Die Schere zwischen Arm und Reich geht weiter auseinander. (Symbolfoto) Foto: IMAGO/Future Image/Burkhard Schubert

„Den obersten fünf Prozent gehört fast die Hälfte“, titelte unlängst „Die Zeit“, basierend auf den neuesten Zahlen der Europäischen Zentralbank, was die Vermögensverteilung in Europa und Deutschland betrifft. Auch im Südwesten gibt es große Unterschiede.

Die Menschen im Ländle haben nach Hamburg (Platz eins) und Bayern (Platz zwei) das meiste Geld zum Leben. Baden-Württemberg schafft es damit knapp aufs Treppchen und belegt Platz drei beim verfügbaren Pro-Kopf-Einkommen der privaten Haushalte in Deutschland. Dies geht aus einer aktuellen Erhebung des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg vom August 2022 hervor. Dieses sogenannte verfügbare Pro-Kopf-Einkommen der privaten Haushalte gibt an, wie viel Geld für Konsum und Sparen zur Verfügung steht. Es setzt sich aus dem Nettoeinkommen und Einnahmen aus Mieten, Zinsen und Dividenden zusammen, Steuern und Sozialabgaben sind also bereits abgezogen. Zwischen den einzelnen Landkreisen gibt es allerdings deutliche Unterschiede - im Durchschnitt rund 8.000 Euro pro Jahr.

 

Das höchste verfügbare Einkommen aller kreisfreien Städte und Landkreise in Baden-Württemberg hatten die Einwohnerinnen und Einwohner von Baden-Baden mit durchschnittlich 31.761 Euro. Es folgten der Stadtkreis Heilbronn mit 29.560 Euro und der Bodenseekreis mit 27.911 Euro. Die niedrigsten verfügbaren Einkommen wurden für die kreisfreien Städte Mannheim (22.997 Euro), Freiburg (23.014 Euro) und Pforzheim (23.814 Euro) ermittelt.

Die Wochenzeitung „Die Zeit“ beschäftigt sich in ihrem Artikel nicht mit den Einkommen, sondern mit den Vermögensbeständen und der Vermögensverteilung in Europa. Auch diese von der Europäischen Zentralbank im Januar 2024 veröffentlichten Zahlen zeigen eine starke Ungleichverteilung. Das Wirtschaftsministerium resümiert hierzu: „Die oberen zehn Prozent der Bevölkerung besitzen rund 60 Prozent des Gesamtvermögens.“ Betrachtet man Deutschland, zählen laut einer Vermögensbefragung der Deutschen Bundesbank aus dem Jahr 2021 (aktuellere Zahlen liegen derzeit nicht vor) Firmenvermögen und Immobilienbesitz zu den größten Vermögensbringern.

Immobilienbesitzer verfügen damit über ein deutlich höheres Vermögen als Bürger und Bürgerinnen ohne Immobilien. Das durchschnittliche Nettovermögen der Immobilienbesitzer lag 2021 bei rund 365.000 Euro und erreichte damit laut der Bundesbank einen neuen Höchststand. Auch das Vermögen der Mieterinnen und Mieter hat sich erhöht, lag aber mit durchschnittlich 16.200 Euro immer noch deutlich unter den Vermögenswerten der Immobilienbesitzer.

Allein zwischen 2017 und 2021 erhöhten sich das durchschnittliche Vermögen laut der Bundesbank um rund 83.600 Euro, ein Plus von satten 36 Prozent. Damit werden die ohnehin schon Wohlhabenden schneller noch reicher und die Schere zwischen Arm und Reich geht weiter auseinander: „Die Ungleichheit bleibt in Deutschland im europäischen Vergleich weiterhin hoch“ – höher als in anderen Ländern wie Italien, Spanien oder Portugal, heißt es im Bericht der Bundesbank. Allerdings sei die Ungleichheit geringer als in den USA. Vermögende legen ihr Geld gerne in Immobilien an. Der hohe Wertzuwachs von Immobilien in den Jahren 2017 bis 2021 habe daher sein Übriges getan. Nach der Coronapandemie im Zuge der Wirtschaftskrise und der steigenden Inflation in den vergangenen Jahren verlieren Immobilien derzeit zwar drastisch an Wert. Sie befinden sich aber immer noch auf einem hohen Niveau und werden auch wieder im Wert steigen, sobald der Konjunkturmotor wieder anspringt.

Gewinner einer Inflation

Auch die Inflation trifft ärmere Haushalte stärker als reichere, wie Adam und Zhu in ihrer Studie (2016) zeigen. Darin heißt es, dass in Deutschland im Fall einer unerwarteten Inflation den ärmsten Haushalten die größten Einbußen drohen: „Im Euroraum insgesamt bringt Inflation für wohlhabende ältere Haushalte die größten Verluste, weil sie im Verhältnis mehr nominale Vermögenswerte (Bargeld und liquide Anlagen) halten und weniger Schulden haben. Die größten Vorteile ergeben sich im Euroraum für jüngere Haushalte der Mittelschicht, denn diese haben eine höhere Nettoverschuldung (meist Hypothekenschulden).“