So läuft Asbest-Sanierung: Overall, Atemschutzmaske, Handschuhe und dazu noch eine Schutzbrille. Foto: IG Bau/Alireza Khalili

Schon lange warnt die IG Bau vor Gefahren durch Asbest in Altenbauten der 1950er- bis 1980er-Jahre. Jetzt nennt sie auch Zahlen für den Landkreis Freudenstadt und fordert generell – am Beginn von „zwei Sanierungsjahrzehnten“ – ein Förderprogramm.

Tonnen von Baumaterial mit Asbest stecken im Kreis Freudenstadt in Altbauten. Davon geht die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) aus.

„Von 1950 bis 1989 kamen Asbest-Baustoffe intensiv zum Einsatz. Es ist davon auszugehen, dass es in jedem Gebäude, das in dieser Zeit gebaut, modernisiert oder umgebaut wurde, Asbest gibt. Mal mehr, mal weniger“, wird Ilse Bruttel in einer Mitteilung zitiert.

Sie spricht von „Asbest-Fallen“ und nennt Zahlen: „In den vier ‚Asbest-Jahrzehnten‘ wurden im Landkreis Freudenstadt rund 16 000 Wohnhäuser mit 30 600 Wohnungen neu gebaut. Das sind immerhin 52 Prozent aller Wohngebäude, die es heute im Kreis gibt. Dazu kommen noch Gewerbegebäude, Garagen, Ställe und Scheunen in der Landwirtschaft.“

Kritisch bei Sanierung

Die Bezirksvorsitzende der IG Bau Südbaden verweist dabei auf die „Situationsanalyse Asbest“, die die IGB beim Pestel-Institut (Hannover) in Auftrag gegeben hat. „Asbest ist ein krebserregender Stoff. Wer in einem asbestbelasteten Haus wohnt, muss sich trotzdem erst einmal keine Sorgen machen. Erst bei Sanierungsarbeiten wird es kritisch. Dann kann Asbest freigesetzt und damit zu einem ernsten Problem werden“, so Bruttel weiter.

Sie warnt vor einer „unsichtbaren Gefahr“, wenn Altbauten zu Baustellen werden: „Alles fängt mit Baustaub und dem Einatmen von Asbestfasern an. Bauarbeiter und Heimwerker haben kaum eine Chance, diese Gefahr zu erkennen.“ Bis zu 30 Jahre dauere es, ehe es zur tragischen Diagnose komme: Asbestose – mit Lungen-, Bauchfell- oder Kehlkopfkrebs.

Zum Komplettschutz bei einer Sanierung mit Asbest-Gefahr gehöre daher immer mindestens eine FFP3-Atemschutzmaske. Ebenso ein Muss: Overall, Schutzbrille und Handschuhe. „Die ‚Asbest-Fallen‘ lauern überall: Asbest ist oft im Putz und sogar in Spachtelmassen und Fliesenklebern. Vor allem aber im Asbest-Zement. Daraus wurden vorwiegend Rohre, Fassadenverkleidungen und Dacheindeckungen gemacht“, so Ilse Bruttel.

Gefahr für Heimwerker

Ein großes Problem sei Spritz-Asbest: „Hier sind die Asbestfasern schwächer gebunden. Sie können deshalb leichter freigesetzt werden.“ Vor allem Aufzugsschächte sowie Schächte mit Versorgungs- und Entsorgungsleitungen seien damit verkleidet worden.

Die IG Bau Südbaden spricht von einer neuen „Asbest-Gefahr“: „Wir stehen am Anfang von zwei Sanierungsjahrzehnten. Die energetische Gebäudesanierung wird enorm an Fahrt aufnehmen. Um die Klimaschutzziele zu erreichen, wird auch im Kreis Freudenstadt in den nächsten Jahren ein Großteil der Altbauten ‚angefasst‘.“

Dabei bleibe es in den meisten Fällen nicht bei einer reinen Energiespar-Sanierung: „Wohnhäuser werden modernisiert, senioren- und familiengerecht umgebaut. Es wird angebaut und aufgestockt, um mehr Wohnraum zu bekommen“, so Bruttel. Mit der Sanierungswelle drohe deshalb auch eine „Asbest-Welle“ am Bau. „Sie ist eine Gefahr – für Bauarbeiter genauso wie für Heimwerker.“

Die IG Bau will dieser Welle mit einem Maßnahmenpaket entgegentreten. Die Bau-Gewerkschaft hat dazu eine bundesweite „Asbest-Charta“ mit zentralen Forderungen für mehr Schutz vor Asbest vorgelegt. Es geht dabei um bessere Informationen über Asbest-Gefahren bei Gebäuden, um die Förderung von Asbest-Sanierungen und vor allem auch um konsequenten Arbeitsschutz.