Immer Vollgas: Hansjörg Tauscher in Aktion Foto: dpa

Auf den Spuren von Hansjörg Tauscher, der 1989 bei der Ski-WM Abfahrtsgold geholt hatte.

GARMISCH-PARTENKIRCHEN. - 22 Jahre sind eine lange Zeit, in 22 Jahren kann viel passieren, mit jedem dieser 22 Jahre kann aber auch eine Erkenntnis reifen. So wie bei Hansjörg Tauscher.

Es war der 6. Februar 1989, in Vail/Colorado stand bei der WM die Abfahrt auf dem Programm - und der Mann aus dem Allgäu war nicht das, was man einen Topfavoriten nennt. Doch dann fuhr Tauscher durch diesen Streckenabschnitt, den sie "rattle snake alley" getauft hatten, zwei S-Kurven, zu fahren wie im Eiskanal mit Steilwandkurven. Das war neu, das war ungewöhnlich - und das war Tauschers Glück. Denn keiner fuhr dort besser, keiner hatte die Stelle so gut studiert, keiner war am Ende schneller als der damals 22-Jährige, der heute sagt: "Die Fahrt, das Abschwingen, der Blick auf die Anzeigetafel - das alles ist sehr präsent."

Und in jedem dieser 22 Jahre, die seitdem vergangen sind, reifte eben auch eine Erkenntnis: "Mir ist immer bewusster geworden, dass dieser Titel in der Königsdisziplin für Deutschland was Einmaliges war." Seitdem hat es hierzulande keinen mehr gegeben, der bei einer WM-Abfahrt ganz nach vorn gefahren ist, und wenn es an diesem Samstag in Garmisch-Partenkirchen um den prestigeträchtigen Titel geht, werden zwar zwei Rennläufer des Deutschen Skiverbands (DSV) am Start stehen, Chancen auf den Sieg haben sie nicht. "Es ist unheimlich schwer, sich in diesem viel härteren Herrenbereich durchzusetzen", sagt Tauscher.

Am eigenen Leib hat er das erfahren, als er sich im Weltcup etabliert hatte, aber nie zu den Siegfahrern gehörte: Auch nach der Karriere, als er als Juniorencoach arbeitete, erlebte er hautnah die Schwierigkeiten.

Den Trainerjob hat Tauscher aufgegeben. 240 Tage im Jahr weg von zu Hause, das musste nicht mehr sein für einen, der mit dem Wort heimatverbunden noch zurückhaltend beschrieben ist. "Viele Menschen können nicht zu Hause arbeiten", sagt Tauscher, "ich kann das, und das ist ein großes Glück." Kurz vor dem 35. Geburtstag hat er bei der Polizei in Oberstdorf angefangen, dort arbeitet er nun als Polizeiobermeister.

Ein Weltmeister im Polizeidienst, das klingt, als hätte Hansjörg Tauscher es verpasst, Kapital zu schlagen aus dem sportlichen Erfolg. Doch wer den 43-Jährigen reden hört, merkt schnell, wie viel Zufriedenheit aus dem Ex-Weltmeister spricht. "Ich bin der introvertierte Allgäuer", sagt Tauscher, nie habe er aufgrund seines Erfolgs etwas Besonderes haben wollen. Und überhaupt: Es ist ja nicht so, als habe er mit Skifahren gar nichts mehr zu tun. Ganz im Gegenteil: "Ich habe mich gut und solide weitergebildet, auf diesem Gebiet bin ich ein sehr umfangreicher Fachmann", sagt er und zählt seine Qualifikationen auf.

An der Sporthochschule Köln hat er sein Trainer-Diplom gemacht, dazu hat er in Berlin Sportmanagement studiert, staatlich geprüfter Skilehrer ist Tauscher auch, für Privatpersonen, Gruppen oder Firmen bietet er Skitage und Seminare an, und als Nachwuchscoach ist er auch noch tätig. Manchmal geplant in der Rennschule Allgäu, manchmal auch eher zufällig. Mitte Dezember verbrachte Tauscher ein paar freie Tage in Gröden, als ihn die deutschen Trainer einspannten im Weltcup-Rennen. Und siehe da: Stephan Keppler fuhr auf Rang zwei. Schade, dass der Ebinger an diesem Samstag in Garmisch verletzt fehlt - denn Tauscher stünde wieder parat. Am Freitag wirkte er bei der Siegerehrung der Damen mit, an diesem Samstag will er die WM-Abfahrt als Zuschauer "genießen".

Danach geht's nach Hause zu den Kindern Anna (9) und Felix (7) sowie Lebensgefährtin Margit, mit der er Ferienwohnungen vermietet. Denen hat Tauscher Namen gegeben. Eine heißt Vail, eine andere Colorado. Als Erinnerung an den 6. Februar 1989 lebt.