Namens-Papst Konrad Kunze referierte im Kurhaus Schönmünzach. Foto: Stadler Foto: Schwarzwälder Bote

Bildung: Konrad Kunze gibt bei Vortrag humorvollen Einblick in die Herkunft und Verbreitung

Bis vor 800 Jahren kamen die Menschen in Deutschland mit nur einem Namen aus. Zur Unterscheidung gab man sich gegenseitig einen zweiten, den Familiennamen. Die standen im Fokus bei einem Vortrag von Namens-Papst Konrad Kunze im Kurhaus Schönmünzach.

Baiersbronn-Schönmünzach. Auf großes Interesse stieß der vierte Vortragsabend der Reihe "Baiersbronner Geschichte(n)" mit dem Literatur- und Sprachwissenschaftler Konrad Kunze. In seinem Vortrag beleuchtete Kunze unter der Überschrift "Unsere Familiennamen – Herkunft, Bedeutung und Verbreitung" die häufig vorkommenden Namen im Raum Baiersbronn und Umgebung.

In seinem unterhaltsamen und mitunter witzigen Vortrag referierte der ehemalige Uni-Professor vor einem interessierten Publikum von rund 100 Zuhörern. Für den Abend in Schönmünzach hatte sich der 79-jährige Namensforscher Kunze mit den im Raum Baiersbronn vorkommenden Namen auseinandergesetzt und erläuterte deren Herkunft und Bedeutung. Dazu wurde er von Bürgermeister Michael Ruf, der zugleich Vorsitzender des veranstaltenden Heimat- und Kulturvereins der Gesamtgemeinde ist, willkommen geheißen.

Anfänge liegen etwa 800 Jahre zurück

Dass Familiennamen noch gar nicht so alt sind, wurde schnell klar. Die Anfänge in Deutschland liegen etwa 800 Jahre zurück, als Köln 30 000 Einwohner zählte und etwa 1500 Männer den Namen Johannes trugen. Eine Unterscheidung musste her. Diese basiert, so Kunze, auf fünf Möglichkeiten. Da wäre zunächst der Vater oder die Mutter als Namensgeberin im Sinne von "Sohn von…". Die zweite Möglichkeit ist die Wohnstätte, beispielsweise am Berg oder am Bach. Die Herkunft ist eine weitere Möglichkeit für die Namensgebung (Würzburger, Winkler) ebenso wie der Beruf (Schuhmacher, Müller). Und alle Namen, die dann noch übrig bleiben, gehen auf das Aussehen oder den Charakter der Person zurück, wie beispielsweise Dickbauch. "Keiner", wusste Kunze, "gab sich seinen Familiennamen selber, und manchmal fiel die Auswahl nicht besonders sympathisch aus", meinte er augenzwinkernd und nannte dabei auch beispielhaft den Namen A…loch, der die charakterliche Eigenschaft der Person in den Vordergrund stellte.

In Deutschland gebe es 850 661 verschiedene Familiennamen, hinzu kämen noch 245 333 Doppelnamen. "Über jeden auch nur eine Minute zu referieren, könnte bis mindestens ins Jahr 2020 reichen", stellte er lächelnd fest, um sich dann aber auf die in der Gegend verbreiteten Namen zu fokussieren.

Dass Namen aus Dialekten stammen und sich im norddeutschen anders etablierten als im süddeutschen Raum, verdeutlichte Kunze an Beispielen. So ist der in Schweden verbreitete Namen Jakobson (also Sohn von…) in Nordrhein-Westfallen als Jakobs und in Bayern nur noch als Jakob verbreitet. Dass die Menschen relativ sesshaft sind, belegte Kartenmaterial, das Kunze zeigte. Große und kleine Punkte auf zahlreichen Deutschlandkarten zeigten die Verbreitung der einzelnen Namen, die aufgrund von Telefoneintragungen eruiert wurden. Zog einer in den Nachbarort, heiratete dort und gab hier seinen Namen weiter, so sprach man von der sogenannten "Kirmesdistanz".

Ruf ist ein halber Rudolf

Zahlreiche Namen sind nur noch die Hälfte von dem, was sie ursprünglich waren, nämlich ein Teil eines Vornamens. So ist beispielsweise Ruf oder Ruoff ein halber Rudolf, während Nübel auf die Nibelungen zurückgeht, und Braun ist die Hälfte von Brunhard. Im Schwäbischen wird an den Namen gerne die Verniedlichung mit einem -le angehängt, und endet der Name auf "mann", so kommt er aus dem Westen. Am interessantesten fand Kunze den Namen Bareiss, der darauf schließen lasse, dass die Person in Paris gewesen sein muss. Am häufigsten jedoch wurden Berufe als Namen gewählt, wie der an Platz eins in Deutschland rangierende Müller, gefolgt von Schmidt, Schneider, Fischer und Meyer. Bei den am meisten verbreiteten Namen rangiert erst an der 14. Stelle mit dem Namen Klein kein Beruf. Selbst nach so langer Zeit lässt sich noch über die Herkunft der Vorfahren über den Namen eine Aussage treffen, da die Menschen damals meist zunft- oder standesgemäß heirateten und das Erbgut so in doppelter Form weitertransportiert wurde.

Kunze lüftete auch noch das Geheimnis vom sogenannten "Meyer-Loch", einem Bereich in der Mitte von Deutschland, wo der im Norden verbreitete Name Meyer oder die im Süden verwendete Form Mayer nicht vorkommt, weil hier Hof(f)mann angesiedelt ist. Dass Kraußhaar für lockiges Haar oder Rothfuchs für rotes Haar steht, erfuhren die begeisterten Zuhörer ebenfalls und darüber hinaus, dass, wer Finkbeiner heißt, Vorfahren mit dünnen Beinen hatte. Es gab viel zu lachen beim bereichernden Vortrag des Herausgebers des "Deutschen Familienatlas" und Autors des dtv-Atlas "Namenskunde", Konrad Kunze.

Bürgermeister Michael Ruf dankte für die humorvollen Ausführungen, die so manchen Aha-Effekt nach sich zogen und für zahlreiche Lacher im Saal sorgten. Der 90-minütige Vortrag wurde mit viel Beifall bedacht.

 Die nächste Veranstaltung der Reihe "Baiersbronner Geschichte(n)", organisiert von Dorothee Kühnel vom Heimat- und Kulturverein, findet am Mittwoch, 20. Februar, ab 19 Uhr im Rosensaal statt. Referent ist Gerhard Maier vom Landesarchiv Baden-Württemberg.