Homeoffice wird in den kommenden Monaten zum Muss, wo immer es betriebstechnisch möglich ist – auch in den Unternehmen rund um Lahr. Die Pflicht zum Arbeiten von zu Hause kommt aber nicht überall gut an. Quelle: Unbekannt

Die Corona-Zahlen sind höher denn je. Um dem entgegenzusteuern, will die Ampel-Koalition neben 3G-Auflagen am Arbeitsplatz eine Homeoffice-Pflicht in Unternehmen einführen. Die LZ hat sich dazu in Betrieben der Region umgehört.

Die künftige Ampel-Koalition hat ein Maßnahmen-Paket entworfen, das Arbeitgeber in hohem Maße in die Verantwortung nimmt (siehe Info). Bundestag und Bundesrat haben den vorgeschlagenen Änderungen zugestimmt, in den kommenden Tagen dürften sie umgesetzt werden. Wie stehen die hiesigen Unternehmen und Verwaltungen zum Arbeiten von zu Hause aus? Und: Wie bereiten sie sich darauf vor?  "Homeoffice ist ein probates Mittel, um betriebsbedingte Kontakte am Arbeitsplatz zu reduzieren und so unsere Mitarbeitenden vor Infektionen zu schützen", sagt Sébastien Tricard, Abteilungsleiter Personal und Organisation bei der Stadt Lahr. Da man allerdings nicht alle Dienstleistungen nur online bereitstellen und auch nicht alle Tätigkeiten am Heimarbeitsplatz ausführen könne, fahre man eine Doppelstrategie: Dienstleistungen für Bürger biete man im "Front-Office" weiterhin in Präsenz an. Aktuell ist bei der Stadt Lahr aufgrund der Infektionslage dafür eine Terminabsprache notwendig.

Stadt Lahr: Die Stadtverwaltung Lahr verfügt über eine "Dienstvereinbarung flexible Arbeitsformen", erläutert Tricard. Aktuell seien rund 25 Prozent der Arbeitsplätze vollkommen mobil, also mit Laptop, Dockingstation und VPN-Tunnel, versehen. Zudem: "Fast alle unsere Besprechungsräume sind mit modernen Konferenzlösungen ausgestattet. So können wir online oder hybrid Meetings durchführen."

Auf die Homeoffice-Pflicht sei die Stadtverwaltung vorbereitet, man habe damit in diesem Jahr bereits gute Erfahrungen gemacht. Schon am vergangenen Montag habe OB Markus Ibert die Vorgabe erlassen, wo immer möglich die Arbeit wieder an den heimischen Arbeitsplatz zu verlagern beziehungsweise mobil zu erledigen.

E-Werk Mittekbaden: "Als Energieversorger zählt das E-Werk Mittelbaden zu den kritischen Infrastrukturen", erklärt Vorstand Ulrich Kleine. Ihm komme daher eine hohe Verantwortung für die Stromversorgung der Bevölkerung, des Gesundheitswesens und der Wirtschaft zu. Dementsprechend seien auch Maßnahmen eingeleitet worden, die sicherstellen, dass die systemkritischen Bereiche personell hinreichend besetzt sind. Bereits seit 2020 seien im E-Werk Mitarbeiter im Homeoffice tätig.

"Die Mitarbeiter haben im Rahmen einer Betriebsvereinbarung weitreichende Möglichkeiten zum mobilen Arbeiten, die auch ohne Corona-Einschränkungen bereits stark und flexibel genutzt werden", informiert Kleine. Die technischen Voraussetzungen für eine Homeoffice-Pflicht seien bereits getroffen und erprobt. Auf die Frage, in welchen Unternehmensbereichen diese durchgesetzt werde, antwortet Kleine: "Ganz einfach – da, wo es im Sinn der netztechnischen Versorgungssicherheit der gesicherten Stromlieferung verantwortbar ist, werden die Mitarbeiter außerhalb der gewohnten Büroumgebung des Unternehmens arbeiten." 

Schaeffler: "Homeoffice ist bei Schaeffler schon seit vielen Jahren möglich", erklärt Bettina Lichtenberg vom Industrie- und Automobilzulieferer Schaeffler. Mit Beginn der Pandemie habe man eine neue Betriebsvereinbarung zum mobilen Arbeiten geschlossen. Der Ansatz sei, dass Mitarbeiter im Home-Office arbeiten sollen, wo immer dies möglich ist.  

Die Homeoffice-Pflicht, die der Gesetzgeber nun eingeführt hat, entspreche den bekannten Vorgaben der Corona-Arbeitsschutzverordnung vom Januar dieses Jahres, wonach die Anwesenheit im Büro die Ausnahme sein soll. Natürlich unter der Voraussetzung, dass Mitarbeitende mobil arbeiten möchten und die Tätigkeit im heimischen Büro möglich ist. Schaeffler ist laut Lichtenberg darauf vorbereitet und werde dies an den deutschen Standorten konsequent umsetzen, sobald die Neuregelung gilt.

Die Sicherheit und Gesundheit aller Mitarbeiter habe höchste Priorität. Ziel der Maßnahmen von Unternehmen und Gesetzgeber sei schließlich, das Risiko, sich bei der Arbeit mit dem Coronavirus zu infizieren, weiter zu minimieren.

Europa-Park: Jan-Luca Bachmann aus der Personalabteilung des Europa-Parks ist nicht glücklich über das neue Gesetz zur Homeoffice-Pflicht. "Ich bin grundsätzlich dafür, dass eine solche Entscheidung nicht politisch getroffen wird, sondern dass man das die Unternehmen selbst regeln lässt."

Man habe in Rust einerseits viele Bereiche, die mit Homeoffice funktionieren, andererseits aber auch viele, in denen das nicht gehe. Würde man die Mitarbeiter aus diesen Abteilungen ins Homeoffice schicken, wäre der Geschäftsbetrieb nicht mehr gewährleistet. "Wir haben während des Lockdowns gesehen, wie stark eine komplette Schließung der gesamten Branche wehtut", warnt Bachmann. Der Europa-Park sei ein Vorreiter im Bereich der Hygienemaßnahmen. "Wir nehmen diese im gesamten Unternehmen sehr ernst und setzen sie gut um."

Dort, wo es möglich sei, biete man den Mitarbeitenden bereits die Option eines mobilen Arbeitsplatzes an. Sie erhalten dafür einen Laptop sowie ein Smartphone, mit denen sie von zu Hause aus arbeiten könnten.

Konkrete Zahlen, wie viele Mitarbeiter aktuell mobil oder von zu Hause aus arbeiten, kann Bachmann nicht nennen. Mithilfe wechselnder Teams halte man die Zahl der Mitarbeiter, die gleichzeitig im Büro anwesend sind, jederzeit so klein wie möglich. "Wir tun bereits unser Maximales, um den Mitarbeitern einen sicheren Arbeitsplatz zu bieten und sind stark dafür sensibilisiert alle Hygienemaßnahmen einzuhalten", schließt Bachmann.

Info

Die von der Ampel-Koalition geforderte Homeoffice-Pflicht sieht Folgendes vor: Möglichst viele Arbeitnehmer sollen zu Hause arbeiten und so Kontakte vermeiden, wenn "keine zwingenden betriebsbedingten Gründe" entgegenstehen, wie es in Paragraf 28 b, Absatz 4, des Infektionsschutzgesetzes heißt. Solche Gründe könnten vorliegen, wenn die Betriebsabläufe sonst erheblich eingeschränkt würden oder gar nicht aufrechterhalten werden könnten – zum Beispiel Schalterdienste bei erforderlichen Kunden- und Mitarbeiterkontakten oder Reparatur- und Wartungsaufgaben. Die Beschäftigten ihrerseits haben ein Angebot des Arbeitgebers anzunehmen, soweit bei ihnen keine Gründe entgegenstehen.