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Rückschlag im Bemühen um weitere Unterbringungsplätze für Asylbewerber im Rems-Murr-Kreis. Das Asylheim in Fellbach-Oeffingen darf nicht mehr als solches genutzt werden.

Rückschlag im Bemühen um weitere Unterbringungsplätze für Asylbewerber im Rems-Murr-Kreis. Das Asylheim in Fellbach-Oeffingen darf nicht mehr als solches genutzt werden.

Oeffingen - In der Gemeinschaftsunterkunft im sogenannten Handwerkergebiet in Oeffingen sind derzeit 51 Asylbewerber einquartiert. Über Weihnachten und voraussichtlich auch noch weitere Monate dürfte sich daran nichts ändern. Die Flüchtlinge wird man nicht von jetzt auf nachher auf die Straße setzen beziehungsweise andernorts unterbringen können. Doch langfristig wird dieses Gebäude eben nicht mehr für jenen Zweck nutzbar sein.

Nach einem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) in Mannheim, der am Donnerstag bekannt gegeben wurde, widerspricht die Nutzung dem Bebauungsplan der Stadt Fellbach. Begründet wird die Entscheidung mit dem Schutzbedürfnis der Asylbewerber vor Emissionen aus der Umgebung, nicht mit dem Schutz der Umgebung vor den Asylbewerbern. Eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber sei mit dem Charakter des Gebiets als „Pufferzone“ zwischen einem Industrie- und einem Wohngebiet unvereinbar, da die Asylbewerber den Emissionen des Industriegebiets ausgesetzt seien, so der VGH.

Die Entscheidung aus Mannheim ist der vorläufige Höhepunkt eines seit Jahren andauernden Wechselspiels samt juristischer Auseinandersetzungen. Einst war das Roncalli-Haus, wie es früher hieß, ein Heim für Jugendliche und für die Wohnnutzung genehmigt. Seit Herbst 2012 dient das Haus als Asylheim. Von Anfang an jedoch wehrten sich Nachbarn in der Max-Eyth-Straße. Ihre Eilanträge gegen die Baugenehmigung wurden vom Verwaltungsgericht Stuttgart abgelehnt. Der VGH kassierte diesen Beschluss jedoch. Das Stuttgarter Regierungspräsidium schlug sich dann auf die Seite der Stadt Fellbach und erteilte eine Befreiung von den Vorgaben des Bebauungsplans. Dem hat nun der VGH wieder einen Riegel vorgeschoben.

Waiblinger Landratsamt spielt offenkundig auf Zeit

Fellbachs OB Christoph Palm sieht in dem VGH-Beschluss eine über seine Kommune hinaus reichende Bedeutung, sollte die Entscheidung in der Hauptsache bestätigt werden. „Wie soll die gesamtgesellschaftliche Aufgabe, Asylbewerbern und ihren Familien während ihres Anerkennungsverfahrens eine menschenwürdige Unterbringung möglich zu machen, bewältigt werden, wenn das aktuelle Recht die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften vorschreibt, diese aber trotz akuter Notlagen weder in reinen Wohngebieten, in Industriegebieten noch in solchen Gewerbegebieten zulässig sein sollen?“, fragt Palm.

Das Waiblinger Landratsamt spielt im Übrigen offenkundig auf Zeit. Nach Aussage einer Sprecherin „besteht für uns momentan kein Handlungsbedarf“. In der ersten Hälfte des nächsten Jahres dürfte das Verwaltungsgericht Stuttgart im Hauptverfahren eine mündliche Verhandlung anberaumen. Das Landratsamt werde dann eine Stellungnahme abgeben. „Die 51 Asylbewerber bleiben also zumindest vorläufig drin.“

Das sieht auch der juristische Beistand der Nachbarn, der Stuttgarter Rechtsanwalt Christoph Wüterich, so. Der VGH in Mannheim habe mit der Verkündung vom Donnerstag noch keinen endgültigen Schlusspunkt gesetzt. Wüterich betont, dass Verfahren über Baugenehmigungen schon mal drei bis fünf Jahre dauern könnten, ehe das Bundesverwaltungsgericht die letzte Entscheidung treffe. Dennoch: „Dieser Beschluss ist ein schöner Erfolg für uns, die Entscheidung ist gut und richtig.“ Es sei klar, dass über kurz oder lang das Haus nicht mehr als Asylheim genutzt werden dürfe.

Für den Rems-Murr-Kreis ist das keine gute Nachricht. Die Zahl der zu beherbergenden Asylsuchenden hat sich seit dem Jahr 2010 von 310 auf aktuell 930 verdreifacht. Der Landkreis ist nach einem festen Schlüssel verpflichtet, rund vier Prozent des Landeskontingents an Flüchtlingen aufzunehmen. Derzeit werden monatlich 63 Asylbewerber zugewiesen – also mehr, als jetzt in Oeffingen an Plätzen wegzufallen drohen. Demnächst werden in Waiblingen im Gebiet Innerer Weidach südlich des Bahnhofs Container für 89 Flüchtlinge errichtet. In Weinstadt gibt es Anfang Januar 30 neue Plätze und im Frühjahr nochmals 30 Unterbringungsmöglichkeiten.

Neu geschaffene Wohnmöglichkeiten müssten auch zuerst durch neu zugewiesene Flüchtlinge belegt werden, so die Sprecherin der Kreisbehörde. „Insofern steht eine anderweitige Unterbringung für die Bewohner des ehemaligen Roncalli-Hauses kurzfristig nicht zur Verfügung.“