühestens 2020 könnte es losgehen. Pessimisten befürchten: Angesichts der von der grün-roten Landesregierung vorgegebenen Marschroute dauert's weitere Jahrzehnte.

Zum Beispiel Behla. Behla ist ein kleiner Ortsteil der Stadt Hüfingen im Schwarzwald-Baar-Kreis, hübsch gelegen – und mittendurch führt die Bundesstraße 27. Seit drei Jahrzehnten drängt der "Sonnenort der Baar" (Eigenwerbung) unweit der Schweizer Grenze auf die Ortsumfahrung – und im vergangenen Jahr schien es geschafft. Nach dem Abschluss des Planfeststellungsverfahrens erteilte das Regierungspräsidium Freiburg im April 2011 grünes Licht: Es kann gebaut werden. Entlang der B 27 wurden schon erste buchstäbliche Pflöcke eingeschlagen, Bagger verlegten schon Gasleitungen.

Umfahrung ist reif – aber noch nicht baureif

Doch dann kam der Regierungswechsel im Land – und am Montag dieser Woche aus Stuttgart eine Nachricht, die die Behlaer schockte: Das Verkehrsministerium legte eine Liste vor, in der die baureifen Straßenvorhaben "priorisiert" sind – und siehe da: In Behla rücken die Bagger wieder ab, der Bau der Ortsumgehung ist auf mittelfristige Zeit verschoben, sprich: frühestens 2018 kommen die Bagger wieder. Wenn überhaupt.

Am Beispiel Behla können die Endinger vor allem eines lernen, sofern sie es ohnehin nicht schon verinnerlicht haben: Auf eine Ortsumfahrung muss man mitunter buchstäblich ewig warten. Und mit der grün-roten Landesregierung könnte es noch länger dauern. Angesichts knapper Mittel seien eben nicht alle Wünsche finanzierbar, so Verkehrsminister Winfried Hermann.

Die Priorisierungs-Liste aus Stuttgart von Montag betrifft Endingen nicht direkt, weil darin nur die baureifen Vorhaben sortiert wurden. Die Ortsumfahrung Endingen ist zwar nach Meinung vieler Endinger längst reif, nur baureif ist sie eben noch nicht: Dieses Prädikat erhält ein Projekt erst nach Abschluss des Planfeststellungsverfahrens. Wenn es – im Falle von Bundesstraßen – dann auch in den sogenannten Investitionsrahmenplan des Bundes aufgenommen wird, kann's quasi losgehen.

Das Endinger Vorhaben ist davon noch weit entfernt. Noch nicht einmal das Planfeststellungsverfahren, das sich über Jahre hinzieht, hat begonnen. Indes hofft die Bürgerinitiative (BI) auf den Spätsommer dieses Jahres, wie deren Sprecher Gerd Ulrich gestern sagte: Dann will das Land eine weitere Prioritätenliste vorlegen, in der die Vorhaben aufgeführt sind, die in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans aufgenommen werden sollen.

Die Kriterien – Kosten-Nutzen-Verhältnis, Verkehrssicherheit, Lärmentlastung, Umweltverträglichkeit, Akzeptanz innerhalb der Bevölkerung sind nach Meinung der BI im Falle Endingens allesamt erfüllt. Wird die Ortsumfahrung tatsächlich als vordringlich eingestuft, ist es Sache des Bundes, ob das Vorhaben auch in den Investitionsrahmenplan aufgenommen wird. Die Endinger BI hat für diesen Fall vorgesorgt und sich einen Lobby-Termin im Bundesverkehrsministerium gesichert.

Und wann könnte es in Endingen losgehen? Gert Ulrich verweist zunächst auf den CDU-Bundestagsabgeordneten Thomas Bareiß. Der meine, wenn alles glatt gehe, könne mit der Ortsumfahrung 2020 begonnen werden. Ulrich selbst ist ein wenig vorsichtiger: Er nennt das Jahr 2035. "Besser spät als nie".

BI will "auf legalem Wege lästig sein"

Das dürfte angesichts der "nicht gerade rosigen Haushaltslage" (Ministerpräsident Kretschmann) eine ziemlich realistische Einschätzung sein. Zur Einordnung: Für die derzeit im Bau befindlichen Bundesstraßen braucht es nach Einschätzung der Landesregierung noch rund 800 Millionen Euro; die baureifen, aber noch nicht begonnenen Vorhaben kosten zusammen 3,7 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Baden-Württemberg erhält vom Bund derzeit jährlich 120 Millionen für den Bundesfernstraßenbau. Ob da irgendwann einmal auch Geld für Endingen drin ist?

Derweil arbeitet die BI Endingen-Erzingen weiter daran, die Verkehrssituation für die Anwohner auch ohne Umfahrung zu verbessern. Nach der Einführung der Tempo-30-Regelung haben die Mitglieder nun eine Verengung der Fahrbahn nahe der Ortseinfahrt aus Richtung Balingen im Blick; Schadstoff-Messungen sollen zudem das ebenfalls geforderte Durchfahrtverbot für Lastwagen begründen helfen.

Bis zum Bau der Ortsumfahrung solle alles versucht werden, um Verkehr aus Endingen herauszuhalten. Ulrich: "Wir werden weiter auf legalem Wege lästig sein."