Gemeindearchivarin Dorothee Kühnel überreichte im Namen der Gemeinde ein Geschenk an den Referenten des Abends, Uwe Gradwohl.Foto: Braun Foto: Schwarzwälder Bote

Vortrag: Uwe Gradwohl stellt innerhalb der Reihe "Baiersbronner Geschichte(n)" die Apfelblüte in den Fokus

Einen anschaulichen Vortrag über die jährliche Apfelblüte und die Mitmachaktion des SWR Baden-Baden hielt Uwe Gradwohl im Baiersbronner Rosensaal.

Baiersbronn. Im Rahmen der Vortragsreihe "Baiersbronner Geschichte(n)", die der Heimat- und Kulturverein der Gesamtgemeinde Baiersbronn veranstaltet, war der studierte Physiker nach Baiersbronn gekommen.

Gemeindearchivarin Dorothee Kühnel begrüßte die Gäste und freute sich über einen weiteren interessanten Redner in der Vortragsreihe. "Wir haben uns vor vielen Jahren bei einem gemeinsamen Buchprojekt kennengelernt. Schon damals hat mich die Apfelblütenaktion fasziniert", so Kühnel.

Gradwohl ist heute Leiter der SWR-Redaktion Wissen Aktuell und hatte vor 15 Jahren die Idee der populären Bürgerforschung. "Es war bei einem Frühstück mit Weißwurst und Brezeln als wir die Idee hatten, gemeinsam mit unserem Publikum den Verlauf der Apfelblüte zu dokumentieren", erinnert er sich zurück. Seit 2006 melden sich jedes Jahr Menschen aus ganz Deutschland, um mit Fotos und Standorten die ersten Apfelblüten zu dokumentieren, inzwischen beteiligen sich Tausende an der Aktion.

"Die Apfelblüte markiert in der Phänologie, also der Wissenschaft, die ihre Erkenntnisse aus Naturbeobachtungen zieht, den Beginn des sogenannten Vollfrühlings", erklärte der Experte. Mit kleinen Beispielen und vielen anschaulichen Bildern berichtete Gradwohl von den Anfängen der Aktion, über die Tücken der Studie und von der großen Begeisterung der Menschen, die sich jedes Jahr aufs Neue melden.

"Je früher die Apfelbäume blühen, umso milder ist der Witterungsverlauf. Über die Jahre hinweg können wir bis jetzt von einem leichten Anstieg der Temperaturen sprechen", so Gradwohl. Die Aktion trage auch zur Klimaforschung bei. In mehr als 30 000 Apfelblüten-Datensätzen wurde bisher der Verlauf der Frühlingswochen in Deutschland dokumentiert. "Wenn wir Fotos mit dem sogenannten Mausohrstadium, der ganz frühen Knospe, bekommen, können wir sagen: In wenigen Tagen blüht der Baum", erklärte Gradwohl.

"Sicher ist bei allen Meldungen auch eine gewisse Unsicherheit dabei. Aber wichtig ist, dass das Ergebnis stimmt." Es werde sowohl der Beginn der Blüte als auch das Ende der Blüte registriert. Ein Fragebogen diene dabei zur Erfassung der Daten und der Meldungen.

Baum hat einen Spitznamen

"Der höchste Apfelbaum in Deutschland steht oberhalb des Schluchsees im Südschwarzwald auf rund 1090 Metern, aber auf dem Schliffkopf steht der höchste Apfelbaum des Nordschwarzwalds auf rund 1048 Metern", berichtete der Wissenschaftler. Dieser Baum werde von ihm und seinem Team liebevoll "Struppi" genannt, weil es ein wilder, eher strauchartiger Apfelbaum sei.

Am Ende gab es eine Zusammenfassung der Forschungsergebnisse. Anhand von Balkendiagrammen und eigens angefertigten Karten konnten die Gäste genau erkennen, wie sich die Apfelblüte über ganz Deutschland ausbreitet. "Im Laufe der letzten 15 Jahre hat sich der Beginn der Apfelblüte zum Beispiel um rund eine Woche nach vorne geschoben", sagte Gradwohl.

Beim Vergleich mit den eher wissenschaftlich und gezielt erhobenen Daten des Deutschen Wetterdienstes konnte man feststellen, dass auch die Daten der Bevölkerung ein fast gleiches Ergebnis brachten. "Wir können so auch festhalten, wie sich das Klima verändert", erklärte Gradwohl. Allerdings müssten, um ganz fundierte Ergebnisse zu haben, noch 15 weitere Jahre Daten gesammelt werden.

Gradwohl will die 30 Jahre vollmachen und freut sich, dass bereits jetzt 1500 bis 4000 Beobachter ihm jährlich die ersten Blütenbilder zur Verfügung stellen. Der alljährliche Wettstreit um die Entdeckung der ersten Apfelblüte des Frühlings in Deutschland soll also auch in den nächsten Jahren weitergehen.