Für die gegnerischen Angreifer oft Endstation: 2,13-Meter-Riese Jens Kujawa (re) Foto: Baumann

Jens Kujawa wurde 1993 Europameister und prägte vier Jahre lang das Spiel der BG Ludwigsburg.

Wenn Jens Kujawa einen Raum betritt, steht er unweigerlich immer sofort im Mittelpunkt. Mit seinen 2,13 Metern sticht er aus jeder Menge heraus. Und bis der Hüne mit der Schuhgröße 54 erst einmal passende Kleidung und Schuhe findet, bedarf es meist mehrerer Anläufe. Trotz allem ist Jens Kujawa heilfroh, derart groß gewachsen zu sein. "Ich empfinde meine Körpergröße ganz klar als Vorteil", sagt er, "ich möchte keinen einzigen Zentimeter davon hergeben." Denn eines ist ihm bewusst: Seine Körpergröße war die Grundlage für seinen sportlichen Erfolg - damals, als er Ende der 80er bis Mitte der 90er Jahre einer der besten deutschen Spieler war und zu einem der prägenden Gesichter des Basketballs wurde. Und sie hilft ihm auch heute, im Beruf erfolgreich zu sein.

Denn das Spiel ist fast immer dasselbe. Schon wenige Sekunden, nachdem Kujawa das Büro eines neuen Kunden betreten hat, handelt das Gespräch von Basketball. Der Geschäftspartner und Kujawa schwelgen dann gemeinsam in Erinnerungen an den so emotionalen Erfolg bei der Europameisterschaft 1993, als Deutschland in einem packenden Finale in München Russland mit 71:70 besiegte. Das Eis ist dadurch immer sehr schnell gebrochen. "Meine Körpergröße ist ein absoluter Wiedererkennungswert", verdeutlicht Kujawa, "ich glaube, dass ich allein dadurch schneller mit jemanden ins Gespräch komme als andere."

In Kujawas neuem Leben, in dem er sich in Vorstandsbüros, Tagungsräumen und Konferenzsälen statt in irgendwelchen Sporthallen aufhält und in dem der Austausch von Visitenkarten das gegenseitige Abklatschen vor dem Spiel ersetzt hat, erleichtert das vieles. Denn eine gelungene Kommunikation ist für den Geschäftsmann Jens Kujawa die wichtigste Voraussetzung. Seit sechs Jahren arbeitet er bei einer Hamburger Unternehmensberatung. Der 45-Jährige hat sich auf den Bereich Lebensarbeitszeitkonten spezialisiert. Er sucht mit Kunden Wege, wie dessen Arbeitnehmer Zeit und Geld ansparen, um ihren Eintritt ins Rentenalter flexibel zu gestalten, ohne finanzielle Einschnitte hinnehmen zu müssen. Kujawa hat Erfolg damit: Inzwischen ist er zum Mitglied der Geschäftsführung aufgestiegen.

Und so hat sich für den Ex-Basketballprofi, der seine Karriere 2001 beendet hat, schon nach kurzer Zeit ausgezahlt, dass er bereits in seiner Zeit als Leistungssportler an der Karriere nach der Karriere gebastelt hat. Während seine Mitspieler schon mal bis zehn Uhr ausschliefen und sich danach zum Play-Station-Spielen trafen, stand der frühere Center stets um 6.30 Uhr auf und bildete sich weiter. Nur in seinem ersten Jahr als Profi bei Bayer Leverkusen konzentrierte er sich allein auf Basketball. In den Jahren danach, in denen er bei der BG Ludwigsburg und SV Tally Oberelchingen spielte und mit dem SSV Ulm 1996 Pokalsieger wurde, absolvierte er bei verschiedenen Banken Praktika und holte per Fernstudium seinen Mastertitel in Wirtschaft nach. "Ich habe mir damals eine zweite Welt erschaffen", blickt Kujawa zurück, "die Doppelbelastung war zwar im Grenzbereich, aber ich bin zu ehrgeizig für Freizeit."

Die immense zeitliche Belastung wirkte sich jedoch nicht nur positiv aus. "Sie hat mich meine erste Ehe gekostet", sagt Kujawa. Seine erste Frau, die er vor seiner Bundesligazeit während eines sechsjährigen Aufenthalts in den USA kennengelernt hatte, lebt heute mit Kujawas 17- und 19-jährigen Söhnen in Phoenix. Der 45-Jährige wohnt indes mit seiner zweiten Ehefrau südlich von Hamburg in Winsen und hat seit sieben Monaten ein Töchterchen.

Viel Zeit, um mit ihr zu spielen oder seinen Söhnen über deren Basketballkarriere zu sprechen, bleibt ihm zumindest tagsüber nicht. Das ein oder andere Gespräch dauert angesichts der vielen Erinnerungen an die EM 1993 ein wenig länger. Dabei ist der EM-Sieg von damals zwar Kujawas größter Erfolg - der schönste Moment seiner Karriere ist aber ein anderer: Am 29. Juli 1992 spielte er bei den Olympischen Spielen gegen das US-Dreamteam um Basketballidol Michael Jordan. "Ich bin einer von gerade einmal 70 Spielern auf der ganzen Welt, die je gegen Michael Jordan gespielt haben", sagt Kujawa stolz und fügt schmunzelnd hinzu: "Und wissen Sie, was mich noch einzigartiger macht? Ich habe ihn gefoult."