Die A 98 ist unumstritten, doch die provisorische Autobahnabfahrt sorgt seit langem für Unmut. Foto: dpa

Der Petitionsausschuss entscheidet über einen Autobahnzubringer – Bürger ärgern sich.

Stuttgart - Die Landesregierung habe aus Stuttgart 21 nicht gelernt, kritisieren Bürger am Hochrhein. Sie befürchten, dass ihre Einwände gegen einen vom Regierungspräsidium geplanten Autobahnzubringer einfach abgebügelt werden sollen.

Die provisorische Autobahnabfahrt bei Hauenstein (Kreis Waldshut) ist ein Unfallschwerpunkt. Mehr als 20-mal krachte es in den vergangenen vier Jahren am Übergang von der Autobahn 98 auf die Bundesstraße 34. Dabei wurden fünf Personen schwer, zwölf leicht verletzt. Seit dem Bau 2004 des Provisoriums fordern die Anwohner deshalb Nachbesserungen. Die Pläne des Regierungspräsidiums Freiburg liegen mittlerweile vor: Demnach soll die abschüssige Strecke zur Bundesstraße hin etwas abgeflacht und die Ampelkreuzung durch einen Verkehrskreisel ersetzt werden. Aus Sicht von Bürgern, dem Kreistag Waldshut und dem Regionalverband Hochrhein-Bodensee würde dadurch die Sicherheit nicht entscheidend erhöht.

Am heutigen Mittwoch muss sich deshalb der Petitionsausschuss des Landtags mit dem Thema befassen. Im Juli hatten sich die Freien Wähler im Kreistag Waldshut an das Parlament in Stuttgart gewandt - in der Hoffnung, dort Gehör für ihr Anliegen zu finden. Doch möglicherweise fällt die Entscheidung am grünen Tisch. Eine Vor-Ort-Besichtigung habe es bisher nicht gegeben, ließ der Berichterstatter im Ausschuss, der Sigmaringer CDU-Abgeordnete Ernst Behringer, eine Sprecherin mitteilen. "Aus meiner Sicht ist das aufgrund der Aktenlage auch nicht notwendig."

"Nach der Diskussion um Stuttgart 21 ist es kaum nachvollziehbar, dass das Land so mit dieser Sache verfahren will"

Das sehen die Betroffenen am Hochrhein anders. "Nach der Diskussion um Stuttgart 21 ist es kaum nachvollziehbar, dass das Land so mit dieser Sache verfahren will", sagte Lothar Schlageter, Kreisrat der Freien Wähler und einer der Petenten. Die Bürger erwarteten "ein Minimum an Transparenz".

Das fordert auch der Grünen-Landtagsabgeordnete Werner Wölfle, der dem Petitionsausschuss angehört. Er will bei der heutigen Sitzung beantragen, dass Abgeordnete an den Hochrhein fahren, um sich ein Bild von den örtlichen Verhältnissen zu machen und mit den Betroffenen zu sprechen. Er selbst war bereits vor einiger Zeit auf Einladung von Kommunalpolitikern dort und teilt deren Kritik an den Plänen des Regierungspräsidiums. Als er von der Petition der Freien Wähler erfuhr, habe er beantragt, Berichterstatter der entsprechenden Kommission zu werden, sagte Wölfle am Dienstag. Zu seiner Verwunderung habe er eine Absage erhalten.

Er habe die Aufgabe bereits dem CDU-Abgeordneten Behringer übertragen, teilte der Vorsitzende des Petitionsausschusses, Jörg Döpper (CDU), dem Grünen mit. Bei der Vergabe der Petitionen werde möglichst ein Parlamentarier aus der Nähe gesucht, der mit entsprechenden Themen vertraut sei, sagte Döpper gestern. Dass er dennoch den Abgeordneten aus Südwürttemberg und nicht einen Kollegen aus dem näher liegenden Emmendingen gewählt habe, sei auf dessen hohe Arbeitsbelastung durch andere Petitionen zurückzuführen. Politische Gründe für die Entscheidung gebe es keine.

Es geht auch um die künftige Streckenführung der Hochrhein-Autobahn von Basel Richtung Bodensee

Die hingegen vermuten viele am Hochrhein. Denn bei der Diskussion geht es nicht nur um einen Verkehrskreisel, sondern auch um die künftige Streckenführung der Hochrhein-Autobahn von Basel Richtung Bodensee. Alles Fraktionen im Waldshuter Kreistag - auch CDU und FDP - und die meisten Kommunen fordern die sogenannte Taltrasse, die entlang der Bundesstraße verlaufen soll. Landtagspräsident Peter Straub (CDU), Abgeordneter aus Waldshut, dagegen macht sich für eine Bergtrasse stark. Wenn in Hauenstein ein Tunnelanschluss gebaut werde, "dann baut später niemand mehr eine Bergtrasse", hatte Straub 2009 gegenüber dem "Südkurier" erklärt. Die Freien Wähler sehen darin einen Beleg dafür, dass der CDU-Politiker private Interessen verfolgt und im Hintergrund die Strippen zieht. Deshalb fragen sie in der Petition auch nach der Rolle des 70-Jährigen, der nach der Landtagswahl aus dem Parlament ausscheidet.

Der Regionalverband Hochrhein-Bodensee ist ebenfalls tätig geworden. Im Dezember haben die Mitglieder beschlossen, eine Machbarkeitsstudie in Auftrag zu geben, die Alternativen zu den Plänen des Regierungspräsidiums sucht. Die Region brauche dringend eine Verkehrsentlastung, doch seit Jahrzehnten würden die Bürger vertröstet, sagte Tilmann Bollacher, Vorsitzender des Verbands und Landrat von Waldshut. Er bedauert, dass sich der Petitionsausschuss bisher nicht selbst einen Eindruck vor Ort verschafft hat. Die Abgeordneten gingen doch auch zu Petenten, wenn es um Themen gehe, die für die Öffentlichkeit weit weniger Bedeutung hätten, sagte der Landrat, der erst vor kurzem in die CDU eingetreten ist.

Auch Behringer war öfter bei solchen Terminen. Vor einigen Wochen hatte er in einem anderen Fall Berichterstatter Fritz Buschle (SPD) sowie Vertreter des Umwelt- und des Wirtschaftsministeriums nach Denkingen (Kreis Tuttlingen) begleitet. Dort sollte die Frage geklärt werden, ob ein Anwohner am Ortsrand eine Hecke behalten darf oder nicht. Auch darüber entscheidet heute der Ausschuss.