Einen traurigen Höchststand an Hilfesuchenden melden die Off-Road-Kids.Foto: Off Road Kids Foto: Schwarzwälder Bote

Off-Road-Kids: Im Coronajahr 2020 verzeichnen die Streetworker einen traurigen Rekord / Vorbelastete Familien

Die Stiftung Off-Road-Kids meldet: "Doppelt so viele junge Menschen suchen derzeit Hilfe." Es sei ein Höchststand im Coronajahr zu verzeichnen. Über 1000 junge Menschen wurden 2020 dauerhaft untergebracht. Und noch zusätzlich: Die Gesundheitsprävention wird immer wichtiger.

Bad Dürrheim. Durch die Corona-Lockdowns in 2020 gab es eine Verdoppelung der relevanten Hilferufe junger Menschen, die akut von Obdachlosigkeit bedroht waren. Der Hilfsorganisation Off- Road-Kids gelang es nach eigenen Angaben mit digitaler Sozialarbeit diese hohe Zahl an jungen Menschen aufzufangen – ebenso die zeitweise vierfach höhere Hilferufzahl zu Beginn des ersten Lockdowns.

Digital Kontakt halten

Mit dem Beginn der Corona-Pandemie hat sich das bundesweite, digitale Beratungsangebot sofahopper.de schlagartig als Lockdown-sichere Form der Jugendsozialarbeit für entkoppelte junge Menschen erwiesen. Trotz des eingeschränkten Publikumsverkehrs in den Streetwork-Stationen konnte die Beratungsarbeit über sofahopper.de weiterlaufen.

Frühzeitig ansprechen

Hintergrund für den Ansturm waren vor allem schwerwiegende Zerwürfnisse in vorbelasteten Familien durch die plötzliche räumliche Nähe. Die Lockdowns senkten zudem die Bereitschaft von Freunden und Bekannten, betroffenen jungen Menschen ein "Sofa" anzubieten. Im Jahr 2020 gab es 2474 Hilferufe über sofahopper.de. Als Sofahopper bezeichnet man junge Menschen, die vorübergehend bei Bekannten untergekommen sind und noch nicht völlig auf der Straße sitzen. "In diesem frühen Stadium können Hilfeangebote noch erheblich zügiger vermittelt werden.

Besonders wirksam erweist sich der frühe Zugang über sofahopper.de zu durch Obdachlosigkeit gefährdeten jungen Menschen in den Ballungsgebieten rund um die Off-Road-Kids-Streetwork-Stationen in Berlin, Dortmund, Frankfurt, Hamburg und Köln", erläutert Markus Seidel, Vorstandssprecher der Off-Road-Kids-Stiftung.

1062 erfolgreich in neue Lebensperspektiven vermittelte junge Menschen in 2020 markieren einen traurigen Allzeithöchstwert, informiert die Stiftung weiter. "Die Anzahl der Notrufe über sofahopper.de steigt kontinuierlich stark an. Wir halten eine erneute Verdoppelung innerhalb eines Jahres für möglich. Limitierender Faktor ist die Finanzierung zusätzlicher Personalstellen", warnt Markus Seidel eindringlich vor einem möglichen Zukunftsszenario.

Langfristigkeit das Ziel

Die Stabilisierung nach der erfolgreichen Vermittlung junger Menschen in neue Zukunftsperspektiven und damit die Qualitätssicherung im Rahmen einer professionellen Übergangsbegleitung nimmt nach Meinung der Hilfsorganisation stetig an Bedeutung zu. Limitierende Faktoren seien der aktuell akute Wohnraummangel in Deutschland und die Finanzierung zusätzlicher Personalstellen.

Gesundheitliche Prävention

Das an die Arbeit der Off-Road-Kids-Stiftung angeschlossene gesundheitliche Präventionsprogramm Streetwork+ hat im Jahr 2020 insgesamt 8357 gesundheitsbezogene Themengespräche mit den betreuten jungen Menschen ausgelöst: Allerdings war Corona mit zehn Prozent nur auf Platz vier. Spitzenreiter war mit 35 Prozent das Thema psychische Gesundheit.

Die jungen Menschen wurden in 2020 nicht nur beraten, sondern auch mit Desinfektionsmitteln und Masken versorgt. Dank der seit Jahren bei Off-Road-Kids etablierten medizinischen Fortbildungen durch die Ärztliche Gesellschaft für gesundheitliche Fortbildung (ÄGGF) und des mit der Bahn-BKK entwickelten Gesundheitsschutzkonzepts Streetwork+ waren alle Sozialarbeiter zum Thema Infektionsschutz geschult und blieben infektionsfrei.

n 7100 Minderjährige und junge Volljährige (bis 27 Jahre) haben die Sozialarbeiter von Off-Road-Kids seit 1993 erfolgreich vor der Obdachlosigkeit bewahrt und in dauerhaft tragfähige Zukunftsperspektiven vermittelt (Rückfälle bereits abgezogen).

n 1062 erfolgreiche Vermittlungen allein im Jahr 2020 (+ 44 Prozent im Vergleich zum Vorjahr).

n 10 025 Beratungsgespräche- und Betreuungstermine sind 2020 geführt worden.

n 48 580 Arbeitsstunden haben die 30 Streetworker von Off Road Kids 2020 geleistet.

n 46 Arbeitsstunden wurden 2020 durchschnittlich für jede erfolgreiche Vermittlung eingesetzt.

n 2800 Euro investiert die Off-Road-Kids-Stiftung umgerechnet in jeden jungen Menschen bis zur erfolgreichen Vermittlung einer dauerhaft tragfähigen Zukunftsperspektive.