Pelzmärte und Christkind sind an Heilig Abend in Bad Herrenalb unterwegs. Foto: Zoller

Jugendliche ziehen verkleidet durch Gassen. Brauchtum lockt an Heilig Abend viele Zaungäste an.  

Bad Herrenalb - Am Heiligen Abend wimmelt es auf dem Herrenalber Rathausplatz nur so von Gästen, und mit einbrechender Dämmerung werden es immer mehr. Alles scheint sich hier zu treffen. Um auf den "Pelzmärte" zu warten.

Heißer Glühwein und Punsch lädt eine bunte Mischung aus Einheimischen, Zugereisten und vielen Besuchern aus nah und fern mit ihren Kindern zum Verweilen ein. Beim gemütlichen Plausch wünscht man sich ein "Frohes Fest" und lauscht den weihnachtlichen Weisen des Musikvereins Bad Herrenalb-Gaistal, um das Warten auf das Christkind und seinen furchteinflößenden Begleiter, den Pelzmärte, zu verkürzen.

Begeisterung für Brauchtum wächst

Jahr um Jahr wächst die Begeisterung für das Schellengeläut am 24. Dezember und das Brauchtum rund um die winterliche Schreckgestalt, die seit Weihnachten 1967 wieder jedes Jahr zur selben Zeit auf dem Herrenalber Rathausplatz erscheint.

Der Pelzmärte ist eine finstere Gestalt aus Stroh, an dessen Brust Kuh- und Pferdeglocken befestigt sind. Mit jedem Schritt verursacht der Pelzmärte damit einen ziemlichen Lärm, so dass sein Kommen schon von weitem zu vernehmen ist. Um Furcht zu verbreiten, trägt er einen Sack und eine Rute, hüpft gelegentlich kräftig in die Höhe, um besonders schaurig zu erscheinen.

Hat der Pelzmärte Kinder entdeckt, droht die wilde Gestalt zunächst mit Rutenhieben. Wer sich aber getraut, dem Pelzmärte ein Gedicht vorzutragen oder ein Lied zu singen, dem beschert das Christkind süße Gaben, die es aus seinem Korb hervorzaubert.

Gepflegt wird diese Tradition in Bad Herrenalb von der Gaistäler Jugend, die bis heute das "Gaistäler Geheimnis" bewahrt und niemandem verrät, wer alljährlich in die Kostüme von Christkind und Pelzmärte schlüpft. Eingenäht in das mit Schellen behängte Strohkostüm und in Begleitung einer verschleierten Christkindlesgestalt erscheint das "anonyme" Gaistäler Paar pünktlich um 16 Uhr auf dem Rathausplatz.

Einige Vorbereitungen nötig

Bis es endlich so weit ist, bedarf es einiger Vorbereitungen. Das Kostüm aus Stroh, das ungefähr alle zehn Jahre erneuert werden muss, besteht aus Roggenstroh. In mühevoller Handarbeit wird aus den Halmen von Roggenähren eine circa 150 Meter lange Kordel geflochten, aus der dann in über 100 Arbeitsstunden eine mannshohe, eindrucksvolle Hülle für die Figur mit Hörnern aus Stroh zusammengenäht wird. An Heilig Abend schlüpft dann kurz nach der Mittagszeit ein Gaistäler Bursch in das Strohgewand, das für ihn lediglich zwei kleine Augenschlitze und eine Öffnung für den Mund gewährt.

Fest eingepackt und komplett vernäht in Stroh ist der Pelzmärte-Akteur auf die Hilfestellung seiner Begleiter angewiesen, damit ein akribisch ausgeklügelter Zeitplan klappt. Der Rathausplatz ist die erste Station, dann geht es traditionell ins Gaistal zurück, um in der Aschenhütte, auf dem Zieflensberg und im Höfle rund 35 Häuser zu besuchen. Die gesamte Aktion dauert oftmals bis nach Mitternacht. Denn es ist Brauch, dass der Pelzmärte von Haus zu Haus zieht, die bösen Geister mit seinem Glockengeläut vertreibt und die unartigen Kinder züchtigt.

Tradition geht auf Tiroler Familie zurück

Überliefert ist die Tradition des Pelzmärte von Tiroler Familien, die das Gaistal im 17. und 18. Jahrhundert besiedelt haben. Bis heute hat sich die vermummte Erscheinung des rauen Gesellen zum Christfest in der Brauchtumslandschaft erhalten, obwohl der Besuch der Figur im 19. Jahrhundert nur wenig Begeisterung bei den Kindern hervorrief. Alexander Beutter, Sohn des langjährigen Herrenalber Stadtschultheißen Erhard Beutter (1829-1891), erinnert sich: "Pelzmärte ist der Schrecken aller Kinder, der finst´re folgt der Lichtgestalt Christkind, die Rute schwingt er über kleine Sünder; auch uns schlug er gehörig auf den Grind." Schummrig beschreibt der Begründer der Kinderlieddichtung Friedrich Wilhelm Güll (1812-1879) den Pelzmärte aus Sicht der Kinder in seinem Gedicht: "Es wird schon finster um und um. Der Pelzemärtel geht herum." Böse Buben steckt er in den mitgebrachten leeren Sack, für die Braven gibt es süße Gaben. Fritz Barth, 1927 im nahe gelegenen Calmbach geboren, erinnert sich noch gut an einen Besuch vom Pelzmärte. "Ich habe mich ängstlich in der Stube unter dem Tisch" verkrochen", so der Erzähler, der Angst davor hatte, in den leeren Kartoffelsack gesteckt zu werden. "Da gab es ein Geplärre, und nachts träumten wir davon."

Mittlerweile haben sich die Zeiten geändert. Auf dem Rathausplatz in Herrenalb lassen sich viele mit dem Pelzmärte und dem Christkind ablichten und haben so stets ein Erinnerungsbild an ein schönes Weihnachtsfest im Schwarzwald.