Auch im reichen Südwesten gelten viele Menschen als arm. Gesundes Essen oder Fahrkarten sind dann nicht drin. Das teilt der Paritätische Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg mit.
Im Südwesten waren im Jahr 2022 mehr als 1,5 Millionen Menschen von Armut betroffen. Das seien zwar 0,6 Prozent weniger als im Jahr davor, wie der Paritätische Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg am Dienstag in Karlsruhe mitteilte. Die Zahlen belegten aber, dass sich die Armut in dem vergleichsweise reichen Bundesland weiter auf hohem Niveau bewege.
Deutschlandweit steht Baden-Württemberg den Angaben zufolge mit einer Armutsquote von 13,5 Prozent bei einem bundesweiten durchschnittlichen Wert von 16,8 Prozent aber noch relativ gut da - nur Bayern hat eine etwas geringere Quote (12,6 Prozent). Die gemessen am Anteil der Bevölkerung meisten armen Menschen leben in Bremen (29,1 Prozent) sowie mit jeweils mindestens 19 Prozent im Saarland, in Sachsen-Anhalt, Hamburg und Nordrhein-Westfalen.
Landesverband verlangt nach Mindestrente
Der Landesverband appellierte an die Politik, mehr Geld in Ausbildung und Qualifizierung junger Menschen zu stecken sowie unter anderem auch eine Mindestrente einzuführen. Ein Fünftel aller Kinder und Jugendlichen in Baden-Württemberg lebte 2022 unterhalb der Armutsgrenze, hieß es. Alleinerziehende, nicht Erwerbstätige oder auch Menschen mit geringer Bildung und Migrationsgeschichte seien ebenfalls betroffen.
Aber auch viele Menschen in Arbeit oder in Rente seien arm: „Fast zwei Drittel der erwachsenen Armen gingen entweder einer Arbeit nach oder sind in Rente oder Pension.“ Vor allem Frauen ab 65 Jahren (19,5 Prozent) seien von steigender Armut betroffen. „Armut ist nach wie vor ein ungelöstes Problem im Land“, betonte Sabine Wild, Leiterin Armutsprojekte beim Paritätischen.
Hohe Energie- und Nahrungspreise belasten am meisten
Im Südwesten waren die Armutsquoten den Zahlen zufolge in den Regionen Rhein-Neckar (15,2), Ostwürttemberg (15,1) und Südlicher Oberrhein (14,8) am höchsten. Vor allem hohe Kosten für Energie und Lebensmittel waren im Jahr 2022 die Preistreiber.
Als arm gilt nach einer EU-Konvention, wer mit seinem Haushaltseinkommen unterhalb von 60 Prozent des zuvor errechneten mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung liegt. Dieser Wert lag 2022 für Singles bei 1186 Euro, für Alleinerziehende mit einem Kleinkind bei 1542 Euro und für einen Paarhaushalt mit zwei Kleinkindern bei 2490 Euro.