Tom Buhrow kritisiert die Aufarbeitung diverser Vorfälle beim RBB. Foto: dpa/Oliver Berg

Die übrigen ARD-Häuser haben in der RBB-Affäre das Vertrauen in die Geschäftsleitung des RBB verloren. Dort wächst jetzt der Druck auf die Führungsriege.

Die Intendantinnen und Intendanten der ARD haben der amtierenden RBB-Spitze das Vertrauen entzogen. „Wir, die Intendantinnen und Intendanten der ARD, haben kein Vertrauen mehr, dass der geschäftsführenden Leitung des Senders die Aufarbeitung der diversen Vorfälle zügig genug gelingt“, teilte ARD-Chef Tom Buhrow am Samstag mit. Nach dpa-Informationen soll mangelnde Aufklärung bei dem umstrittenen Bonus-System für Führungskräfte eine Rolle gespielt haben.

Aus ARD-Kreisen war zu hören, dass manchmal nach Intendantenschalten ganz neue Sachlagen zu Vorwürfen rund um den RBB vorlägen, die zuvor nicht von dem Sender in der Runde kommuniziert worden seien. Buhrow kritisierte zudem, nach wie vor erführen seine Kolleginnen und Kollegen immer neue Vorwürfe ausschließlich aus der Presse.

Damit wächst auch innerhalb der ARD der Druck auf das Führungsteam rund um den geschäftsführenden Intendanten Hagen Brandstäter, die Ämter niederzulegen. Die ARD-Gemeinschaft mit ihren neun Landesrundfunkanstalten ist dafür bekannt, traditionell großen Wert auf Einigkeit und den Auftritt mit einer Stimme zu legen. Umso bemerkenswerter ist die jetzt kommunizierte Haltung der ARD-Häuser.

RBB-Verwaltungsrat berät über Vertragsauflösungen

Kurz zuvor hatte bereits die Rundfunkratsvorsitzende Friederike von Kirchbach ihren sofortigen Rücktritt aus dem RBB-Kontrollgremium erklärt. Am Montag will sich der RBB-Verwaltungsrat treffen, um über die konkrete Vertragsauflösung der abberufenen Intendantin Schlesinger zu beraten.

Buhrow, der auch Intendant des Westdeutschen Rundfunks (WDR) ist, sagte in seiner Funktion als ARD-Chef: „Wir wollen ein Signal senden: Wir wollen helfen, dass der Sender stabilisiert wird und dass auch wieder Vertrauen wachsen kann, damit wieder berechenbare transparente Strukturen einkehren. Wir sind der Überzeugung, dass es mit dieser Geschäftsleitung immer unruhiger wird.“ Es werde auch im RBB, unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, immer unruhiger statt ruhiger. Buhrow ergänzte: „Es scheint so instabil, dass man sagen kann, es besteht die Gefahr, dass sich die Strukturen des RBB anfangen aufzulösen.“

Der Vertrauensverlust hat auch Folgen für Intendantensitzungen. Buhrow erläuterte: „Wir sind aus der Runde der Intendantinnen und Intendanten gebeten worden, uns über vereinzelte Fragen auch ohne den RBB zu beraten. Das kann und darf aber kein Dauerzustand in der ARD werden.“ Aus Kreisen verlautete, dass es am Freitagabend zum ersten Mal eine Intendantenschalte ohne den RBB gab.

Vorwürfe der Vetternwirtschaft

Die Krise beim RBB dreht sich vor allem um Vorwürfe der Vetternwirtschaft und des Filzes gegen die zurückgetretene und abberufene Intendantin Schlesinger sowie den zurückgetretenen Chefkontrolleur Wolf-Dieter Wolf. Die Vorwürfe drehen sich dabei auch um Absprachen zwischen beiden zum Gehalt Schlesingers. Das wurde bisher nicht in Gänze offengelegt.

Denn es gibt ein umstrittenes Bonus-System für Führungskräfte beim RBB, das erst auf öffentlichen und internen Druck hin für die oberste Direktorenriege bekannt wurde. Schlesinger bekam zudem eine kräftige Gehaltserhöhung um 16 Prozent auf 303 000 Euro. Abendessen für Gäste in ihrer Privatwohnung sollen mit angeblich falschen Rechnungen auf RBB-Kosten abgerechnet worden.

Für Unmut sorgte auch der Umbau der Chefetage des Senders für 1,4 Millionen Euro. Mitarbeiter sind wütend, weil zugleich im RBB-Programm gespart wurde. Auch ein teurer Dienstwagen Schlesingers mit Massagesitzen und Privat-Chauffeur sorgte für Aufsehen. Der Ehemann Schlesingers und „Spiegel“-Journalist Gerhard Spörl bekam zudem Aufträge von der landeseigenen Messe Berlin, wo Wolf auch Chefkontrolleur war. Zudem gab es umstrittene Beraterverträge für ein RBB-Bauprojekt, die aus dem Umfeld Wolfs stammen sollen. Schlesinger und Wolf wiesen Vorwürfe gegen sie zurück.

Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin ermittelt gegen Schlesinger, Spörl und Wolf wegen des Verdachts der Untreue und Vorteilsannahme. Es gilt die Unschuldsvermutung für alle drei. Eine externe Anwaltskanzlei untersucht den ganzen Fall, der den RBB in eine beispiellose Krise geführt hat. Auch bei der Messe wird derzeit intern ermittelt.