Johanna Nofer von der Stadtverwaltung Bad Herrenalb erläuterte die Maßnahmen zur Mindestflurkulisse in der Siebentälerstadt Bad Herrenalb. Foto: Kunert Foto: Schwarzwälder Bote

Mal eine Lanze brechen für Schafe und Ziegen – das stand

Mal eine Lanze brechen für Schafe und Ziegen – das stand zwar nicht ganz oben auf der Themenliste des Bad Herrenalber Gemeinderats bei seiner jüngsten Sitzung. Aber als es um das Landnutzungskonzept und die Mindestflurausweisung ging, entdeckte so mancher seine Liebe für die Paarhufer.

Definition "Mindestflur" laut Schwarzwaldprogramm (von 1973): "Unter Mindestflur werden diejenigen Flächen verstanden, die außerhalb des Waldes und der bebauten Bereiche liegen und die freizuhalten sind von Wald, von Bebauung sowie von solchen Nutzungen und Gestaltelementen, die eine Beeinträchtigung der Funktionen der zu erhaltenden Flur zur Folge haben. Die Mindestflur wird unter Beachtung landschaftspflegerischer Prämissen ausgewiesen.

Sie dient der Wahrung, Sicherung und Entwicklung der Landschaft als Siedlungs-, Kultur- und Erholungsraum. Ihre besonderen Funktionen (vorrangig Sozialfunktionen) für die Landschaft und die Menschen kann sie nur bei einem bestimmten Mindestumfang erfüllen. In der Mindestflur können Flächen einerseits die verschiedensten Sozialfunktionen erfüllen, andererseits können sie auch nur eine Sozialfunktion (zum Beispiel Erholungsflur, Klimaschutzflur, Retentionsflur) haben.

Die Ausweisung erfolgt ohne Berücksichtigung von Eigentums- und Verwaltungsgrenzen. Kriterien, die für eine Ausweisung der Mindestflur sprechen, können sein: ein hoher Waldanteil auf der Gemarkung; günstige Landbaustandorte; Mindestwaldabstand zu Siedlungsflächen soll gewahrt bleiben; ›schöne‹ und gut erreichbare Aussichtspunkte sollen erhalten bleiben; Freihaltung von Biotopen, Lebensraumtypen und Sicherung von bedrohten und gefährdeten Arten; sowie klimatische Begebenheiten (etwa Sicherung Kaltluftabfluss)."

Bad Herrenalb. Denn ausführlich hatte Johanna Nofer für die Stadtverwaltung Bad Herrenalb von den seit rund zehn Jahren laufenden Bemühungen berichtet, unter dem Stichwort "Mindestflurkulisse" die Landschaft im Albtal und seinen Seitentälern freizuräumen von Bewuchs, der hier eigentlich nicht hingehört. Also Verbuschung beseitigen, wo es eigentlich Feuchtwiesen oder – unter Naturschutz stehende – historische Steinriegel geben sollte. Oder auch mal ganze (kleine) Wälder restlos abzuholzen, die dort gewachsen sind, wo eigentlich blühende Wiesen für Artenvielfalt sorgen sollen.

Ungehinderte Luftzirkulation

Was zum Beispiel Jörg Götz (Grüne PLUS) schon auch, wie er sagte, "in einen Zwiespalt" stürze, wenn da so "schöne Baumgruppen radikal abgeholzt" würden. Aber er erkenne natürlich an, dass im Sinne einer echten Nachhaltigkeit auch die historische Kulturlandschaft erhaltenswürdig sei. Wobei, wie Nofer in Richtung Götz erklärte, es im konkreten Fall bei der Offenhaltung der Landschaften in den Herrenalber Tälern auch um "den Klimaaustausch" gehe, also um die ungehinderte Luftzirkulation über möglichst offene Flächen.

Wobei neben der Arbeitskraft der Menschen – sprich freiwilliger, ehrenamtlicher Helfer unter Aufsicht der Stadt Bad Herrenalb, aber vor allem der jeweils betroffenen Landwirte – beim grundsätzlichen Freiräumen der Landschaft von Wild- oder zumindest ungewolltem Bewuchs, eben auch die Paarhufer wie Schafe und Ziegen zum kontinuierlichen Einsatz kämen. Die gerne und ausdauernd die nicht gewollten Sprösslinge von Büschen und Bäumen rigoros herunterbissen, wenn man sie gezielt auf die frei zuhaltenden Flächen führe. Was sehr gut und zuverlässig funktioniere, wie Nofer unterstrich.

Weshalb man auf der Wunschliste für diese Flurschutzmaßnahmen schon seit einiger Zeit einen "Winterstall" für die "kleinen Landschaftspfleger" im Dienste der Stadt Bad Herrenalb vermerkt habe – dessen Aufbau aber bisher immer wieder "an der schwierigen Standortsuche" gescheitert sei.

Bekämpfung des "Riesen-Bärenklaus"

Man bewege sich halt immer im Landschafts- und Naturschutzgebiet Albtal und seiner Seitentäler, in denen solcherlei Bauten sehr, sehr streng reglementiert seien. Weshalb die Anregung von Klaus Lienen (CDU) kam, die Ziegen beispielsweise doch auch – was sehr gut möglich sei – für die jüngst vom Landkreis Calw (als untere Naturschutzbehörde) wieder propagierte Bekämpfung des (für Menschen) gefährlichen "Riesen-Bärenklaus" einzusetzen. Denn die Ziegen würden auch diese Pflanze ohne Probleme (und ohne Einsatz von irgendwelchen Pestiziden) durch Fraß zuverlässig vernichten und im Zaum halten – wie es der Landkreis angeordnet habe.

"Da schlagen wir dann sozusagen zwei Ziegen mit einer Klappe", so Lienen mit einem Wortspiel. Was dann ja die unbedingte Sinnhaftigkeit des gewünschten Winterunterstands für die so unendlich nützlichen Paarhufer im Albtal noch deutlicher unterstreichen müsste.

Denn Arbeit, das zeigte der Ausblick von Nofer auf die ab Oktober wieder anstehenden Maßnahmen zur Mindestflurkulisse, gibt es für Mensch und Tier noch genug: So stehen unter anderem weitere Gehölzrodungen und Beweidungen im hinteren Albtal, südlich der Plotzsagmühle, an – als Folgearbeiten früher hier bereits erfolgter Pflegemaßnahmen.

Auch im Gaistal soll beispielsweise die Talwiese von Bewuchs befreit werden, um diese künftig wieder in Bewirtschaftung (durch landwirtschaftliche Nutzung) zu nehmen.

Und auch im Bereich der Aschenhütte in Gaistal würden die Ziegen wieder dringend gebraucht, um eine eigentlich nutzbare Grünfläche, die in den Vorjahren ebenfalls von groben Bewuchs befreit wurde, in Form einer Nachpflege dauerhaft offenzuhalten.

Aus Verordnung zitiert

Insgesamt zeigten sich die Stadträte ziemlich beeindruckt von der schieren Fülle an Einzelmaßnahmen, die im Rahmen der Mindestflurkulisse bisher schon umgesetzt wurden. "Eine ganz tolle Leistung", so etwa Manfred Senk (Grüne PLUS), der vor allem auch die Notwendigkeit unterstrich, auf diese Weise das historisch gewachsene Landschaftsbild von Bad Herrenalb zu erhalten, das die Stadt bis heute präge.

Was Rüdiger König (UBV) um den Hinweis ergänzte, dass man – als Stadt – auch jene Eigentümer von infrage kommenden landwirtschaftlichen Flächen "konsequenter in die Pflicht nehmen" müsse, die es nicht aus eigenem Antrieb schafften, ihre offenzuhaltenden Wiesen mindestens einmal im Jahr zu mähen; oder abzuweiden. Denn in solchen Fällen könnte die Stadt ebenfalls von sich aus tätig werden, zitierte König aus der entsprechenden Verordnung, um dann die entstandenen Kosten dem Grundeigentümer nachträglich kostenpflichtig in Rechnung zu stellen.