Im Rahmen des Konzerts auf dem Balinger Marktplatz war es zu den Tätlichkeiten gekommen. (Symbolfoto) Foto: Bits and Splits/Fotolia.com

Prozess nach Schlägerei beim "a-ha"-Konzert auf Balinger Marktplatz. Urteil Ende November.

Balingen - Weil er bei einem Konzert auf dem Balinger Marktplatz eine Frau bewusstlos geschlagen haben soll, steht ein 51-Jähriger vor dem Balinger Amtsgericht. Zuvor soll die Frau der Gattin des Angeklagten heftig in den Finger gebissen haben.

Es war der 21. Juli 2018 gegen 21 Uhr: Auf dem Marktplatz gab die norwegische Popgruppe "a-ha" im Rahmen ihrer "Electric Summer Tour" ein Open-Air-Konzert auf dem Balinger Marktplatz. Fidel ging es zu, es wurde getanzt und gesungen.

Doch das gefiel nicht jedem: Eine 38-jährige Spaichingerin fühlte sich durch das ausgelassene Gehüpfe einer Frau aus einer vierköpfigen Gruppe, die vor ihr stand, gestört. Es kam zum Streit zwischen den beiden Popfans, in dessen Verlauf die 38-Jährige ihrer 44-jährigen Kontrahentin heftig in den Finger gebissen haben soll. Als deren Ehemann dies mitbekam, habe er sich von hinten an die 38-Jährige rangepirscht und sie mit einem heftigen Fausthieb auf den Kopf bewusstlos geschlagen – so der Vorwurf der Anklage.

Der Frau unterstellt, dass sie "am Hintern rumgefummelt" habe

Der 51-jährige Mann muss sich deswegen jetzt vor dem Balinger Amtsgericht verantworten. Dort schilderte die Geschädigte, die auch als Nebenklägerin auftritt, wie die Ältere sie provoziert habe, sie immer wieder tanzend angestoßen habe und ihr auch noch unterstellt habe, sie würde ihr "am Hintern rumfummeln". Als die Frau schließlich versucht habe, sie im Gesicht zu kratzen, habe sie diese in den Finger gebissen, um sich zu verteidigen. Daraufhin habe sie der Ehemann der Frau geschlagen und sei auch auf ihre Schwester losgegangen, mit der sie das Konzert besuchte.

Schließlich habe sich die Situation vermeintlich entspannt, und das Kontrahenten-Paar sei zusammen mit seinem begleitenden Pärchen von der Bildfläche verschwunden. Die 38-Jährige habe sich wieder dem Konzert gewidmet, doch urplötzlich habe sie einen Schlag auf den Kopf verspürt und gedacht: "Oh Scheiße, jetzt kommt der Boden." Mit dem Kopf sei sie auf das Pflaster geknallt und habe das Bewusstsein verloren.

Sie wurde ins Krankenhaus eingeliefert, wo sie drei Tage lang bleiben musste. Noch heute leide sie unter den Folgen des Angriffs, gab die Frau vor Gericht an. Immer wieder werde sie von heftigen Kopfschmerzattacken überwältigt, ihr Körper sei permanent verspannt. Sie müsse Antidepressiva nehmen, habe Angst vor Menschenmengen, meide Konzerte und Supermarktschlangen, gehe nicht mehr zu Fasnetsumzügen. Ohne Schmerzmittel würde sie das Haus nicht mehr verlassen. "Ich fühl mich wie ein Drogen-Junkie", sagte sie unter Tränen.

Auch ihre Schwester und ihr Mann, die mit beim Konzert waren, bestätigten die Schilderungen der 38-Jährigen. Sie wollen sogar gesehen haben, dass der Angeklagte noch versucht habe, nach dem Kopf der am Boden Liegenden zu treten. Der Tritt habe jedoch den Schwager getroffen, der sich schützend dazwischen gestellt und dafür einen Faustschlag ins Gesicht erhalten habe.

Durchaus anders stellen sich die Schilderungen der Frau des Angeklagten dar – er schweigt zu den Vorwürfen, sagt lediglich: "Ich wollte nur meine Frau verteidigen." Die Geschädigte habe sie mehrfach von hinten bedrängt. "Jetzt steigt sie mir dann auf die Schulter", habe sie zu ihrer Bekannten gesagt und ihren Mann gebeten, sich hinter sie zu stellen. Daraufhin sei es zu einem Gerangel gekommen, bei dem sie mit dem Finger auf die 38-Jährige gezeigt habe. Diese habe daraufhin ihren Arm gepackt und sich in ihren Finger regelrecht verbissen: "Sie hat gefletscht wie ein Hund."

Der Anblick des verletzten Fingers war für den Mann zu viel

Ähnlich waren auch die Aussagen zweier unbeteiligter Zuschauer. Ein 58-Jähriger berichtete, wie die neben ihm stehende Frau, die später niedergeschlagen wurde, sich immer wieder in seine "Schutzatmosphäre" gedrängt habe. Als der Angeklagte dann von der Toilette zurückgekommen sei und sich auf seinen alten Platz begab, wo mittlerweile die 38-Jährige stand, sei diese ausgerastet. Sie habe auf die Brust des Mannes eingetrommelt, es kam zur Rangelei und zum Fingerbiss gegen dessen Ehefrau. "Der Finger sah übel aus", sagte der Zeuge, der als Krankenpfleger arbeitet.

Als der Mann der Gebissenen die Verletzungen seiner Frau gesehen habe, "hat’s dem den Zeiger raus". Der Angeklagte sei daraufhin von hinten an die Geschädigte herangetreten und habe ihr mit der Faust auf den Kopf geschlagen, so dass sie zusammengesackt sei.

Der Verteidiger des 51-Jährigen beantragte, zwei Mediziner anzuhören, die bestätigen sollen, dass die Geschädigte bereits zuvor gesundheitliche Probleme hatte. Diese sollen nun am Dienstag, 26. November, von 13.30 Uhr an vernommen werden. Im Anschluss wird dann nach den Plädoyers das Urteil erwartet.