Ein französisches Sägewerk verarbeitete im Rippoldsauer Kurbezirk von 1948 bis 1953 die riesigen Mengen an Stammholz von der Waldabholzung in der Gemeinde.Foto: Archiv Schmid Foto: Schwarzwälder Bote

Heimatgeschichte: Französische Besatzung hat verheerende Folgen für Wald und Bad-Gebäude

75 Jahre ist es her, dass der Zweite Weltkrieg auch in Bad Rippoldsau sein Ende fand. Die Kampfhandlungen und die anschließende Besatzung haben damals tiefe Spuren in der Gemeinde hinterlassen.

Bad Rippoldsau-Schapbach. Am 20. April 1945 erreichten die ersten französischen und marokkanischen Truppen, aus Freudenstadt kommend, das Bad Rippoldsauer Tal. Der Zweite Weltkrieg hatte rein materiell betrachtet – abgesehen von einigen Brücken, die in sinnloser Weise in die Luft gesprengt wurden – nur wenig Verluste gebracht. Doch die anschließende Besatzungszeit sollte für den Bad Rippoldsauer Kurbezirk und die Natur weitreichendere Folgen haben.

Von 1948 bis 1953 betrieben die Franzosen auf den Tennisplätzen des Bads in Bad Rippoldsau ein selbst errichtetes Sägewerk. Um dieses mit Holz zu versorgen, wurde im Gebiet des Sommerbachs der Staatswald auf weiten Flächen kahl geschlagen. Rund 110 000 Festmeter Stammholz war die Gesamtausbeute der sogenannten "Franzosenhiebe". Auch die alte Lindenallee unter dem Bad fiel in den ersten Nachkriegsjahren Baumfällungen zum Opfer. Das verarbeitete Holz wurde anschließend auf Lastern nach Frankreich gebracht. Die französischen Arbeitskräfte kamen während dieser Zeit im Gasthaus "Klösterle Hof" und im Erholungsheim, heute Haus St. Vinzenz, unter.

Zur massiven Abholzung des Waldes kamen noch die Zerstörungen in der Kuranstalt im Bad. Die gesamten Inneneinrichtungen wurden zerstört oder gestohlen. Die Zeit des Bäderbetriebs in Bad Rippoldsau war zu diesem Zeitpunkt allerdings bereits zu Ende. Durch die Zusammenarbeit der Deutschen Bank, die 1933 das Bad übernommen hatte, und der nationalsozialistischen Urlaubsorganisation Kraft durch Freude (KdF), verzeichnete das Bad in den 30er-Jahren Rekordbesuche. Unter den Besuchern dieser Zeit waren auch viele ausländische Gäste aus den USA, Frankreich oder England.

Doch der Kriegsausbruch sorgte dafür, dass das Kurhaus wegen Personalmangel offiziell geschlossen werden musste, wenngleich noch einige Gäste in dieser Zeit kamen. Erst 1941 wurde der Kurbetrieb komplett eingestellt. Anschließend war das Bad bis 1946 Sitz einer pädagogischen Akademie.

Anlagen wurden umfunktioniert

Nach Kriegsende wurden die Kuranlagen umfunktioniert. In die Gebäude des Bads kamen Flüchtlinge, die Villa "Sommerberg" wurde mit Lungenkranken belegt, und im "Fürstenbau" wurden französische Kinder untergebracht.

Die Not weckte zwar viele Kräfte, aber für das "fürstliche Bad" schien nach dem Krieg und der anschließenden Besatzung ein Neubeginn undenkbar. Die Gebäude schienen dem Untergang geweiht zu sein. Doch es kam anders. Die ausgeplünderten Gebäude wurden im Jahr 1948 von der Genossenschaft der "Schwestern der Liebe vom kostbaren Blut" übernommen und sollten für wohltätige Zwecke genutzt werden.

1952 wurde der Fürstenbau als klinisches Sanatorium mit Mineralbädern und Gästebetten für Kurgäste beziehbar. Der enorme Einsatz der Schwestern zeigte Wirkung, und die Gästezahlen stiegen wieder. Die Bad Rippoldsauer hatten wieder ihr "Klosterbad".

Neben der Natur und dem Kurbezirk, die in Mitleidenschaft gezogen wurden, forderte der Krieg und die anschließende Besatzung auch noch weitere materielle Opfer in Bad Rippoldsau. Am 18. April 1945, zwei Tage vor dem Einmarsch der Streitkräfte, wurden bereits Wohnhäuser im Untertal durch Angriffe von Jagdbombern in Brand gesetzt.

Beim Einzug der alliierten Soldaten wurde auch die "Hahnenhütte" im Staatswald unweit des Zwieselbergs durch Beschuss in Brand gesetzt, weil die Franzosen vermuteten, der gesuchte "Werwolf von Rippoldsau", Forstmeister und SS-Hauptsturmführer Karl Hauger, habe sich darin versteckt.

Doch diese materiellen Schäden verblassen im Vergleich zu den menschlichen Verlusten, wie die lange Liste der bis 1945 gefallenen 57 Soldaten und der 24 vermissten Zivilisten aus Bad Rippoldsau zeigt.