Daimler beendete fast unbemerkt ein Verfahren gegen den ehemaligen Finanzchef von Mercedes in Italien. Foto: dpa

Mehrjähriger Rechtsstreit mit ehemaligem Finanzchef von Mercedes-Benz Italien endet mit einem Vergleich.

Stuttgart - Eigentlich sollte am Donnerstag früh das Stuttgarter Arbeitsgericht über die Entlassung von dem früheren Mercedes-US-Chef Ernst Lieb beraten. Dieser war gefeuert worden, weil er unter anderem sein Haus auf Konzernkosten ausgebaut haben soll – ein Vorwurf, der nach Meinung der Justiz so großes Interesse weckt, dass sie für Journalisten Sitzplätze reserviert hat. Tatsächlich wurde der Prozess abgesagt, da sich der Richter für befangen hält. Dafür beendete der Autokonzern am gleichen Tag fast unbemerkt ein Verfahren gegen den ehemaligen Finanzchef von Mercedes in Italien.

Auch diesem Manager wirft Daimler vor, sich zulasten seines Arbeitgebers bereichert zu haben. Entdeckt wurden Verstöße gegen hausinterne Verhaltensregeln bei einer Konzernrevision 2009. Demnach soll sich der Mann bei einer früheren Tätigkeit in den Niederlanden auf Daimler-Kosten eine Lebensversicherung verschafft haben, seine spätere Mietwohnung in Rom wurde von der Firma bezahlt und modernisiert.

Zahlung seines Mietanteils nach einer Weile eingestellt

Zwar beteiligt sich Daimler an Lebenshaltungskosten von ins Ausland entsandten Managern – wie Lieb hat es aber auch der Ex-Finanzchef in Italien offenbar übertrieben: Zusätzlich zu zwei Dienstwagen, darunter eine rund 170 000 Euro teure S-Klasse 63 AMG, bestand er auf einem zweiten Parkplatz. Zudem soll er die Zahlung seines Mietanteils nach einer Weile eingestellt haben – 700 von über 7500 Euro Mietkosten monatlich, die Daimler dann komplett übernommen hat. Parken kostete monatlich rund 750 Euro.

Gründe genug für den Autobauer, den Arbeitsvertrag Anfang 2010 zu kündigen, das Arbeitsgericht hingegen sah den langjährigen Daimler-Beschäftigten zu Unrecht entlassen. Am Donnerstag stand nun die Berufung vor dem Landesarbeitsgericht an, dabei machten die Anwälte des Autobauers deutlich, wie ernst es Daimler mit der Einhaltung hausinterner Regeln nimmt. Sie störten sich insbesondere an der hoch dotierten Lebensversicherung, für die das Unternehmen über 100.000 Euro bezahlt habe: Ein Geschäftsführer dürfe sich doch nicht eine Lebensversicherung genehmigen, wenn ein Fabrik-Arbeiter keinen Schraubenschlüssel mitnehmen darf, hieß es. Der Ex-Manager argumentiert, sämtliche Kostenübernahmen seien von Daimler abgesegnet gewesen.

Nach schweren Korruptionsfällen in der Vergangenheit hat Daimler 2011 ein Vorstandsressort zur Einhaltung von Recht und Gesetz (Compliance) geschaffen, zuständig ist die frühere Verfassungsrichterin Christine Hohmann-Dennhardt. Seither greift der Autobauer bei Compliance-Verstößen konsequent durch. Dass Gerichte den Kurs nicht immer mittragen, zeigt auch dieser Fall – die Parteien schlossen einen Vergleich. Demnach erhält der Ex-Manager rund 300.000 Euro Abfindung samt Bonus für 2010, tritt aber seine Lebensversicherung an den Konzern ab. Daimler wiederum zieht eine Anzeige wegen Betrugs zurück und verzichtet auf Rückzahlung strittiger Zuschüsse. „Wir haben dem zugestimmt, um dieses langwierige Verfahren zu beenden“, sagt ein Sprecher. Mit dem Prozess gegen Lieb steht Daimler bald der nächste Compliance-Fall ins Haus.