Gerhard Gaiser ist seit 40 Jahren Kreisvorsitzender der SPD. Foto: SPD Foto: Schwarzwälder Bote

Partei: Gerhard Gaiser seit 40 Jahren an der Spitze des SPD-Kreisverbands / Leidenschaftlicher Einsatz bei Wahlkämpfen

Gerhard Gaiser aus Baiersbronn-Obertal ist seit 40 Jahren Vorsitzender der SPD im Landkreis Freudenstadt und damit deutschlandweit der dienstälteste Kreisvorsitzende.

Kreis Freudenstadt. Mit seinen 66 Jahren hat Gerhard Gaiser in seiner politischen Karriere schon viele Ämter ausgeübt und manche Rekordmarken gesetzt, zum Beispiel 1980 als jüngster SPD-Landtagskandidat im Land. Seine außerordentlichen Kontakte und Verbindungen bis in die höchsten Etagen der Parteihierarchie hat er immer wohl gepflegt. Sie haben seiner Heimatgemeinde und der Region schon viel genutzt.

Noch immer weiß der routinierte Kommunalpolitiker seine politischen Strippen zu ziehen, weiß von den neuesten Trends und Hintergründen, kennt den aktuellen Polit-Klatsch. Es war die Friedens- und Entspannungspolitik eines Willy Brandt und dessen Abkehr vom Kalten Krieg, die Gerhard Gaiser im März 1971 zum Eintritt in die SPD bewegten, wo er drei Jahre später den Vorsitz des Ortsvereins Baiersbronn übernahm.

Willy Brandt und der linke Vordenker Erhard Eppler, der damals in Dornstetten lebte, prägten Leben und Politik des damaligen Radio- und Fernsehtechnikers und heutigen Seminarleiters Gaiser nachhaltig. Immer wieder war Brandt zu gemeinsamen Wanderungen und Aktionen in Baiersbronn und im Landkreis Freudenstadt. Gaiser traf ihn und Eppler fast regelmäßig, organisierte als junger Ortsvorsitzender mit Brandt 1975 seine erste politische Großveranstaltung in der Schwarzwaldhalle. Gaiser entdeckte bei der Landtagswahl für die damalige SPD-Abgeordnete Elisabeth Nill seine Liebe zur Landespolitik, kandidierte selbst, allerdings erfolglos, 1980 und 1984 für den Landtag. Gaiser saß seit 1980 und bis vor Kurzem für seine thematischen Schwerpunkte Umwelt, Energie, Verkehr in fast jeder Sitzung des SPD-Landesvorstands. Sein kommunalpolitisches Engagement litt darunter nicht.

In zahlreichen Organisationen aktiv

Gerhard Gaiser ist seit vielen Jahren Bezirksbeirat in Obertal, Gemeinderat in Baiersbronn und Kreisrat im Kreis Freudenstadt, wurde mit der silbernen und goldenen Ehrennadel des Gemeindetags ausgezeichnet. In zahlreichen Organisationen und Vereinen brachte und bringt er sich aktiv ein. Das reicht von der Aktion Streckenerhalt bis zum Gründungsmitglied der Aktionseinheit gegen das Waldsterben und Mitgliedschaft bei der Arbeiterwohlfahrt oder beim Bürgerbündnis gegen Rechts.

Die SPD hat ihn mit ihrer höchsten Auszeichnung, der Willy-Brandt-Medaille, geehrt. Als er das 30. Jahr als SPD-Kreisvorsitzender feierte, hielt der heutige Außenminister Siegmar Gabriel die Festrede. Dankbar erinnert sich Gaiser an seine politischen Wegbegleiter, denkt an die inzwischen verstorbene Bundestagsabgeordnete Liesel Hartenstein und deren Nachfolgerin Renate Gradistanac, mit denen er sich wöchentlich zumindest telefonisch abstimmte.

Auch Gustav Heinemann, später Bundespräsident, war oft zu Gast im Kreis Freudenstadt, war dieser doch mit Gerhard Hertel der stärkste Wahlkreis der damaligen GVP (Gesamtdeutsche Volkspartei). Oder Bundespräsident Johannes Rau, der bei jedem Wiedersehen regelmäßig als erstes fragte, wie es dem Freudenstädter Musikhaus Rudert geht. Sein Interesse war dabei höchst persönlicher Natur. Als Bub hatte Rau seine erste Blockflöte im Freudenstädter Musikhaus bei Helene Rudert gekauft.

Trotz leidenschaftlichen Einsatzes für die SPD, an der er gelegentlich auch schier verzweifeln konnte, spürte Gaiser nie "Feindschaften" zu Politikern anderer demokratischen Parteien, pflegte und pflegt noch heute Freundschaften. Er denkt an die vielmals bewährten Einsätze für ein gemeinsames Ziel auf Kreisebene beispielsweise mit den CDU-Politikern Carmina Brenner (Horb), Heinz Hornberger (Waldachtal) oder Otto Dewitz (Freudenstadt).

Keine Kompromisse will Gerhard Gaiser mit der AfD eingehen, "von denen einige die Sprache der Nazis sprechen", wie Gaiser sagt. Die rechte Szene im Kreis Freudenstadt kennt er ganz gut, die müsse man gut im Auge behalten. In der Wahl Trumps zum US-Präsidenten sieht er den Weltfrieden gefährdet. Die Sozialdemokraten, so sagt Gaiser, müssten jetzt eine neue Ära der Friedens- und Entspannungspolitik einleiten und sich rüsten für künftige Regierungsübernahmen: "Die SPD hat dazu die guten Leute."

Viele Erfahrungen gesammelt

Gaiser ist ein leidenschaftlicher und nimmermüder Kämpfer bei Wahlen aller Art und hat viele Erfahrungen in Wahlkämpfen gesammelt, für die er regelmäßig seinen Jahresurlaub opferte. So erinnert er sich schmunzelnd an die Zeiten, als die SPD noch bei Nacht und Nebel Plakate klebte: "Einmal ist mir einer auf dem Kniebis mit dem Messer nachgegangen, ein anderer hat mir Prügel angedroht". Als junger SPD-Ortsvorsitzender hatte er bei einer Bundestagswahl über 100 Veranstaltungen bestritten und in jeder Ortschaft des Kreises gesprochen. Auch in Wörnersberg und Grömbach, in der die SPD nie über fünf Prozent der Wählerstimmen hinauskam. Gaiser erinnert sich an eine denkwürdige Wahlveranstaltung, zu der der Gastraum des Dorfgasthauses zu seiner grenzenlosen Überraschung die vielen Zuhörer kaum fassen konnte. Der junge Sozi legte sich ins Zeug und hielt eine flammende Wahlrede. Am Abend der Wahl schaute er sich das Ergebnis für die SPD in dieser Gemeinde ganz genau an. Sein leidenschaftlicher Einsatz war nicht umsonst gewesen: Die SPD hatte genau eine Stimme dazugewonnen.