Die Mobilität in der Region ist eines der zentralen Themen bei der Zukunftssicherung für den ländlichen Raum. Foto: Schwark

Ministerpräsident spricht bei "Dunkle Wälder – Bunte Perspektiven" über mögliche Maßnahmen zur Stärkung von Regionen.

Baiersbronn - Hoher Besuch in Baiersbronn: Am Mittwoch wird der Ministerpräsident in die Feriengemeinde kommen. Im kleinen Kreis will Winfried Kretschmann nichtöffentlich mit Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Tourismus darüber beraten, wie man den ländlichen Raum stärken kann.

Kretschmann kommt im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Dunkle Wälder – Bunte Perspektiven", bei der stellvertretend für viele Landregionen Baden-Württembergs die Frage diskutiert wird, wie der ländliche Raum trotz demografischen Wandels künftig einen starken Platz neben den Ballungsräumen im Südwesten haben kann.

Diese Frage stellt sich einer ebenfalls intensiv: Steffen Schoch, Geschäftsführer von der Wirtschaftsförderung Zukunftsregion Nordschwarzwald GmbH (WFG). Im Rahmen des RegioWIN-Wettbewerbs um europäische Fördermittel hat er an einem regionalen Entwicklungskonzept für die Region Nordschwarzwald mitgearbeitet und weiß genau, welche zentralen Punkte er Kretschmann mit nach Stuttgart geben würde.

"Der ländliche Raum hat Zukunft und ist alles andere als hinterwäldlerisch", sagt Schoch, nur diese Erkenntnis müsse in die Köpfe und dürfe sich nicht in Sonntagsreden erschöpfen. Um das Ausbluten der Landregionen zu verhindern, könne viel getan werden, meint der Experte, allerdings sei dabei auch das Land als Partner stark gefordert. Zum Beispiel bei folgenden Punkten:

Stärkere Kooperationen zwischen Wirtschaft und Wissenschaft: Eigentlich könnte hier das Projekt Nationalpark als Vorbild dienen. Politik, Wirtschaft und Wissenschaft müssten im Nordschwarzwald Hand in Hand arbeiten, um nachhaltige Strukturen zu entwickeln, die die Landflucht stoppen, meint Schoch. Die Region alleine könne das nicht leisten, so der WFG-Geschäftsführer. Er wünscht sich eine intensive Einbindung der Hochschulen des Landes bei der Stärkung der Landregion.

Der Nordschwarzwald habe durchaus das Zeug zur Modellregion, in der wissenschaftlich begleitete Projekte entwickelt werden können, die den ländlichen Raum und damit das ganze Land stärken, so Schoch. Zum Beispiel durch Forschungskooperationen zwischen hiesigen Unternehmen und wissenschaftlichen Institutionen, die die Innovationsleistung und Wettbewerbsfähigkeit der Wirt-schaft auf dem Land steigern. Konkrete Vorschläge dazu hat er auch: So könnte beispielsweise in Horb ein Technologiezentrum für die Kunststoffbranche entstehen und im Raum Freudenstadt eines für die Holzwirtschaft und angegliederte Branchen. "Immerhin sind wird vermutlich die einzige Region in Deutschland, die in der Holzbranche die komplette Wertschöpfungspalette abdeckt", so Schoch.

Ausbau der Mobilität in der Region und überregional: Wer Menschen in die Region bringen oder sie dort halten will, braucht ein flächendeckendes und abgestimmtes Mobilitätskonzept, meint Schoch. Dabei sollten Land, Kommunen und Wirtschaft eng kooperieren, um ein modellhaftes Mobilitätskonzept für den ländlichen Raum zu entwickeln, so der WFG-Geschäftsführer. Ein Beitrag der Wirtschaft könnte beispielsweise die Einrichtung eigener Buslinien für Mitarbeiter sein.

Der Nordschwarzwald als Modellregion für Energieeffizienz: Die Energieeffizienz sieht Schoch als wichtiges Element für die Entwicklung der Wirtschaft auf dem Land und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen. Die Region könne gerade durch die Nutzung nachhaltiger Werkstoffe Modellregion für das Gelingen der Energiewende werden, meint er.

 Bessere Nutzung der Potenziale des Arbeitsmarkts: Die Konkurrenz wird immer größer, und im nationalen und internationalen Wettlauf um Fachkräfte hat der ländliche Raum keine einfache Startposition. Das gilt laut Schoch für fast alle Branchen, insbesondere aber für technische Berufe und den Dienstleistungsbereich.

Neben der Förderung von Kooperationen zwischen den Unternehmen ist für den Experten hier vor allem die Bildung vor Ort eines der Schlüsselthemen: "Wir brauchen moderne Schulen, innovative Ausbildungseinrichtungen und einen Klassenteiler, der den Strukturen des ländlichen Raums angepasst wird", fordert Schoch. Die Idee, im beruflichen Bereich den Spieß mal umzudrehen und Städter auf die Landschulen zu schicken, hält er für gut: "Wir müssen junge Leute für den ländlichen Raum gewinnen, doch dazu müssen sie erst einmal kommen und ihn kennenlernen", so Schoch.

Die Bildung, glaubt der WFG-Geschäftsführer, wird das entscheidende Thema sein, wenn es um die Frage geht, ober der ländliche Raum in Baden-Württemberg eine Zukunft hat. "Wenn wir die Strukturen halten wollen, müssen wir die alten Trampelpfade verlassen", so Schoch.