Das Logistik-Zentrum in Balingen Foto: Maier

Ehemaligem Leiter des Logistikzentrums wird Bestechlichkeit vorgeworfen. Zwei weitere Personen angeklagt.

Balingen - Nach umfassenden Ermittlungen ist die Staatsanwaltschaft Hechingen sicher: Der frühere Leiter des Logistikzentrums von Edeka in Balingen hat sich der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr schuldig gemacht. Gegen den Mann und zwei weitere Angeschuldigte wurde Anklage erhoben.

Ebenfalls angeklagt ist nach Angaben der Staatsanwaltschaft die Frau des früheren Niederlassungsleiters: Ihr werden Beihilfe zur Bestechlichkeit sowie Begünstigung vorgeworfen. Außerdem ist der Mitgesellschafter beziehungsweise Geschäftsführer zweier Firmen, die in geschäftlichen Beziehungen zur Balinger Edeka-Niederlassung standen, der Bestechung im geschäftlichen Verkehr angeschuldigt.

Die Anklageerhebung ist recht frisch; über die Zulassung hat das Balinger Amtsgericht noch nicht entschieden. Die Angeschuldigten bestreiten die Vorwürfe.

Angeschuldigter soll Geld für Auftragsvergaben erhalten haben

Die nach den Ermittlungen der Hechinger Staatsanwaltschaft strafrechtlich relevanten Vorgänge sollen sich zwischen September 2012 und April 2015 abgespielt haben. Als einschlägig sehen die Ermittler Paragraf 299 des Stragesetzbuchs an: Dieser stellt Handlungen von Angestellten oder Beauftragten von Unternehmen unter Strafe, die im geschäftlichen Verkehr "einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordern, sich versprechen lassen oder annehmen, dass sie bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzugen"; ebenso, wenn eine solche Mauschelei ohne Einwilligung und zulasten des Unternehmens begangen wird – kurz und knapp: Bestechlichkeit. Mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe wird ebenso bestraft, wer einen Angestellten oder Beauftragten eines Unternehmens zu solchen krummen Dingern anstiftet – Stichwort: Bestechung.

Im konkreten Fall soll der frühere Edeka-Niederlassungsleiter nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft Geld beziehungsweise geldwerte Leistungen dafür erhalten haben, dass er Aufträge namens Edeka an die Firmen des mitangeklagten Mannes vergeben hat.

Die Leistungen seien dabei durchaus zu marktüblichen Preisen angeboten und auch erbracht worden, sodass Edeka selbst wohl kein strafrechtlich nachweisbarer Schaden entstanden sei. Allerdings, so die Staatsanwaltschaft, seien durch diese Mauscheleien der vom Paragraf 299 geschützte "freie Wettbewerb" sowie möglicherweise auch Mitbewerber geschädigt worden.

Ans Licht kamen die mumaßlichen kriminellen Vorgänge im Sommer 2017. Damals wurden die Balinger Edeka-Niederlassung und weitere Objekte durchsucht. Dabei stellten die Ermittler umfangreiches Beweismaterial sicher. Dem Niederlassungsleiter wurde gekündigt. An der Edeka-Pforte war anschließend für einige Zeit ein Foto des Mannes samt dem Hinweis "Hausverbot" angebracht.

Die weiteren Ermittlungen gestalteten sich komplex und zeitaufwändig. Es mussten nach Darstellung der Staatsanwaltschaft Auftrags- und Buchungsunterlagen ausgewertet und die finanziellen Verhältnisse der Beschuldigten umfassend erforscht werden. Dafür seien umfangreich Datenträger ausgewertet worden. Zudem habe man Indizien ermitteln und Verbindungen feststellen müssen, da Täter in solchen Fällen erfahrungsgemäß keine schriftlichen Verträge über ihr unlauteres Tun abschließen. Gleichwohl sind die Ermittler nun sicher, den Beschuldigten strafrechtlich relevante Vergehen nachweisen zu können.

Wegen der mutmaßlichen Vorgänge durch einen Angestellten in ihrem Haus hat laut Staatsanwaltschaft auch Edeka selbst Strafantrag gestellt. Die Ermittlungsbehörde wiederum hat das "besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung" bejaht.

Staatsanwaltschaft sieht Straferwartung von mehr als einem Jahr

Theoretisch hätte man die Vorwürfe auch auf dem Weg des Strafbefehlverfahrens erledigen können; dies ist unter anderem dann möglich, wenn die Staatsanwaltschaft davon ausgeht, dass am Ende eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr zu erwarten sind. Aufgrund der "Gesamtumstände" sieht die Staatsanwaltschaft in diesem Fall allerdings eine sogenannte Straferwartung von mehr als einem Jahr, weshalb sie Anklage erhoben hat. Ob die Vorwürfe zutreffen, das wird damit am Balinger Amtsgericht in einer öffentlichen Verhandlung geklärt.