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Abschied fällt 68-jährigem Fran von Grafenstein nicht leicht. Wandel im Gesundheitssystem macht zu schaffen.

Bad Dürrheim - Die Ostbaar verliert mit Franz von Grafenstein einen ihrer beliebtesten Mediziner. Der Abschied ist dem 68-jährigen nicht leichtgefallen: "Als Landarzt hat man ein sehr intimes Verhältnis zu seinen Patienten. Ich kannte die meisten sehr gut und bedauere, dass ich nicht mehr für sie da sein kann", sagt Franz von Grafenstein.

Nicht nur das Alter habe ihm zu schaffen gemacht, sondern auch der Wandel im Gesundheitssystem. Besonders kritisch sieht er die Telematik im Gesundheitswesen, die seit Juli 2018 in Form einer neuen elektronischen Gesundheitskarte verpflichtend ist. "Die Ärzte sollen alles in einer zentralen Datei speichern. Ich finde das völlig sinnlos. Die neue Politik macht das Arbeiten richtig unschön."

Ein weiteres Problem seien die hohen Regressforderungen. "Als Arzt steckt man in der Zwickmühle: Entweder man bietet den Patienten eine angemessene Behandlung und handelt in den Augen der Kassen unwirtschaftlich, oder man kann bestimmten Patienten einfach nicht die Medikamente oder die Behandlung bieten, die sie benötigen würden", beschreibt der 68-jährige.

Grafenstein übernahm 1985 die Praxis in Biesingen. "Mein Vater war bereits Landarzt, und da ich auf dem Land aufgewachsen bin und die Natur liebe, hat das für mich gut gepasst. Die Arbeit ist einfach anders, man ist meistens der einzige in der Umgebung. Die Arbeit in der Stadt ist nicht so warmherzig. Auf dem Land kennt man die Familien und hat dadurch ein viel näheres Verhältnis zu seinen Patienten", erzählt er.

Die ärztliche Versorgung sei im ländlichen Raum schon immer schwieriger gewesen als in den größeren Städten. "Sogar der Bürgermeister hat mir mal gesagt, was ich für ein Segen für die Ostbaar bin", freut sich der ehemalige praktizierende Mediziner.

Problematisch sieht der 68-jährige vor allem die schlechte Bezahlung der Landärzte: "Wenn ich zum Beispiel eine Gesundheitsvorsorge mache, gibt es weniger Honorar als der Patient Bonus von der Kasse erhält. Das setzt in meinen Augen ein total falsches Zeichen." Dies könne dazu beitragen, dass sich immer weniger Ärzte bereit erklären, sich auf dem Land nieder zu lassen.

Auf die Frage, was ihm im Rückblick auf sein Berufsleben besonders bereichert habe, antwortet er: "Als Landarzt hat man eine besondere Nähe zu den Patienten. Das große Vertrauen, dass mir entgegen gebracht wurde, hat mich besonders bereichert. Der Abschied von den Patienten ist mir schon sehr schwer gefallen."

In seinem Ruhestand freut er sich vor allem darauf, viel Zeit mit seiner Frau Renate verbringen zu können. Auch einige kleinere Reisen stehen für das Paar auf der Wunschliste.