Léa Poirier aus der Bretagne drückt heute Abend lieber der französischen Mannschaft die Daumen. Foto: Riesterer Foto: Schwarzwälder-Bote

Europameisterschaft: Für zwei Französinnen aus der Region zählt beim Sport vor allem, dass dieser die Menschen verbindet

Von Fabian Riesterer

Heute Abend steht bei der Fußball-Europameisterschaft das Halbfinale der deutschen Elf gegen Gastgeber Frankreich an. Für zwei Französinnen aus dem Kreis steht der Sieger bereits fest.

Freudenstadt/Baiersbronn-Mitteltal. Lächelnd sitzt Léa Poirier in der Biedermeier-Stube im Hotel Bareiss. Die 21-Jährige aus der Nähe von Rennes in der Bretagne absolviert derzeit ein viermonatiges Praktikum in Baiersbronn-Mitteltal, um während ihres Studiums zur Hotelfachfrau Praxis-Erfahrung zu sammeln. Wie die Franzosen zu Hause ist sie überzeugt: "Frankreich gewinnt. Mein Tipp lautet 3:1."

Ein Klischee schafft sie dabei aus der Welt: "Nein, die Franzosen genießen zum Fußball keinen Wein. Auch wir trinken dann eher mal ein Bier." Das ist bei Fabienne Janz aus Dole im Département Jura anders. "Mir bekommt das Hopfengetränk immer noch nicht, da steht eher ein französischer Wein auf den Tisch", sagt die 46-Jährige. Doch auch Janz, die bei Freudenstadt-Tourismus arbeitet, glaubt eher an einen Sieg der "Bleus".

Obwohl sie Baseball bevorzugt, habe die Europameisterschaft doch das Fußball-Fieber bei ihr geweckt, sagt Poirier. "Das liegt vor allem daran, dass ich mit den Hotelgästen häufig über Fußball ins Gespräch komme". Sie lacht und erzählt, dass sie kürzlich abends sogar mit einer fußballverrückten Freundin telefoniert hat, um einige Informationen einzuholen. Nur, um mit etwas Fachwissen glänzen zu können – vorbildlich.

Gerade bei den Telefonaten mit Freunden erfahre sie von der Euphorie zu Hause, doch auch die Stimmung in Deutschland sei beeindruckend. Eine Beobachtung, die Janz ebenfalls gemacht hat. Wehende Fähnchen und die Begeisterung ihrer Mitmenschen hätten sie zuletzt einfach angesteckt: "Da hat mich völlig unerwartet das Fußball-Fieber wieder gepackt."

Bei allem sportlichen Ehrgeiz beharren beide Frauen auf einen wichtigen Aspekt. Beim Public Viewing am Wochenende in Freudenstadt ist Poirier aufgefallen, wie sehr Fußball verbindet. Menschen, die sonst nichts miteinander zu tun haben, jubeln in diesem Moment für eingemeinsames Team. Das sei das Schöne an diesem Sport. Janz sieht das genau so. Sie ist überzeugt: "Zuletzt geht es bei der EM um ein Freundschaftsspiel der Nationen. Um ein gemeinsames Erlebnis, das uns in Europa zusammenschweißen soll. Auch wenn das idealistisch klingen mag."

Das Halbfinale heute Abend wird Léa Poirier sich mit Kollegen vom Hotel Bareiss im Naturbad Mitteltal anschauen. "Obwohl oder gerade weil ich die einzige Französin hier bin, werde ich Frankreich umso lauter anfeuern", gibt sie sich motiviert. Zum Finale möchte sie nach Paris fahren – und ein bisschen scheint Deutschland doch ihr Herz erobert zu haben: "Wenn Deutschland gewinnt, werde ich die Mannschaft am Sonntag natürlich trotzdem anfeuern". Für Fabienne Janz steht ebenfalls fest, dass ihr Herz sowohl für ihr Herkunftsland als auch ihre hiesige Heimat schlägt.

Als sich im Lauf des Turniers das Duell gegen Deutschland andeutete, hat sich Poirier schon von Gästen den einen oder anderen Spruch anhören müssen. "Das hat mir nichts ausgemacht." Eine ihrer Kolleginnen hört das und meint, das kenne sie nur zu gut, sie komme aus Brasilien. Sicher, an das letzte deutsche Halbfinale gegen einen Gastgeber möchten Léa Poirier und Fabienne Janz heute Abend bestimmt nicht erinnert werden.