Entsetzen in Backnang: Das Wahrzeichen der Stadt, die drei Claqueure, sind gestohlen worden.
Backnang - Entsetzen in Backnang: Das kulturelle Wahrzeichen der Stadt, die drei Claqueure, wurde von Unbekannten gestohlen. Vermutlich wollen Metalldiebe die Skulptur einschmelzen lassen und auf diese profane Weise aus Kunst Geld machen. Ähnliche Fälle gibt es auch in der Region Stuttgart immer wieder.
Guido Messer, der renommierte Künstler aus Korb im Rems-Murr-Kreis, ist derzeit noch beschäftigter als sonst. Der 70-Jährige steckt mitten in den Vorbereitungen zu seiner großen Sommerausstellung. Vernissage in der Galerie der Kunstgießerei Strassacker in Süßen (Kreis Göppingen) ist am Freitag, 15. Juli, um 19 Uhr. Bis zum 1. Oktober sind dort 100 Bronzeskulpturen aus den Jahren 1968 bis 2011 zu sehen. Bekannt ist Messer beispielsweise als Organisator der alljährlichen Wechselausstellung "Köpfe am Korber Kopf", noch mehr zudem durch seine vielen Skulpturen, die auf öffentlichen Plätzen die Menschen erheitern oder zum Nachdenken bringen. Eines dieser Werke heißt "Die Claque". Diese Männer, die offenkundig den lokalen Honoratioren kräftig Beifall spenden, gibt es in mehrfacher Ausfertigung: als Vierergruppe in Pforzheim und Schwetzingen. Als Trio wiederum schmücken die Applaudierenden seit dem Bildhauersymposium 1987 das Pflaster unterhalb des Backnanger Rathauses.
Diebe wuchten Kunstwerke über den Zaun
Doch seit wenigen Tagen steht fest: "Die drei Figuren wurden gestohlen", so Backnangs Kulturamtsleiter Martin Schick. Der tatsächliche Tag des Diebstahls ist allerdings ungewiss. Denn geklaut wurden die Claqueure nicht etwa vom angestammten Platz an der Marktstraße. Vielmehr wird die Skulptur regelmäßig wenige Tage vor dem Backnanger Altstadtfest Ende Juni in Sicherheit gebracht - und zwar in eine Lagerhalle des städtischen Bauhofs an der Theodor-Körner-Straße nahe der Etzwiesen-Sportplätze.
Als kürzlich die Bauhof-Mitarbeiter die Claqueure wieder abholen wollten - da fand sich von ihnen keine Spur. Irgendwann in den vergangenen drei Wochen müssen die Diebe über das abgeschlossene Eisentor geklettert sein. Dann haben sie die drei an einer 2 auf 1,20 Meter großen Eisenplatte befestigten Bronzebüsten abgeschraubt - und die jeweils 45 Kilogramm schweren Kunstwerke über den Zaun gewuchtet.
Dass Kunstliebhaber sich das Werk, das erst im vergangenen Jahr aufwendig restauriert, mit einer neuen, geraden Platte versehen und neu patiniert wurde, unter den Nagel gerissen haben, glaubt keiner in Backnang. Im Garten könne man das ja kaum ausstellen, allenfalls in einem großräumigen Keller. Doch das ist eher unwahrscheinlich. "Wir sind uns fast sicher, dass ,Die Claque' nicht mehr auftaucht", sagt Schick.
Hoffen auf Nacht-und Nebel-Aktion
Er vermutet, dass es den Tätern nur um das Material ging. Schick hat sich schlau gemacht - und berichtet davon, dass es in jüngerer Zeit in Nordrhein-Westfalen Diebstähle wertvoller Skulpturen gegeben habe, etwa aus dem Lehmbruckmuseum in Duisburg. Dass jemand derart "respektlos" mit Kunstwerken umgehe "und so dreist zulangt, plättet mich, da bleibt mir die Spucke weg", sagt Schick. Backnangs OB Frank Nopper spricht von einem "ausgesprochen schmerzhaften Verlust, denn es ist ein ganz prägendes Kunstwerk".
Ebenso entsetzt ist Familie Messer. Ehefrau Ruth kann diesen Diebstahl nur schwer nachvollziehen. "Das ist doch lächerlich angesichts des aktuellen Materialpreises", sagt sie. Ein Euro pro Kilo bringe das Metall, bei drei mal 45 Kilo "sind das höchstens 135 Euro" - die Kosten fürs Einschmelzen noch gar nicht berücksichtigt. "Und jede Gießerei merkt doch, dass das Kunstwerke sind, und informiert die Polizei."
Ob die Stadt Backnang ein Duplikat der Claqueure - deren Wert die Polizei mit rund 20.000 Euro angibt - erstellten lässt, ist noch offen. Überstürzen will man jedenfalls nichts. Ruth Messer wiederum hofft darauf, "dass die Skulptur in einer Nacht-und-Nebel-Aktion einfach wieder vor dem Backnanger Rathaus auftaucht".