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Kirche Oberbaldingen hat eine lange Geschichte

Herwig Meßner verfügt über profunde Geschichtskenntnisse der Baar. Die Oberbaldinger Kirche ist die steinerne Zeugin einer wechselhaften Geschichte

Bad Dürrheim-Oberbaldingen. Es ist eines der typischen Baar-Gotteshäuser, welche mit ihren markanten Türmen die Zentren der Gemeinden markieren. Unmittelbar zur großen 1250-Jahrfeier von Baldingen öffnete der bekannte Heimatforscher und Autor mehrerer Chroniken der Region, Herwig Meßner, sein umfangreiches Archiv und erlaubte einen tiefen Blick in die Geschichte der Doppelgemeinde, die seit der Teilung aus einem katholisch und einem evangelisch geprägten Ortsteil besteht.

Herwig Meßner – inzwischen im 84. Lebensjahr – hat sich zeitlebens mit der in der Nachbarschaft stehenden evangelischen Kirche beschäftigt, die katholische St. Gallus Kirche in Unterbaldingen aber nie aus den Augen verloren. Die Wurzeln dieser beiden Gotteshäuser reichen weit zurück – den Quellen zufolge die der Kirche Oberbaldingen bis ins Jahr 854.

Seinerzeit stand in unmittelbarer Nähe einer kleinen Burg unweit der Kötach eine Holzkapelle, welche im Laufe der Jahrhunderten immer wieder umgebaut und erneuert wurde. Eine eigene Pfarrei – also Sitz eines Pfarrers – war Baldingen damals noch nicht. Wie Herwig Meßner zu berichten weiß, war die Baar immer eine ausgesprochen unruhige Gegend, was auch die schriftlichen Zeugnisse aus jener Zeit belegen. Zunächst standen sich im 3. Jahrhundert die hier sesshaften Römer – Reste ihrer bekanntesten Niederlassung in der Region lassen sich noch heute in Hüfingen besichtigen – im Clinch mit den von Norden anrückenden Alemannen.

Erste Berichte über eine Christianisierung lassen auf die Zeit um 500 datieren. Nach der Gründung des Klosters St. Gallen breitete sich das kirchliche und klösterliche Leben rasch über die Baar aus. Kirchspielgründungen tragen daher oftmals den Namen St. Gallus – wie in Unterbaldingen – oder St. Martin – wie es für das Oberbaldinger Kirchlein galt. Beide Gemeinden wurden von Öfingen aus als Filialgemeinden bedient. Danach zogen Habsburger, Zähringer und Franken über die Baar und rissen immer wieder tiefe Wunden in Bevölkerung und Landschaft.

Die Regenten Fürstenberg und Württemberg teilten sich letztlich die Baar, wobei die Grenzen nach einem Gebietstausch 1588 sowohl quer durch Baldingen als auch quer durch Sunthausen liefen. Nach der Reformation 1517 blieben die Fürstenberger der katholischen Kirche treu, die Württemberger schlossen sich den Lehren Luthers und Zwinglis an. Bis in die jüngste Vergangenheit standen sich die Unter- und Oberbaldinger daher nicht besonders nahe. Als es darum ging, dass die Unterbaldinger an die Oberbaldinger Wasserversorgung angeschlossen werden sollte hieß es gar: "Lutherisches Wasser wollen wir nicht trinken!" Dass diese Zeiten längst überwunden sind, beweist das sehr gute ökumenische Miteinander der beiden Kirchengemeinden.

Sowohl in Unter-, als auch in Oberbaldingen folgten dem verheerenden 30-jährigen Krieg sowie dem Spanischen Erbfolgekrieg Neubauten der Kirchen. 1732 wurde das katholische Gotteshaus in Unterbaldingen neu errichtet, 1744 folgte nach großzügigen Spenden der Bevölkerung die evangelische Kirche im "bäuerlichen Frühbarock-Stil" Oberbaldingen. Erste Renovierungen standen bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts an. Ob der Einbau einer Orgel (1830), der Stiftung einer bronzenen Glocke (1902), dem Einbau einer Heizung (1956) oder der Freilegung uralter Fresken (1956), immer stand die Bevölkerung mit großem Engagement hinter den Veränderungen und Erneuerungen.

Die 1902 gespendete Glocke ist übrigens die einzige Originalglocke im Oberbaldinger Kirchturm. Alle anderen Glocken wurden sowohl im Ersten als auch im Zweiten Weltkrieg zur Gewinnung von Metallrohstoffen eingeschmolzen. 1953 zog dann der Gemeinderat von jedem Bürger pro Hektar Land 100 Mark ein, damit drei neue Stahlglocken gegossen werden konnten.

Die derzeit anstehende Innenrenovierung der Oberbaldinger Kirche wird weitreichende Veränderungen mit sich bringen. Augenfällig wird die erst 1981 eingebaute barocke Kanzel – sie stammt aus Sigmaringen – abgebaut und eingelagert. Fürderhin werden die Predigten von einem Ambo aus, der vor dem Torbogen im Altarraum platziert wird, gehalten. Die Empore bekommt mit dem Wegfall des Längsschenkels ebenfalls ein neues Gesicht.

Herwig Meßner wird auch diesen Umbau mit Argusaugen verfolgen und seine Kirchenchronik entsprechend ergänzen, weist er doch nicht ohne Stolz darauf hin, dass sein Elternhaus seinerzeit als erstes Pfarrhaus der seit 1871 eingerichteten Pfarrei Oberbaldingen diente.

Die evangelische Kirche Oberbaldingen wird derzeit aufwändig renoviert. Wie in früheren Zeiten sind die Gemeindeglieder aufgerufen mit großzügigen Spenden die liturgisch und technisch notwendigen Umbauten zu unterstützen. Wer seinen Beitrag zum Gelingen der Renovierungsarbeiten leisten möchte bekommt nähere Informationen zur Kontonummer unter pfarramt@kirche-oberbaldingen.de