Die Landesregierung versicherte, dass alle für den Fernunterricht und die Kommunikation der Schulen unerlässlichen Dienste wie E-Mail und Moodle in der Landeslösung bis spätestens 2024 sowohl weiterbetrieben als auch weiterentwickelt würden. Foto: dpa/Ulrich Perrey

Während der Pandemie setzen die Schulen im Land vor allem auf digitale Lösungen. Viele der Webseiten und Lernplattformen für den Unterricht befinden sich im Hochschulnetz des Landes. Nun gibt die Regierung bekannt, dass sich die Schulen daraus zurückziehen müssen.

Stuttgart - Mitten in der Pandemie mit überwiegendem Wechsel- und Fernunterricht hat die Landesregierung den Schulen bekanntgegeben, dass sie das Hochschulnetz des Landes (Belwü) verlassen müssen. Die Webauftritte von mehr als 2000 Schulen werden eingestellt, wie es in einem Brief von Belwü an die Schulträger im Südwesten heißt. Diese müssten sich für ihre Webauftritte nach und nach neue Anbieter suchen. Für Mail-Konten und digitale Lernplattformen falle die Anbietersuche weg, diese sollen auf eine zentrale Plattform verlagert werden.

 

Zur Begründung heißt es in dem Schreiben, es gebe „veränderte rechtliche Rahmenbedingungen“. Zudem werde eine „langfristige Perspektive für einen gesicherten Betrieb“ benötigt. Diese könne das Kultus- und Wissenschaftsministerium „aus verschiedenen Gründen nicht verlässlich dauerhaft erbringen“.

Das Kultusministerium sprach am frühen Abend von „zwingenden Veränderungen“, die schon länger bekannt seien. Belwü habe die Ansprechpartner an den Schulen in der vergangenen Woche informiert. „Wichtig für die Schulen ist: Moodle und E-Mail-Services stehen weiterhin ohne Einschränkungen zur Verfügung, und es ist ausreichend Zeit für den Übergang“, sagte ein Sprecher des Ministeriums.

Langfristige Lösung für die Schulen

Die Landesregierung versicherte, dass alle für den Fernunterricht und die Kommunikation der Schulen unerlässlichen Dienste wie E-Mail und Moodle in der Landeslösung bis spätestens 2024 sowohl weiterbetrieben als auch weiterentwickelt würden. „Danach soll Moodle im Rahmen der Digitalen Bildungsplattform fortgeführt werden“, sagte der Sprecher des Ministeriums.

Auch das für die Hochschulen verantwortliche Wissenschaftsministerium sagte eine langfristige Lösung für die Schulen zu. „Bis diese steht, ist die Versorgung der Schulen mit IT-Leistungen über das Hochschulnetz sicher“, sagte Ressortchefin Theresia Bauer (Grüne). Sie stellte aber auch klar: „Das Hochschulnetz Belwü hat in der Corona-Pandemie den Schulen unmittelbar und gerne geholfen. Dies kann wegen der begrenzten Kapazitäten allerdings nur eine Nothilfe und Brücke sein und ist nicht als Dauerlösung möglich.“

Das Landeshochschulnetz nimmt nach Belwü-Angaben ab sofort keine neuen Schulen mehr auf und möchte mit Beginn im Oktober die bestehenden Auftritte der Schulen im Hochschulnetz einstellen. Empfehlungen für alternative Dienstleister könne man aus Wettbewerbsgründen keine geben, so Belwü. Der Umbau soll stufenweise erfolgen und bis ins Jahr 2023 dauern.

Der Philologenverband Baden-Württemberg übte scharfe Kritik. Mitten im Corona-Lockdown und im digitalen Fernunterricht erführen Tausende Schulen, die den Internetanschluss, ihre Homepage, die Lehrer-Emailkonten und Moodle-Lernplattformen bei Belwü betrieben, dass diese jetzt sukzessive beendet werden sollten, kritisierte der Landesvorsitzende Ralf Scholl. Es sei völlig unverständlich, dass zum zweiten Mal innerhalb von nur drei Jahren eine bestehende Struktur verändert werde, ohne dass rechtzeitig ein funktionierender Ersatz bereitstehe. Die Landesregierung müsse den Vertrag mit Belwü verlängern und in der Zwischenzeit eine landeseigene Lösung schaffen.

Gewerkschaft kritisiert Vorgehen

Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Baden-Württemberg hält das Vorgehen für falsch. Der Zeitpunkt sei ungünstig und sorge bei den Schulen für Unsicherheit, sagte der GEW-Landesvize David Warneck. Das Land müsse nun schnell klären, ob das Landeshochschulnetz ausgebaut werden könne, um so auch die Schulen abzudecken oder stattdessen auf eine eigene Lösung für diese setzen.

Der SPD-Bildungsexperte Stefan Fulst-Blei sprach von einem „digitalen Offenbarungseid“. Die Schulleitungen seien am Limit. Ihnen jetzt auch noch so etwas wie die Suche nach einem eigenen Anbieter für die Schul-Homepage aufzudrücken, zeuge von einem unglaublichen Mangel an Sensibilität für die Situation an den Schulen, so der bildungspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion. Es sei unklar, auf wessen Server Moodle nun ziehen solle und was es das Land kosten werde. Der bildungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Landtag, Timm Kern, teilte zu der Entscheidung mit, sie komme überraschend und zur Unzeit.