Mahnt zu Investitionen in die Bahn: Christian Böttger. Foto: imago//Thomas Bartilla

Woher sollen die Mittel für besseren Schienenverkehr kommen? Wirtschaftsprofessor Christian Böttger warnt die Regierung vor Kürzungen – und sieht Sparpotenzial beim DB-Konzern und dem Deutschlandticket.

Herr Böttger, was bedeutet das Finanzdebakel beim Klima- und Transformationsfonds (KTF) für den Schienenverkehr?

Der Bund hat der Bahn bis 2027 rund 40 Milliarden Euro zusätzlich für die Modernisierung der Infrastruktur zugesagt. Rund ein Drittel der Mittel sollte aus dem KTF kommen. Gelingt es nicht, die Mittel aus anderen Quellen zu ersetzen, würde sich die Sanierung des Bestandsnetzes verzögern. Die Bahn steht zwar nicht vor dem Abgrund, aber es wäre ein Rückschlag für die Verlagerungs- und Klimaziele.

Mit welchen Folgen für die Bahnkunden?

Sollten Mittel für die Sanierung der Bahninfrastruktur gestrichen werden, würden zuerst einmal Baustellen entfallen. Kurzfristig könnte dadurch die Zuverlässigkeit sogar besser werden, aber der Verfall der Infrastruktur ginge weiter. Je länger Sanierungen verschoben werden, desto größer wird der Investitionsstau und umso massiver müssen veraltete Anlagen dann später repariert, modernisiert und ersetzt werden. Am Ende ist der Streckenzustand so schlecht, dass Züge langsamer fahren müssten und der Schienenverkehr noch unzuverlässiger würde.

Welche Lösungen könnte es geben, um die zugesagten Finanzierungen auf andere Weise sicherzustellen?

In den letzten Jahren wurde in den öffentlichen Haushalten sehr großzügig Geld für Wahlgeschenke und zur Subvention von Konsumausgaben bereitgestellt. Statt in der jetzigen Haushaltskrise Investitionen zur Disposition zu stellen, sollte zuerst geprüft werden, ob nicht eher Konsumsubventionen gestrichen werden sollten. Im Verkehrshaushalt fällt dabei der Blick auf das Deutschland-Ticket, dass jährlich Zuschüsse von fast 4 Milliarden Euro erfordert, wobei die Länder die Hälfte dieser Mittel beisteuern. Bei der Einführung des Deutschland-Tickets haben Regierungsvertreter versichert, diese Mittel würden nicht der zu Lasten der Investitionen gehen – tatsächlich ist genau diese Situation entstanden.

Welchen Beitrag kann die Deutsche Bahn leisten?

Auch beim Staatskonzern gibt es Sparpotenzial. Beim „Overhead“, also dem großen Verwaltungswasserkopf, könnten die jährlichen Ausgaben um eine Milliarde Euro reduziert werden. Zudem könnte die DB AG ihre Geschäfte verkaufen, die nichts mit der Eisenbahn zu tun haben, insbesondere die weltweit aktive Spedition DB Schenker mit ihrer Lkw-Flotte. Das brächte Erlöse in Milliardenhöhe, mit denen man einen Investitionsfond speisen und damit die Mittel des Bundes ergänzen könnte.

Wie bewerten Sie die Bahn- und Finanzpolitik der Regierung?

Deutschland hat in den letzten zwei Jahrzehnten die Investitionen in die Eisenbahn dramatisch vernachlässigt. Auch jetzt ist nur ein Anstieg auf 2,5 Milliarden geplant plus einiger Sonderfonds. Der riesige Nachholbedarf verursacht nun viele Baustellen und Verspätungen.

Welche Lehren sollten wir daraus ziehen?

Es muss jetzt investiert werden. Zugleich sollte es eine kritische Bestandsaufnahme geben, wieso das DB-Management, der Aufsichtsrat und die wechselnden Regierungen den dramatischen Verfall der Infrastruktur so lange hingenommen und nicht aufgehalten haben.